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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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ersten Mal in der Runde der Erwachsenen und beobachtete Opnaahs Nachdenken genauso gespannt wie diese.
    »Orakelfahrten«, ließ der Schwarmälteste sich schließlich vernehmen, »dauern von Generation zu Generation immer länger. Nicht wahr, die Grenze der Namenlosigkeit schiebt sich immer weiter hinaus, immer weiter von Jombuur weg, die Fahrt führt also über immer größere Distanzen. Eine ganz natürliche Entwicklung.«
    Allgemeine Gesten der Zustimmung ringsum.
    »Deswegen versucht man heutzutage, von dem Brauch der Orakelfahrten wegzukommen. Zumal außer Frage steht, dass es sich dabei um einen Aberglauben handelt, der mit den Lehren Jamuunis nicht das Geringste zu tun hat.«
    Kelwitt duckte sich. Wieder allgemeine Zustimmung. Das schien alles in die falsche Richtung zu laufen.
    »Jamuuni schuf den Brauch der Sterngabe, als er Bandarat, seinem Erstgeborenen, die aufgehende Sonne zum Geschenk machte«, fuhr Opnaah gedankenvoll fort. »Es heißt, er wollte damit verhindern, dass man unsere Sonne nach ihm benenne. Nun gut – andererseits war auch Bandarat eine sehr einflussreiche Persönlichkeit; letztendlich lassen sich fast alle Regeln und Strukturen unserer Gesellschaft auf ihn zurückführen. Er war es auch, der das Amt des Kartographen schuf und damit die Grundlagen für die Sterngabe, wie wir sie heute betreiben. Dank ihm ist sichergestellt, dass ein Stern niemals zweimal verschenkt wird.«
    Kelwitt sah sich verstohlen um. Die anderen sahen drein, als hörten sie all diese Binsenweisheiten zum ersten Mal.
    »Jamuuni wollte uns mit allem, was er gesagt und getan hat, immer daran erinnern, dass wir Individuen sind, nicht nur Teile eines Schwarms. Das Bewusstsein, dass es einen Stern im Universum gibt, der nach uns benannt ist, der unseren Namen trägt und der niemals den Namen eines anderen tragen wird, hilft uns, uns dessen bewusst zu bleiben. Und jedes Mal, wenn wir nachts zum Himmel sehen und die Sterne erblicken, werden wir wieder daran erinnert. Das ist es, worum es bei der Sterngabe geht.« Opnaah blickte Kelwitt eindringlich an. »All das hat nichts zu tun damit, wie viele Planeten um diesen Stern kreisen, welche Farben sie haben, ob sie Ringe oder Monde aufweisen oder ob einer von ihnen belebt ist. Und in Jamuunis Schriften wird man nirgends auf den leisesten Hinweis stoßen dafür, dass er derartigen Merkmalen irgendeine Bedeutung für das Leben des Betreffenden zugemessen hätte.«
    Schweigen trat ein. Kelwitt erwiderte den Blick Opnaahs, der immer starrer und starrer wurde, und plötzlich merkte er, dass offenbar von ihm erwartet wurde, etwas dazu zu sagen.
    »Ähm«, sagte er. Seine Stimmritze bebte und produzierte alberne kieksende Nebengeräusche. »Ja.«
    Belustigte Unruhe machte sich ringsherum breit.
    »Hast du«, fragte Opnaah, immer noch starren Blicks, »noch etwas anderes dazu zu sagen?«
    Kelwitt sah sich beunruhigt um. Er fing einen Blick Parktats auf, der eine Geste des Bedauerns andeutete. Tut mir leid, aber aus deiner Orakelfahrt wird wohl nichts, schien er sagen zu wollen.
    »Darf ich … ähm« …, begann Kelwitt hastig, als er merkte, dass Opnaah ungeduldig zu werden begann, »darf ich auch … ähm …?«
    »Sprich deutlicher, Kelwitt!«, mahnte der Schwarmälteste. »Ich kann dich nicht verstehen.«
    Einige der Älteren begannen sich amüsiert in ihren Mulden zu wälzen, was schmatzende Geräusche verursachte.
    Kelwitt sog Luft durch die Stimmritze ein, versuchte des Bebens Herr zu werden. »Darf ich auch etwas fragen?«, wiederholte er, so fest er konnte.
    »Bitte.«
    »Hast du eine Orakelfahrt gemacht, Opnaah?« Schlagartig war es wieder still.
    Opnaah begann wieder, sich ausgiebig die Brustschuppen zu kratzen. Sein Blick, der immer noch auf Kelwitt ruhte, bekam etwas Silbernes.
    Es war immer noch still.
    Bis auf das Kratzgeräusch.
    Jemand gab einen unterdrückten Laut der Ungeduld von sich.
    »Wenn ich es andererseits recht bedenke«, ließ sich Opnaah schließlich vernehmen, »haben wir bei den Sternfahrern schon seit längerem allerhand Gefälligkeiten gut. Es wird Zeit, dass wir die einmal einfordern …«
    Einen kleinen Mondumlauf später saß Kelwitt in einem Schwingengleiter, der ihn über die Ebene der hunderttausend Seen zum Sternfahrernest bringen sollte. Parktat hatte ihm einen Umbindbeutel mit allerlei Meergrassülzen, getrockneten Schleimerhautstücken und verschiedenen anderen Leckereien mitgegeben. Außerdem hatte Kelwitt sich das gleiche Buch besorgt, das

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