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Kerrion 3 - Traumwelt

Kerrion 3 - Traumwelt

Titel: Kerrion 3 - Traumwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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unversehens vom Finger geglitten sein, so verloren doch die Frauen beständig ihre Ringe. Frau von Klein vermißte regelmäßig irgendwelches Geschmeide und verbrachte viel Zeit mit Versicherungskorrespondenz, dabei durchaus nicht nur zu »mensonges blancs« ihre Zuflucht nehmend. Aber Eheringe verlor man auf diese Weise keinesfalls. Und er mußte für möglich, ja für hoch wahrscheinlich halten, den Ring in einer Situation verloren zu haben, in der dieser Verlust ein böses Zeichen war.
    Ina trug das Tablett mit Kaffee und kleinem Frühstück ins Wohnzimmer. Sie wollte es ihm offenbar schönmachen und ihn nicht vor dem Eisschrank ein Brot herunterschlingen las-sen. Sie öffnete die Fenster, das feine Quietschen drang bis zu ihm. Wie an einer Schnur gezogen, ging er aus dem Bad in die Küche. Dort stand das Glas mit Siegers schmutzigen Reisepfennigen. Er rührte mit den Fingern darin herum, es blitzte rotgolden. Der Ring paßte ganz gut, er war vielleicht etwas weniger weit als der verlorene. Obwohl er noch nackt war, hatte Hans das Gefühl, nun vollständig und geradezu korrekt angezogen zu sein, er wäre in diesem Augenblick so wie er war sogar vor die Tür gegangen.
    Das Naheliegende wäre gewesen, sowie er sich im Büro ungestört wußte, Britta anzurufen und nach dem Ring zu fragen. Kam ihm eine der vielen Devisen Wittekinds in den Sinn, mit denen der Ältere den jungen Mann gestern abend so glänzend unterhalten hatte? »Man muß sich daran gewöhnen, in allen Lebenslagen niemals erwartungsgemäß zu handeln. Man frage sich stets: Was wäre jetzt das Naheliegende? Und tue dann das Gegenteil.« Aber nach solchen Spaßen, die er eben noch so vorbehaltlos bewundert hatte, war ihm jetzt nicht zumute. Er fühlte eine Scheu, mit Britta zu sprechen, und schon gar über seinen Ehering. Der Ehering ging sie nichts an. Er wußte überhaupt nicht, wie an das gestrige oder vielmehr frühmorgendliche Ereignis anzuknüpfen wäre. Er wußte nicht, wie man sich in solchen Fällen verhielt, als gebe es auch hierfür Regeln im Sinne der bewußten französischen Terminologie. Er gab sich zu, die Umarmung mit Britta seit Tagen schon mit jeder Faser ersehnt zu haben. Er sah sich nun gar nicht mehr durch Verkettung wunderlicher Zufälle in diese Arme hineingeraten, sondern auf so geradem Wege, als habe er das bewußt angesteuert und sei wohl gar der eigentlich Handelnde gewesen. Hans liebte es, Verantwortung zu übernehmen - wer diesen Zug an ihm erkannte, konnte sich das vielfältig zunutze machen. Es handelte sich um eine Art Größenwahn aus gutem Charakter. Was aber sollte jetzt geschehen? Wie sollte es weitergehen? Wie würde man sich begegnen? Wie würde er Wittekind in die Augen sehen? Dabei fiel ihm ein, daß er ihm in dieser Nacht bereits in die Augen gesehen hatte, und ihn schauderte. Gab es denn keine Möglichkeit auf Erden, das Geschehene ungeschehen zu machen, es nur für einen Traum in schwerer Betrunkenheit gelten zu lassen? Mußte denn alles, was sich einem in Hirn und Adern bewegte, ans Licht, und sei es nur an das Kerzenlicht einer stimmungsvoll erleuchteten Wohnung, und dort zu einem unumstößlichen, vom Willen nicht mehr zu beeinflussenden Faktum werden? Mußte man sein ganzes Leben mit der Last einer solchen Entgleisung herumlaufen, die sich schon jetzt in der Erinnerung etwas undeutlicher darstellte - manche Nebenumstände davon jedenfalls, denn während die meisten Menschen sich ihrer gehabten Lust gegenüber höchst treulos verhalten, steckte sie Hans tief in den Knochen. Die Hohlräume, aus denen der Mensch bestand - wer hatte das doch gleich vorgetragen und behauptet? -waren bei ihm bis zu angstvollem Platzen gefüllt.
    *
    Sich bei dem festefeiernden Sportsmann für das unentschul-digte Ausbleiben zu entschuldigen, war noch die kleinste Unannehmlichkeit dieses Tages, obwohl der enttäuschte Gastgeber nicht-sportliche Ereignisse auch nicht sportlich nahm und Hans die Entschuldigung einigermaßen schwer machte. Aber was war das verglichen mit dem, was ihn abends zu Hause erwartete! Ina saß brütend im Wohnzimmer, wo noch das Kaf-feegeschirr vom Vormittag stand, und rührte sich nicht, als er sie begrüßte. Eine böse, ja die böseste Ahnung befiel ihn. Sie hatte mit jemandem gesprochen. Sie hatte Wittekind auf der Treppe getroffen. Sie hatte es erfahren.
    Nein, nichts von alledem. Etwas ungreifbar Schlimmeres war geschehen. Als er ihren Kopf zu sich hob, um sie zu zwingen, ihn anzusehen, drehte sie ihn

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