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Kerzenlicht Für Eine Leiche

Kerzenlicht Für Eine Leiche

Titel: Kerzenlicht Für Eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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gedrängt Polizeifahrzeuge. Meredith saß im Sattel an die Friedhofsmauer gelehnt. Sie fühlte sich noch immer unsicher auf dem Rad. Die grauen, roh behauenen Steine der Mauer waren nach außen gewölbt, und die Jahrhunderte hatten zu einem Höhenunterschied von vier oder fünf Fuß zwischen dem Friedhof selbst und dem niedriger liegenden Weg vor der Mauer geführt. Auf der anderen Seite der Mauer, direkt vor ihr, ruhten die Toten. Vielleicht würde die alte Mauer eines Tages vom schieren Druck der Erde auseinander bersten, und der Morast des Verfalls würde sich auf den Weg ergießen. Meredith verbesserte sich – das war ein Szenario, wie es nur in Horrorfilmen vorkam. Selbst wenn die Mauer nachgab, gab es auf der anderen Seite wenig mehr als Erdreich. Die Gräber dort gehörten mit zu den ältesten auf dem Friedhof. Was auch immer sie einst enthalten hatten – es war längst verrottet und zerfallen. Asche zu Asche, Staub zu Staub. Oder in diesem Fall: Matsch zu Matsch. Zwischen den roh behauenen Blöcken, aus denen die gesamte Mauer errichtet war, wuchs eine Kletterpflanze mit blassgrünen, fleischigen Blättern an langen verschlungenen Stängeln. Sie sah aus wie ein grüner Tausendfüßler, der sich über den zerbröckelnden Mörtel bewegte. Hier und dort war sie mit winzigen sternförmigen Blüten gesprenkelt. Sie kannte den Namen der Pflanze. Steinkraut. Alan hatte ihr einmal erzählt, dass es giftig war – wie so viele andere einheimische Pflanzen auch. Dass es hier wuchs und gedieh, war irgendwie unheimlich, als ob es direkt in dem wurzelte, was auf der anderen Seite lag. Ein nach außen hin sichtbares Zeichen der inneren und unsichtbaren Fäulnis. Wasser tropfte von einem Baum, dessen Äste über die Mauer ragten, und traf Meredith auf dem Kopf. Sie ließ sich ein wenig zurückrollen. Die Polizeibeamten waren ausnahmslos beschäftigt, und bisher hatte niemand von ihr Notiz genommen. Zwischen den Bäumen erhaschte sie einen Blick auf Pater Holland. Er redete mit einem Arbeiter, der eine Wollmütze trug. Wahrscheinlich einer der beiden Totengräber, die die grässliche Entdeckung gemacht hatten. Polizisten in wasserdichten Jacken luden Pfähle und Planen aus einem Lieferwagen. Sie wollten offensichtlich Sichtblenden aufstellen, und möglicherweise auch ein Dach zum Schutz vor dem Regen. Meredith fühlte sich als Eindringling und wusste, dass sie eigentlich nicht dastehen und gaffen sollte.
    »Du weißt, was du bist, nicht wahr?«, schalt sie sich.
    »Nichts weiter als ein sensationshungriger Gaffer auf der Suche nach Nervenkitzel!« Nein, das war sie nicht! Und warum stand sie dann hier? Hatte es etwas mit dem Tod an sich zu tun, das sie so faszinierte? Die Menschen der viktorianischen und edwardianischen Zeiten, die hinter jener ausgewölbten Mauer begraben lagen, hatten ihre eigene Sterblichkeit jeden Tag aufs Neue vor Augen gehabt. Menschen, dachte Meredith, die von Krankheiten niedergestreckt und aus dem Leben gerissen worden waren wie reifes Obst, das von Bäumen regnet. All die armen kleinen Kinder, die von Scharlach und Diphtherie und Gott weiß was dahingerafft worden waren. Heutzutage werden wir glücklicherweise davon verschont. Aber wie sehr wir doch, sann sie, einen grausigen Mord lieben! Wie wir die Zeitungen verschlingen, die all die widerlichen Einzelheiten beschreiben! Und worauf warte ich eigentlich hier? Ein weiteres Fahrzeug kam heran, und ein Mann in einem zerknitterten Anzug stieg aus. Er war mittleren Alters und wurde bereits kahl, und er trug einen Arztkoffer bei sich. Er schien verstimmt, dass man ihn herbeigerufen hatte – schließlich gab es kein Leben zu retten. Trotzdem, ein Toter war ein Toter, und diese Tatsache musste von einem Arzt amtlich festgestellt werden, ganz gleich unter welchen sonstigen äußeren Umständen. Vielleicht hatte er gerade beim Essen gesessen, als der Anruf gekommen war. Schließlich entdeckte ein junger Constable Meredith und näherte sich unbemerkt. Sie zuckte zusammen, als er sie ansprach.
    »Ich fürchte, Sie können hier nicht bleiben, Miss. Wie Sie sehen, kommen zahlreiche Fahrzeuge hier durch. Ich muss Sie bitten weiterzufahren.« Er klang entschuldigend. Sie begegnete seinem Blick, und er lächelte. Es war ein konspiratives Lächeln – er wusste, warum sie dort gestanden hatte. Sie errötete verlegen und zugleich ärgerlich über sich selbst.
    »Ich war im Pfarrhaus«, fühlte sie sich zu einer Erklärung genötigt, um ihm zu beweisen, dass sie

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