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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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die Mündung der Waffe rührte sich kein Stück von seinem Gesicht weg,
während der Entsorger das Display studierte. Falls dieser verrückte
Krawattenträger aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm, würde er sofort den
Abzug durchziehen. Also verwarf er den Plan wieder.
    Einen Wimpernschlag später
veränderte sich die Situation schlagartig. Die Gesichtszüge des Entsorgers
entgleisten. Zuerst zogen sich die Augenbrauen des Mannes fragend zusammen,
dann schnellten sie in die Höhe und erzeugten so einen Ausdruck des blanken
Entsetzens. Dabei starrte der Entsorger weiter auf das Display des
Sichtgerätes.
    „ Unmöglich", murmelte
der Entsorger dabei. „Das kann nicht sein. Das … das darf nicht sein!"
    Klick.
    Er fragte sich, was der
Entsorger wohl auf dem Display des Sichtgerätes sehen mochte. Und dann fragte
er sich, was da gerade geklickt hatte.
    Es dauerte noch einen ganzen
Moment, bis er begriff, was es mit dem Geräusch auf sich hatte: Der Entsorger
hatte den Abzug des Revolvers betätigt und der Hammer war auf eine leere Kammer
in der Trommel getroffen. Deswegen hatte sich kein Schuss gelöst. Und deswegen
stierte der Entsorger gerade den Revolver an, als habe sich die Waffe urplötzlich
in einen Dildo verwandelt.
    Die Zeit schien
einzufrieren. Und mitten in die Stille hinein stellte er die erste und einzige
Frage, die ihm einfiel: „Das ist doch der Taurus M44, den der Chef in seiner
Waffenkammer gebunkert hatte, oder?"
    Der Entsorger nickte
zerstreut.
    Er zuckte mit den Schultern.
„Na ja, wenn du ein bisschen Ahnung von Kanonen hättest, dann wüsstest du, dass
ein M44 Tracker wegen des großen Kalibers nur fünf Patronen in der Trommel hat
statt der üblichen sechs."
    „ Ach so."
    Er nickte. „Genau so ist
das.“
    Und gleichzeitig schien ein
gewaltiges Gewicht von ihm abzufallen. Was immer der Entsorger in diesem
Sichtgerät gesehen hatte - falls er dort etwas gesehen hatte -, es war nicht
das Profil eines völlig normalen Mannes von der Straße gewesen. Und das war für
die eiskalte Stimme in seinem Hinterkopf Bestätigung genug. Sie forderte ihn
auf, etwas zu unternehmen. Jetzt, sofort! Und er warf endlich alle
Selbstzweifel über Bord und gehorchte dieser Stimme.
    Keinen Augenblick zu früh,
denn der Entsorger ließ den Revolver achtlos fallen und griff stattdessen nach
dem G-36C, das er vor seinen Füßen abgelegt hatte.
    Er nutzte die Gelegenheit,
um sich nach hinten sacken zu lassen. Dadurch bekam er seine Beine frei und
trat dem Entsorger gepflegt in die Visage.
    Der Tritt saß zwar nicht
schlecht, genügte jedoch nicht, um den Killer auszuschalten - auch wenn diesem
das Sichtgerät aus der Hand fiel und mit einem Knacken auf dem Boden landete.
Immerhin verschaffte er sich damit aber genug Zeit, um das G-36C beiseite zu
kicken und auf die Beine zu springen.
    Diese Zeit reichte nicht, um
nach der SIG-Sauer zu greifen, denn der Entsorger ging bereits zum Angriff
über.
    Nun gut, dann eben im
Nahkampf. Entweder schaltete er den Entsorger dabei direkt aus oder er fand
eine Gelegenheit, um die Pistole zu ziehen. Dann zwei bis drei schnelle Schüsse
auf die Körpermitte, ohne lange Reden und ohne Zögern. Für einen abschließenden
Fangschuss in den Kopf blieb immer noch Zeit, wenn der Gegner am Boden lag.
Doch dazu musste er zuerst an seine Waffe herankommen - und das erwies sich als
schwieriger, als er angenommen hatte. Der Entsorger deckte ihn nämlich bereits
mit einer Serie von Schlägen ein. Und das machte der Killer wirklich gut.
    Es gelang ihm, zwei Schläge
abzublocken. Dann täuschte der Entsorger einen Vorstoß an, attackierte
stattdessen aber mit einem Tritt gegen sein Knie, den er nur mit Mühe parieren
konnte. Immerhin verschaffte ihm das die Gelegenheit zu einem kurzen Konter,
doch der Entsorger packte sein Handgelenk und versuchte, einen Hebel
anzusetzen. Er steuerte gegen und drehte seinen Arm im letzten Augenblick aus
der Falle, wobei er einen Rückhandtreffer gegen sein linkes Ohr einstecken
musste. Verdammt, war der Kerl schnell!
    Wenn er an seine Waffe
herankommen wollte, dann musste er Distanz zwischen sich und seinen Gegner
bringen. Also vollführte er einen Schritt rückwärts, bis seine Hüfte gegen den
Tisch hinter ihm stieß. Dann sprang er kurz in die Höhe, verlagerte sein
Gewicht nach hinten und schwang die Beine zur Seite, als sein Hinterteil auf
dem Tisch aufsetze. Dabei musste er dem Entsorger zwar für die Dauer eines
Wimpernschlages den Rücken zuwenden,

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