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Kerrion 3 - Traumwelt

Kerrion 3 - Traumwelt

Titel: Kerrion 3 - Traumwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Schlimmeres? Sollte das Schweigen gar heißen, daß sie dieses Versagen als Beweis dafür nahm, ihnen werde zusammen womöglich gar nichts mehr gelingen? Unheilvoll genug war dies Schweigen, und gerecht wurde es dem ärgerlichen Anlaß nicht. Hans sagte sich mit Blick auf Elmar Wittekind, daß sein sportlicher Kamerad aus dem Büro hier wohl keine gute Figur abgeben würde, wenn er auch mehr Muskeln als der Hausherr haben mochte. Es sprach plötzlich auch gegen ihn, daß er sich mit einer Frau aus der Sphäre der Frau von Klein verbandelt hatte. Bei ihm selbst war das etwas anderes. Als Schwiegersohn mochte man ihn gleichfalls Frau von Klein zurechnen, aber er hatte Ina aus dem Haus ihrer Mutter heraus geraubt und gerettet. Hatte er sie denn wirklich gerettet?
    »Wir müssen in unseren überregulierten Biographien für jeden Einbruch in die geplanten Abläufe dankbar sein«, sagte Wittekind, der den Gin Britta und Hans überließ und Wein trank. »Erwartungsvoll zu einem Fest gehen und das Haus dann verlassen vorfinden - das gehört zu den letzten poetischen Geschenken, die das Leben uns macht. Das nenne ich ein Erlebnis.« Zu Britta habe er gesagt, als das Gepäck in Rom verlorengegangen war: »Es gibt keine Abenteuer mehr; es gibt nur noch den Fahrplan - aber der Fahrplan ist das Abenteuer.« Das Abenteuer habe dann vor allem darin bestanden, ihm einen Anzug zu kaufen, der ihm nicht paßte, der in der kurzen Zeit aber auch nicht passend gemacht werden konnte, sagte Britta, Elmar habe plötzlich viel kleiner und langarmiger ausgesehen.
    »Das Groteske gehört zum Schaden immer dazu«, antwortete Wittekind ungerührt. So sah ein Lebenskünstler aus, dachte Hans, diesem Mann komite auf Erden wohl nichts zustoßen. Sie hörten Musik. Wittekind und Britta hatten beide ihre Plattensammlungen mit italienischen Opern, von Berühmtheiten aus den dreißiger Jahren gesungen, Tangos aus Argentinien, deren Verse Wittekind ihm übersetzte, arabischer Musik und dem wilden Gefiedel rumänischer und irischer Zigeuner, und sie befragten ihn nach jedem Stück, als sei er ein
    Fachmann, und nahmen seine zaghaften, dann vom Gin befeuerten dreisten Kommentare überaus ernst und spannen sie weiter, so daß er bald gar nicht mehr verstand, was er soeben selber ausgesprochen hatte.
    »Sie finden mich vermutlich ziemlich dumm und ungebildet«, glaubte er einmal sagen zu müssen, obwohl er eigentlich wußte, daß man sich solche Bemerkungen besser sparte: Entweder ist die wahrheitsgemäße Antwort darauf: Ja, oder es handelt sich um Koketterie auf der Ebene einer Barbara. Die durfte solche Formeln natürlich gebrauchen und tat es auch reichlich. Aber Elmar Wittekind kam ihm zuvor. Zum Glück sei er kein Intellektueller! Das hätten sie sich beide schon wiederholt gesagt, keiner dieser leblosen Schlauköpfe, sondern unblasiert, neugierig - »deshalb lieben wir Sie ja so«.
    Ein wenig später verschwand auch das Sie. Mit Wein und Gin wurde auf das gemeinschaftliche Du getrunken. Wie erfrischend und befreiend war dieser Abend. Daß es hier im eigenen Haus nur einen Stock unter der eigenen Wohnung soviel anregender war, als es auf dem Fest des Sportsmannes hätte sein können, war ein unverhofftes Geschenk. Die Wolken, die sich über Hans zusammengezogen hatten, lösten sich auf. Er mußte sich bekennen, daß er mit Ina zu einer Art Zwillingswesen verwachsen war, anderes wäre ihm auch nicht wünschenswert erschienen, ganz selbstverständlich sagte er immer »wir« und nie »ich«. Aber jetzt war er wieder ein Einzelwesen geworden.
    Britta war heute wieder die Schweigende, Zuhörende, Lauschende - hatte der Redestrom, der Ina so mißfiel, am Ende wirklich nur der anderen Frau gegolten? Eine Lilien besaß je-denfalls auch andere Möglichkeiten sich auszudrücken als die Sprache.
    »Könnte es sein, daß ich ihr gefalle?« dachte Hans, als sie trotz vielem Gin leichtfüßig aufstand, um etwas zu essen zu holen, und beim Hinausgehen sanft mit den kühlen Fingerspitzen seinen Nacken streifte.
    Wenn Hans früher einmal solch eine Flasche Schnaps mit einem Freund oder soldatischen Kameraden geleert hatte, blieben die Folgen nicht aus. Man lallte und schwankte und kam auf ungewöhnliche Gedanken, um das Mindeste zu sagen. Auch das war heute anders. Alkohol mit solchen Leuten zusammen genossen, befeuerte das Gespräch und wurde in der Angeregtheit absorbiert. Die große Ginflasche war wirklich beinahe leer, aber keiner von ihnen war betrunken.

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