Kennwort: Schwarzer Ritter
eine Weile auf der Unterlippe. „Ich wünschte, ich könnte sie anrufen“, sagte Lizzy und schaute zu einem Tisch an der Wand hinüber. „Aber in der Eile hat Mrs. Buchanan ihr Handy vergessen. Auf dem Boot gibt es zwar ein Telefon, doch ich habe die Nummer vergessen. Ich habe keine Möglichkeit, sie zu erreichen.“
Danke, lieber Gott, für die kleinen unfreiwilligen Hinweise, dachte Kate. „Dann sagen Sie mir bitte, wo sie ist, damit ich dorthin fahren kann.“ Sie senkte ihre Stimme. „Ich würde es mir niemals vergeben, und Sie sich bestimmt auch nicht, wenn Jessica eine Fehlgeburt hätte.“
Lizzy machte jetzt wirklich einen besorgten Eindruck. Niemand war da, der ihr Anweisungen gab. Jetzt musste sie selbst eine Entscheidung treffen – und zwar umgehend.
„Mrs. Buchanan würde Jessica ganz gewiss bei sich haben wollen.“ Kate warf diese Bemerkung als letzten Köder hin.
Schließlich nickte das Mädchen entschlossen. „Mrs. Buchanan ist auf dem Boot der Familie auf Tilghman Island.“
Tilghman Island in der Chesapeake Bay? Was machte sie da bei diesem Wetter? Und warum war sie so eilig aufgebrochen, dass sie ihr Handy vergessen hatte?
Kate beschloss, sich später mit diesen Fragen zu beschäftigen, und rechnete fieberhaft nach. Vor einigen Jahren war sie schon einmal dort gewesen. An schönen Tagen brauchte man für die Fahrt nach Tilghman Island weniger als eine Stunde. Bei diesem Regen könnte sie allerdings schon von Glück sagen, wenn sie für die Strecke nur doppelt so lange benötigte.
„Wie heißt das Boot?“ fragte sie.
„Sweet Melody
. Es liegt im Sea Breeze-Hafen. Aber ich weiß nicht genau, wo das ist.“
„Das werde ich schon finden.“ Sie ergriff die Hand des Mädchens und drückte sie. „Vielen Dank. Sie haben genau das Richtige getan, Lizzy.“
Kate lächelte ihr noch einmal aufmunternd zu und lief zu ihrem Wagen.
40. KAPITEL
O bwohl die Bootsaison für viele Skipper Anfang April begann, hatte das scheußliche Wetter und die Gefahr eines Sturms an diesem Tag auch die Hartgesottensten vertrieben.
Kate stand unter ihrem Regenschirm und schaute sich im Bootshafen um. Sie hoffte, einen Sicherheitsbeamten zu sehen, der ihr sagen konnte, wo die
Sweet Melody
lag. Aber sie hatte kein Glück. Der Ort war menschenleer.
Sie spürte einen leisen Schauder, entweder vor Kälte oder Furcht. Jetzt hätte sie gerne Mitch bei sich gehabt, aber nachdem sie zweimal im Polizeihauptquartier angerufen und man ihr gesagt hatte, dass er gerade einen Verdächtigen verhörte, hatte sie aufgegeben.
Eine starke Windbö riss Kate fast den Schirm aus der Hand. Sie umfasste den Griff ein wenig fester und schritt alle Piers auf der Suche nach dem Boot der Buchanans ab.
Sie fand es, nachdem sie fünfzehn Minuten gesucht hatte und bis auf die Haut nass geworden war. Es war eine zwölf Meter lange Yacht mit einer Schiffsbrücke und einem Vergnügungsdeck, und es lag an einem geschützten Platz zwischen zwei größeren Booten, die winterfest gemacht waren.
Während Kate sich der
Sweet Melody
näherte, rief sie: „Mrs. Buchanan. Hier ist Kate Logan. Ich muss mit Ihnen reden.“
Stille.
Kate verspürte keine Lust, festgenommen zu werden, weil sie fremdes Eigentum betreten hatte. Deshalb wollte sie auch gar nicht an diese Möglichkeit denken, als sie das glänzende Teakholzdeck betrat.
Die Glastüren, die zur Seite hin geöffnet werden konnten und das Deck von der Kabine trennten, waren beschlagen und bestätigten ihr, was sie bereits wusste. Hallie war auf dem Schiff. Kate klopfte an das Glas und erinnerte sich daran, dass beim letzten Mal, als sie an eine Tür geklopft hatte, dahinter eine Tote gelegen hatte.
„Mrs. Buchanan!“ rief sie noch einmal. „Bitte lassen Sie mich herein. Ich werde nicht eher fortgehen, bis ich mit Ihnen gesprochen habe.“
Sie fuhr zurück, als Hallies Gesicht plötzlich auf der anderen Seite der Scheibe erschien. Ein paar Sekunden später hörte Kate ein Klicken, und die Glastüren wurden gerade so weit zur Seite geschoben, dass sie hineinschlüpfen konnte. Hallie war blass und lächelte nicht. Sie trug eine schwarze Hose und einen cremefarbenen Rollkragenpullover. Sie sah überhaupt nicht wie eine Mörderin aus. Aber das hatte Ted Bundy ja auch nicht getan.
„Vielen Dank.“ Kate ging hinein.
„Ist Lyle etwas passiert?“ fragte Hallie besorgt. „Geht es ihm schlechter?“
„So viel ich weiß, nein. Aber ich bin hergekommen, weil ich mit Ihnen über Todd
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