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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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verdreht.
Alles ist aus den Fugen geraten. Ich habe das Gefühl, wir alle werden hier
einfach nur verarscht. Wir werden für irgendetwas benutzt. Jeder bekommt eine
Rolle, die er zu spielen hat. Und ich frage mich inzwischen, ob meine Rolle
wirklich die richtige für mich ist."
    Diese Worte ließen beinahe
so etwas wie Hoffnung in ihm aufkeimen. Wenn sich dieser Kerl bereits selbst in
Frage stellte, dann ließ er ihn vielleicht gehen. Vielleicht gab er sein ganzes
Vorhaben auf und konvertierte zum Pazifisten. „Na klar", giftete die
Stimme in seinem Hinterkopf, „und dabei steigen aus seinen Ohren vermutlich
auch noch rosa Wölkchen auf. Was glaubst du eigentlich, womit du es hier zu tun
hast? Glaubst du, diese Menschenjagd läuft gerade zum ersten Mal ab? Glaubst
du, dieses Management wisse nicht, was es zu tun hat?"
    „ Ich zweifele inzwischen
wirklich an vielem", sagte der Entsorger, „doch
das werde ich ganz sicher nicht mit einem minderwertigen Untermenschen wie dir
besprechen. Stattdessen werde ich mich auf die Suche nach dem Management machen
und die Sache dort klären. Und vorher entsorge ich dich. Ansonsten würde ich
ziemlich dumm dastehen, falls sich meine Zweifel doch nicht bestätigen. Und
jetzt dreh dich um. Ich will wissen, mit wem ich es zu tun habe."
    Verdammt, da ging seine
Hoffnung dahin. Und er konnte sich nicht umdrehen. Das schaffte er einfach
nicht. Er würde ruhig hier sitzen bleiben und ohne Gegenwehr auf das Ende
warten. Er würde sogar einige Schmerzen in Kauf nehmen, wenn es sein musste.
Doch er würde sich nicht umdrehen. Auf keinen Fall. Den Anblick des Entsorgers
würde er nicht ertragen können („sagt zumindest deine Konditionierung",
meinte die Stimme in seinem Hinterkopf dazu).
    „ Dreh dich um, du
Sau!", bellte der Entsorger.
    Oh nein, er konnte das
nicht. Aber er musste. Ihm blieb keine andere Wahl. Er musste sich diesem
Anblick stellen. Er konnte sich dieser Anweisung nicht widersetzen. Also drehte
er sich um. Dabei versuchte er, die Augen zu schließen, doch es ging nicht. Es
ging einfach nicht. Und so war er gezwungen, zum Entsorger aufzublicken - ob er
es wollte oder nicht.
    Und in diesem Augenblick
veränderte sich die gesamte Situation.
    Der Anblick des Entsorgers
ließ ihn nicht zur Salzsäule erstarren. Der Anblick ließ ihn nicht sterben. Er
verfiel auch nicht dem Wahnsinn.
    Vor ihm stand ein einfacher
Mann. Sicher, der Bursche war hochgewachsen und kräftig gebaut, doch ansonsten
handelte es sich um einen völlig normalen Mann. Die Kleidung, die dieser
Bursche unter seiner Panzerweste trug, mochte einmal weiß gewesen sein, doch
inzwischen hatte sie eine graubraune Farbe angenommen. Das ganze martialische
Geklapper, das der Entsorger mit sich herumtrug, verlieh ihm einen gewissen
Retro-Look. Doch die Krönung stellte die Krawatte dar, die sich dieser
Vollpfosten um den Hals geschlungen hatte und die nun über die Panzerweste
baumelte.
    Vor diesem Kerl hatte er
sich gefürchtet? Vor einem völlig normalen Mann von der Straße, den jemand als
Superbösewicht aus einem Achtziger-Jahre-Film maskiert hatte (auch wenn er sich
nicht daran erinnerte, was es mit den Achtziger Jahren auf sich hatte oder ob
er jemals einen Film aus dieser Zeit gesehen hatte)? Unmöglich! Gerade wegen
der Krawatte hätte er gerne laut losgelacht, doch der gigantische Revolver, den
der Entsorger auch weiterhin auf sein Gesicht richtete, schadete seinem Humor
immens.
    „ Gut. Und nun bringen wir
das hier sauber über die Bühne, damit ich in Ruhe weiter machen kann",
sagte der Entsorger aufgeräumt. Dabei zog er ein kleines Kästchen aus einer
Hosentasche. Das musste dieses Navigationsgerät sein, von dem der Chef gesprochen
hatte.
    „ Aber zuerst finden wir
heraus, wer und was du bist." Der Entsorger richtete das Display des
Gerätes auf sein Gesicht und drückte den Auslöser. Im Inneren des Kästchens
flackerte ein Stroboskoplicht auf. Er kniff instinktiv die Augen zusammen, doch
das Licht schadete ihm nicht. Es passierte überhaupt nichts. Der Entsorger
hingegen schien hochzufrieden. Er drehte das Kästchen mit einem Grinsen um und
betrachtete das leere Display. „Dann wollen wir doch einmal sehen, mit wem ich
es zu tun habe. Ich nehme an, du bist nur irgendein Asozialer, den das
Management unter irgendeiner Brücke aufgelesen hat. Nur irgendein Untermensch,
mehr nicht."
    Für einen Moment überlegte er,
ob er die Gelegenheit nutzen sollte, um einen Überraschungsangriff zu starten.
Doch

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