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Kerrion 3 - Traumwelt

Kerrion 3 - Traumwelt

Titel: Kerrion 3 - Traumwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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abzutauchen.
    Phönizisch sei unser Verhältnis zu den Zahlen, sagte Wittekind liebenswürdig lächelnd, unser Wille und unsere erstaunliche Fähigkeit, jedes Lebensverhältnis, jeden Gedanken, jede Realität nur noch als Zahlenketten verstehen und darstellen zu wollen. Phönizisch sei unsere entschlossene Abkehr von der Produktion zugunsten des Handels als der vorherrschenden ökonomischen, politischen und wissenschaftlichen Aktivität. Selbst die Kunst hätten wir dem Handel dienstbar gemacht und sähen sie nur noch als Funktion des Handels. Phönizisch sei unser Verhältnis zum Raum: in den Metropolen gleichsam mit dem Rücken zum eigenen Land zu leben und in Frankfurt etwa nicht mit dem Spessart oder der Wetterau, sondern mit Tokio und New York befaßt zu sein, nicht mehr den eigenen Landraum, sondern die ferne Gegenküste im Blick habend. Phönizisch sei unsere neue Unfähigkeit zur Herstellung schöner Kunstwerke - er denke da an die wirklich grauenvollen Fetische und Ölgötzen der Phönizier, bei ihrem gleichzeitigen Sammeln alter und für sie exotischer Kunstwerke -, die Phönizier hätten wie wir kostbare griechische Statuen gekauft, mit denen sie ebenso wenig zu tun hatten wie wir. Ja, was noch? Die phönizische Religion, schließlich: Das Opfern der erstgeborenen Kinder für Moloch, dem entspreche unsere gesetzlich geförderte Praxis der Abtreibung. »Aber das kann man doch nicht vergleichen«, sagte Britta aus ihrem offenbar wirklich sehr leichten Schlaf heraus.
    »O doch, das kann man sehr gut vergleichen«, sagte ihr Freund ohne Eifer, »die Abtreibungen bei uns sind genau solche Opfer, die für eine glückliche und wohlhabende Zukunft dargebracht werden.«
    »Haben Sie Kinder?« fragte Hans unversehens. Er hätte am liebsten nichts dergleichen gesagt, aber jetzt war es heraus.
    »Nein«, antwortete Wittekind und seine Augen blitzten heiter: »Wir sind glücklich und wohlhabend.«
    Britta verließ ihren Divan. Sie wirkte, mit gerunzelten Brauen, ärgerlich. Sie zog die Rolläden hinauf. Es war dunkel geworden. Am Himmel stand ein dick und kraftvoll leuchtender Halbmond, nahrhaft wie eine halbierte Torte.
    »Beim nächsten Mal müssen Sie Ihre Frau mitbringen, sonst dürfen Sie nicht wiederkommen«, sagte sie sehr nachdrücklich, als Hans sich verabschiedete. Sie blickte ihm offen und fest ins Gesicht. Warum glaubte er nur, er könne diesen Blick nicht aushalten?
    *
    Auf der Treppe fiel ihm ein, daß er gar zu gern wieder einmal eine Zigarette rauchen würde. Für sein amerikanisches Büro wollte er sich das Rauchen eigentlich abgewöhnen, die Raucher wurden dort schief angesehen. So fand er seinen Weg, anstatt zu Ina zurückzukehren, noch einmal hinab zum Äthiopier. Der hatte seinen Hinterhofsalon wieder eröffnet, bediente zugleich aber auch noch zur Straße hinaus, dort allerdings ein ganz anderes Publikum, das sich neben den
    Herrschaften im Hof bei gesunder Selbsteinschätzung nicht hätte blicken lassen dürfen. Nur der Trinker war so dreist, sich aus der Vorderhausmannschaft in den exklusiven Hinterhof mitunter herüberspülen zu lassen. Als Hans den Hof betrat, fand er Souad, Barbara und einen dünnen jüngeren Mann mit langen blonden Haaren und haarreifartig auf den Kopf geschobener Sonnenbrille gesellig beisammensitzen. Alle drei tclephonierten angelegentlich in unterschiedlichen Sprachen, Souad sprach arabisch, der blonde Jüngling mit dem Sonnenbrillendiadem französisch, Barbara spanisch. Sie am kürzesten. Souad schützte sich gegen die Abendkühle mit einem gelben Kaschmirpullover, der ihn sehr wichtig aussehen ließ, soviel runden Bauch hatte er zu umspannen, die Temperatur in der Steinwelt des Hinterhofs war aber nur um ein oder zwei Grad gesunken, die Mauern bewahrten die Hitze wie ein guter Ofen. Der Äthiopier hatte einen Kübel mit Eiswürfeln gebracht. Man trank heute kein Bier, sondern Wodka aus kleinen Fläschchen wie aus einem Kinderkaufladen. Barbara unterrichtete Hans über den jungen Blonden an ihrer Seite. Regelrecht vorstellen konnte sie ihn nicht, denn er ließ sich in seinem angelegentlichen Telephongespräch nicht unterbrechen. Er sei ihr Vetter, vielsprachig, in mindestens sechs Sprachen fließend zu Hause, wie sie selbst auch, eine einzigartige Begabung, zuletzt Koch in Gran Canaria, es sei eine Schande, daß der Mann nichts aus sich mache. Seit ihrer Scheidung hätten sie sich ein bißchen zusammen getan, er berate sie.
»Ich kaufe Rat«, sagte sie stolz. Sie lasse

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