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Kesrith – die sterbende Sonne

Kesrith – die sterbende Sonne

Titel: Kesrith – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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heiligen Ort stand, zog er ihn am Arm zurück. Dann richtete er die Lampe auf den Eingang, vor dem Melein stand, ein mit Steinen blockierter Weg, den der Wächter mit seinen Händen verschlossen hatte, der diesen Verschluß errichtet und sein Leben dafür gegeben hatte.
    Melein erwies diesem Ort mit einer Handbewegung die Verehrung, wandte sich plötzlich zu Duncan und blickte ihn streng an. »Duncan, am Grab des Wächters darfst du nicht vorbeigehen, andernfalls wirst du sterben. Bleib hier und warte! Berühr nichts, tue nichts, sehe nichts!« Und zu Niun gewandt: »Mach es auf! Es ist rechtmäßig.«
    Er gab ihr die Lampe und fing bei den obersten Steinen an, das zu öffnen, was der Wächter so viele Jahre lang bewacht hatte – ein Schrein, der so heilig war, daß ein Kel'en auf den Tod warten würde, während er ihn bewachte. Er kannte die Wahl, die der Mann getroffen hatte. Nahrung und Wasser hatte der Kel'en gehabt, ebenso die Freiheit, nach dem Verschließen sich innerhalb von Sichtweite des Wachplatzes zu bewegen, zu jagen, um zu überleben. Aber als das Gebiet ihn im Stich ließ, als Krankheit, rauhes Wetter oder fortschreitendes Alter auf dem einsamen Kel'en lasteten, hatte er sich in diese ausgewählte Nische zurückgezogen, um zu sterben, seinem Auftrag treu. Und sein Geist schwebte in fortdauernder Wacht über dem Ort.
    Und vielleicht hatte Intel selbst hier gestanden und das Schließen der Tür gesegnet und die Stirn des tapferen Wächters geküßt und ihn mit dieser Aufgabe betraut.
    Einer der Kel'ein, die vor vierzig Jahren zusammen mit ihr von Nisren gekommen waren, als die Pana auf Kesrith kamen.
    Mit zunehmender Leichtigkeit polterten die Steine von der Öffnung, bis Melein über das hinwegschreiten konnte, was noch übrig war, und ihren Fuß in das kalte Innere setzte. Die Lampe, die sie in der Hand hielt, schwenkte über die Wände, berührte Aufschriften, die die Mysterien des Schreins der Schreine enthielten, gewundene Symbole, die die gesamten Wände bedeckten. Für einen Augenblick nahm sie Niun wahr, dann sank er auf die Knie und wandte das Gesicht ab, um nicht das zu sehen, was er nicht sehen sollte. Eine Zeitlang konnte er Meleins leise Schritte an diesem heiligen Ort hören, und dann gab es überhaupt kein Geräusch mehr, und er wagte nicht, sich zu bewegen. Er erblickte Duncan vor der fernen Wand des Schachtes, bei ihm die Dusei, und nicht einmal sie bewegten sich. Niun wurde kalt, während er wartete, und fing an, vor Furcht zu zittern.
    Falls sie nicht zurückkehren sollte, würde er weiterhin warten. Nirgendwo regte sich Leben hier drin, nicht einmal das Geräusch eines Schrittes.
    Eines der Dusei stöhnte – das Warten quälte seine Nerven. Dann wurde es still, und eine lange Zeit war gar nichts mehr zu hören.
    Dann regte sich etwas, ein annähernd rhythmisches Geräusch, das zuerst aus dem Inneren des Schreins kam; und schließlich erkannte Niun es als das Geräusch sanften Weinens, das noch bitterer und heftiger wurde.
    »Melein!« schrie er laut und wandte seine Augen zum verbotenen Ort, und Schatten bewegten sich im Eingang, ein sanftes Strömen von Lichtern. Seine Stimme hallte ehrfurchtslos von den Wänden wider und bestürzte die Dusei, und er rappelte sich auf und fürchtete sich davor, hineinzugehen – aber auch davor, es nicht zu tun.
    Das Geräusch hörte auf. Es war still. Er trat bis an die Tür, legte die Hand auf sie, ermutigte sich dazu, hineinzugehen. Dann hörte er Meleins leichte Schritte irgendwo tief drin, hörte die Geräusche des Lebens, und sie rief ihn nicht. Er wartete zitternd.
    Dinge bewegten sich hinter der Tür. Maschinen waren zu hören – das Geräusch dauerte an, und doch konnte er gelegentlich deutlich Meleins Schritte hö- ren. Und dann erinnerte er sich schreckerfüllt daran, daß er Duncan den Rücken zugewandt hatte, und wirbelte herum.
    Aber der Mensch stand nur da, nicht näher, als Melein es ihm gestattet hatte, und machte keinen Fluchtversuch.
    »Setz dich!« wies er Duncan scharf an, und Duncan setzte sich an derselben Stelle nieder und wartete. Niun verfluchte sich, weil er Melein suchte und dabei den Auftrag vergaß, den sie ihm gegeben hatte, nämlich sich um die Dinge draußen zu kümmern. Er hatte sie beide der Gnade Duncans ausgeliefert, hätte der Mensch angesichts der Dusei den Mut gehabt und Vorteil aus der Situation gezogen. Niun setzte sich ebenfalls in den Sand, so daß er den Menschen im Auge behielt und gleichzeitig dem

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