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Kells Legende: Roman (German Edition)

Kells Legende: Roman (German Edition)

Titel: Kells Legende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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durch den Nebel, und seine Sinne reagierten; sie waren da draußen, die Soldaten, er konnte sie fühlen, sie spüren, ja, sie sogar riechen. Aber … Kell runzelte die Stirn. Da war noch etwas. Etwas Uraltes, das durch den Nebel schlich.
    Kell zitterte unter einer düsteren Vorahnung und trat behutsam um die Ecke des Gebäudes. Dort fand er ein niedriges Fenster und öffnete mit der Klinge der Axt den Rahmen. Dann kletterte er mühsam hinein. Im Inneren war es kühl und dunkel. Eisrauch waberte über den Boden. Irgendwo brannten Kerzen, und Kell ging mit seinen schmutzigen Stiefeln über dicke, prachtvolle Teppiche, an silbernen Kerzenleuchtern und deckenhohen Regalen vorüber, in denen Massen von Büchern standen. Er befand sich offenbar in einer Art von Büro. Schließlich erreichte er die Tür, die in einem prachtvoll geschnitzten Rahmen saß, der von einem Bogen verziert wurde. Er trat hinaus auf einen Flur, der mit einem Teppich ausgelegt und von kleineren Statuen gesäumt war. Er lauschte. Nichts. Dann … ein Schrei, so laut und so nah, dass Kell beinahe das Herz bis in den Hals schlug. Er wirbelte herum, bog um die nächste Ecke und sah eine junge Frau, die auf ihren Knien hockte und sich dabei die Hände vors Gesicht hielt, die Handflächen nach außen. Ihre Haut war blau gefroren. Vor ihr stand ein Albino-Soldat, der ein kurzes Messer in der Hand hielt. Er drehte sich herum, als Kell ihn sah … obwohl Kell keinerlei Geräusche gemacht hatte.
    Der Albino lächelte.
    Kell schleuderte seine Axt, die singend das kurze Stück durch die Luft wirbelte und dann mit einem dumpfen Aufprall Panzer und Brustbein durchtrennte und den Soldaten von den Füßen riss. Er landete auf dem Hintern und saß wie betäubt da, während ein riesiger Schmetterling sein Herz in zwei Teile trennte. Überrascht öffnete er den Mund, und milchigweißes Blut rann seine blassen Lippen und sein Kinn herab. Kell überwand die Entfernung mit zwei Schritten und hockte sich vor den Albino.
    »Aber … du solltest eigentlich machtlos gegen uns sein«, hauchte der Mann und blinzelte hastig.
    »Ach wirklich, Jungchen?« Kell packte den Schaft der Axt, stemmte seinen Stiefel auf die Brust des Soldaten und riss die Waffe heraus. Die Schneide löste sich, und wächsernes, weißes Blut strömte aus der Wunde. »Ich glaube, du wirst feststellen, dass ich ein bisschen anders bin.« Er fletschte die Zähne. »Ein bisschen … erfahrener, sagen wir mal.«
    Kell drehte sich um und hockte sich neben die Frau. Sie war tot. Ihre Haut war blau, und um ihre Augen lagen dunkle Ringe. Kell berührte ihre ausgestreckte Zunge; sie war hart gefroren, und er konnte die Kälte trotz seiner Handschuhe spüren.
    In diesem Moment regte sich eine ferne Erinnerung in ihm. Es war der Eisrauch. Er hatte ihn schon einmal gesehen, als junger Soldat, auf den Ebenen von Selenau. Seine Einheit war auf eine alte Kaserne gestoßen, in der König Drefans Männer gehaust hatten; nur waren sie allesamt tot gewesen, erfroren, hatten glasige Augen gehabt, und ihre Haut hatte an den Steinen geklebt, war daran festgefroren. Als die Kavallerieabteilung abgestiegen war und die Baracken betrat, hatten sich dort winzige Nebelfähnchen aufgelöst, trotz des strahlend hellen Sonnenscheins draußen. Kells Sergeant, ein äußerst brutaler Mann namens Heljar, hatte das Zeichen des Schützenden Wolfes geschlagen, und die unerfahreneren Männer der Schwadron hatten es ihm nachgemacht. Immerhin konnte es nicht schaden. »Blutöl-Magie«, hatte Heljar geflüstert, und als sie die Baracken verließen, hatte Eis unter ihren Stiefeln geknirscht.
    Jetzt rieb sich Kell mit seinen Lederhandschuhen über den Bart und blickte auf seine Axt hinab. Ilanna. Da sie mit Blutöl gesegnet war, würde sie ihn gegen den Eisrauch schützen, das wusste er. Und sie würde ihm auch erlauben, diese von Magie verfluchten Männer zu töten. Erlauben? Kell lächelte bitter. Verflucht, sie würde ihn geradezu dazu auffordern!
    Also. Wo würde Nienna sich verstecken? In den Schlafsälen?
    Wenn man sie bedrohte, wohin würde sie sich flüchten?
    Kell folgte seinem Instinkt, dem Ruf des Blutes, schlich durch die langen Korridore und Flure des Universitätsgebäudes, vorbei an Leichen und auch an Soldaten, die ebenfalls auf der Suche waren. Im zweiten Stock fand Kell haufenweise Leichen, allesamt erfroren, allesamt so arrangiert, als hätten sie etwas erwartet … aber was? Was zum Teufel wollen sie?, fragte er sich

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