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Kerzenlicht Für Eine Leiche

Kerzenlicht Für Eine Leiche

Titel: Kerzenlicht Für Eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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wollen, dachte Meredith. Einigermaßen erleichtert antwortete sie:
    »Kennen gelernt nicht, nein. Ich habe ihn einmal bei einem Fest gesehen, aber nur aus der Entfernung.«
    »Dann müssen Sie unbedingt am Samstag kommen. Lars interessiert sich sehr für auswärtige Angelegenheiten.« Meredith kam der Gedanke, dass es eine riskante Angelegenheit war, seinen Kindern ausländische Namen zu geben. Auf der einen Seite vergaß man den Namen sicherlich nicht so leicht. Auf der anderen war es eine lästige Bürde für Lars, wenn er jedes Mal aufs Neue seinen Vornamen erklären musste.
    »Ich komme sehr gerne. Ich kann zwar nicht für Alan sprechen, doch soweit ich weiß, hat er Zeit. Nächste Woche sind wir weg – wir machen gemeinsam Urlaub. Wir wollen auf einem Boot über den Kanal schippern.« Unwillkürlich schlich sich ein beunruhigter Unterton in Merediths Stimme. Ein ungebetenes Bild kam ihr in den Kopf. Ein Bild, über das sie in letzter Zeit häufiger nachgedacht hatte. Darin kauerten sie und Alan in einer winzigen, voll gestopften Kabine und tranken Fertigsuppe aus Bechern, während der Regen unablässig auf das Holzdach prasselte und das Kanalwasser draußen eine einzige grau-grüne Suppe war. Über ihren Köpfen trappelten Oscars Füße im ersten Stock des Pfarrhauses über nackte Dielenbretter und verstärkten Merediths Stimmung. Sie riss sich zusammen und verdrängte den Gedanken.
    »Wirklich? Das klingt hübsch«, murmelte Mrs. Holden höflich. Sie hatte ein kleines Notizbuch hervorgezogen und hakte etwas darin ab – wahrscheinlich Merediths Namen.
    »Ich werde Alan anrufen.« Sie steckte das Notizbuch wieder ein und lächelte.
    »Ich bin Lars’ Hostess und seine Sekretärin für den Wahlkreis, wissen Sie?«
    »Ist Lars ein alter Name in Ihrer Familie?« Meredith konnte ihre Neugier nicht länger beherrschen.
    »Ja. Es ist der Name meines Vaters. Ich komme aus Schweden, wissen Sie?« Sie sah auf ihre hübsche kleine goldene Armbanduhr. Merediths Blick fiel erneut auf die hässliche Brosche.
    »Ich glaube nicht, dass ich noch länger auf James warten kann. Es könnte noch eine ganze Weile dauern, und ich habe viel zu tun. Sagen wir, zwischen sieben und halb acht am Samstagabend?« Sie erhob sich von ihrem Stuhl, nahm Handtasche, Handschuhe und Hundeleine und ging zur Tür, wo sie noch einmal stehen blieb. Unvermittelt wandte sie sich um und fragte:
    »Und Sie wissen wirklich nicht, was passiert ist?«
    »Sie meinen, warum der Pfarrer gegangen ist? Nein. Ich weiß es nicht.« Meredith war sich ihrer Notlüge schmerzlich bewusst. Doch James Holland hatte sie gebeten, Stillschweigen über die Entdeckung zu bewahren, und – wie er bereits gesagt hatte – bald genug würde sowieso jedermann Bescheid wissen. Auch wenn die Mutter des Abgeordneten Holden sich wohl kaum als jedermann betrachtete.
    »Ich verstehe.« Meredith hatte das Gefühl, als glaubte Margaret Holden ihr nicht. Einen Augenblick lang lag eine weitere Frage auf ihren Lippen, doch dann sagte sie nur:
    »Danke sehr für den Tee. Bis Samstag dann.« Sie ging hinaus in den Flur, und Oscar kam lautstark die Treppe herunter.
    »Steh still!«, befahl sein Frauchen. Meredith erhaschte einen letzten Blick auf Margaret, als sie sich bückte und das Tier an die Leine nahm. Die Vordertür ging. Ein Motor wurde angelassen, und ein Wagen fuhr davon. Allein in der Küche trank Meredith ihren erkaltenden Tee und überlegte, wie der Pfarrer auf dem Friedhof wohl zurechtkam. Der kommende Samstag fiel ihr ein.
    »Ich bin Lars’ Hostess.« Eine sehr energische Mutter, diese Margaret Holden. War die politische Karriere ihres Sohnes seine oder ihre Idee gewesen? Ein Satz von Gilbert und Sullivan kam ihr in den Sinn.
    »Ich habe stets gewählt, wenn meine Partei rief, und dabei niemals an mich selbst gedacht.« Sie wusch das Teegeschirr ab, goss das restliche Wasser aus, das Oscar in der Schüssel gelassen hatte, und wischte die Pfütze auf. Es sah nicht danach aus, als würde der Pfarrer in nächster Zeit zurückkehren. Sie würde später noch einmal vorbeikommen, um ihn nach dem Buch zu fragen. Meredith ging nach draußen und schloss ihr Fahrrad auf. Sie schob es zum Tor hinunter und hielt, den Fuß bereits auf das Pedal gestellt, noch einmal inne. Ein Polizeifahrzeug auf dem Weg zum Friedhof kam vorbei. Wie von einem Magneten angezogen, radelte sie langsam hinterher. Der Regen hatte mehr oder weniger aufgehört. Auf dem kleinen Parkplatz standen dicht an dicht

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