Kerstin Dirks & Sandra Henke - Vampirloge Condannato - 01
zurückblieb, um das unscheinbare Haus zu bewachen. Die Treppe führte uns tief ins Erdreich hinab. Die letzte Stufe endete in einem rechteckigen, von Säulen gestützten Raum. Fackeln an den Wänden spendeten genügend Licht und auf dem Boden entdeckte ich ein sonderbares Ornament. Ein Ankh, umrankt von acht Rosenblüten. Dasselbe Zeichen hatte ich an Logans Mantel gesehen.
Zwei Männer in schwarzen Roben bewachten das steinerne Tor am Ende des Raums. Sie sahen wie Sensenmänner aus, doch ich ahnte, dass sich Vampire unter den Kutten verbargen.
„Weiter darf ich in das Reich der Schatten nicht eindringen. Doch ihr steht unter Meister Jeremys Schutz, man wird euch kein Haar krümmen“, sagte der Bauer und eilte hastig die Treppe hinauf.
Mein Gott, schoss es mir durch den Kopf. Durch diese Worte wurde mir erst bewusst, wie lebensmüde ich sein musste, dass ich mich in das unterirdische Labyrinth der Vampire wagte! Vielleicht hielten sich die Blutsauger nicht an ihre Abmachung und würden bei der erstbesten Gelegenheit über mich und Gregory herfallen?
Die Wächter führten uns durch einen weiteren Gang in eine gewölbte Halle, die nicht viel einladender aussah. Keine Teppiche, nur kahle Steinwände und Spinnenweben, die von der kuppelförmigen Decke hingen. Überall standen mehrarmige Kerzenleuchter.
„Wartet hier“, befahl einer der Vampire und verschwand in einem Seitengang. Er kehrte kurz darauf mit drei Artgenossen zurück, die, im Gegensatz zu ihm selbst, ihre Gesichter nicht unter Kapuzen verbargen. „Was ist geschehen?“, fragte die furchteinflößende Gestalt in ihrer Mitte, die von Logan und einer Frau mit feuerrotem Haar begleitet wurde.
Prüfend haftete der Blick des Anführers auf mir. Ich fühlte mich angesprochen und versuchte mich zu erklären. Aber durch die Aufregung brachte ich kaum einen vernünftigen Satz zustande. „Jeremy wurde überfallen. Der Mörder hat… hat ihn… ausgesaugt! Ihr müsst ihm helfen… bitte.“
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Sandra Henke & Kerstin Dirks Begierde des Blutes
Nervös knetete ich meine Hände. Die Miene des hochgewachsenen Mannes blieb unverändert. Auch Logan zeigte keinerlei Emotionen, lediglich die Frau nickte mir freundlich zu.
„Bringt ihn in die Gruft!“ Die Wächter taten, wie ihnen befohlen, griffen nach Jeremy und verschwanden mit ihm im Seitengang. Gregory knurrte bedrohlich, als man ihm seinen Herrn entriss, leistete aber keinen Widerstand. Misstrauisch sah er den Wächtern nach.
„Ihr seht ihn bald wieder“, versprach der Vampir mit der machtvollen Aura, bevor er den Wachen in die Finsternis folgte.
„Wartet! Ich möchte mitkommen!“, rief ich ihm nach. Doch die Frau hielt mich am Arm zurück und schüttelte den Kopf. „Keine Sorge, mein Kind. Dorian kümmert sich um Euren Freund. Ihr könnt im Augenblick nichts für ihn tun. Folgt mir, in der Bibliothek können wir ungestört reden. Sur sieht Menschen nicht gern in unseren Hallen.“
„Wer ist Sur?“
„Der Anführer der ‚Loge Condannato’.“
„Und wer ist dieser Dorian?“
„Er ist sein Adjutant und mein Gefährte“, antwortete die Vampirin und geleitete uns in einen Saal, der bis zur Decke mit Büchern aller Art gefüllt war. Staunend sah ich mich um. In den meterhohen Regalen musste sich das Wissen der ganzen Welt befinden.
„Setzt euch.“ Unsere Gastgeberin deutete auf eine kleine Sitzecke inmitten des Bücherlabyrinths. „Ich bin übrigens Kalestra.“
Gregory und ich stellten uns ebenfalls vor, bevor wir uns auf dem edlen Samtstoff niederließen.
„Das Blut eines Vampirs besitzt heilende Kräfte“, erklärte Kalestra und sah mir tief in die Augen. „Ihr müsst Euch nicht um Euren Freund sorgen. Eure Sorge sollte Euch selbst gelten. Für einen Menschen ist es gefährlich, einen Vampir zu lieben. Besonders dann, wenn er jung und unerfahren ist wie Jeremy.“
Ich erschrak. Woher wusste Kalestra von meinen Gefühlen für Jeremy? Sah man mir die Verliebtheit so sehr an? Gregory schien wenig Interesse an einem Frauengespräch zu haben, erhob sich grunzend und verschwand hinter einem Regal mit alten Schriftrollen, die aus einer Zeit stammen mussten, als es noch keine Bücher gab.
„Was wollt Ihr mir damit sagen?“
„Sophie, ich möchte Euch warnen. Ihr hegt Gefühle für Jeremy, ist es nicht so? Auch wenn er sie erwidert, kann eine Liebe zwischen Licht und Dunkelheit niemals bestehen. So ist der Lauf der Dinge. Irgendwann wird die Dunkelheit das Licht
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