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Kesrith – die sterbende Sonne

Kesrith – die sterbende Sonne

Titel: Kesrith – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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legen und damit der Notwendigkeit vorzubeugen, diese überhaupt verlassen zu müssen; er war allerdings auch verzweifelt froh darüber, daß sie das nicht getan hatten. Das bot Gelegenheit für eine Ausrede, wie Stavros gesagt hatte. Und vielleicht gab es sogar Restriktionen für Passagiere, die lesen und mehr begreifen konnten als sie. Er wußte es nicht. Er begutachtete die verschlungenen Regul-Nummern auf der Bandpatrone, die er mit sich führte, und lochte vorsichtig die in der Reihe als nächstes folgende Chiffre.
    Die Maschine klickte, es gab eine winzige Verzögerung, und die gewünschte Patrone schoß in Position. Er gab Stavros' und seinen Spezialkode an die Bibliothek durch, die daraufhin das Alphabetmodul änderte und, nachdem sie zur Kenntnis genommen hatte, welche Patronen die Menschen haben wollten, und verwirrt durch die Autorisierung wahrscheinlich einen weiteren Entscheidungsprozeß durchlief, um zu entscheiden, daß der Patrone vermutlich ein Ausdruck beigefügt werden mußte – meist kamen mit der Patrone drei Ausdrucke, ein buchstäblicher, eine Transkription und eine Übersetzung –, und schließlich begannen die Mikrospeicher, die Ausdrucke herzustellen.
    Duncan schritt durch den Raum, während die Maschine Bogen auf Bogen ausdruckte, und blickte auf die Uhr. Es wurde Zeit. Er trat wieder an die Maschine und stellte fest, daß sie immer noch arbeitete, langsamer als alle von Menschen gefertigten Verarbeitungssysteme, die er schon benutzt hatte. Sie hatte Reaktionen, die so träge waren wie die der Regul selbst. Um die Sekunden auszufüllen, zählte Duncan die Veränderungen auf der Bildschirmattrappe, die in Wirklichkeit eine Projektionswand im Zentrum der Bibliothekswand war. Sie zeigte eine Simulation ihres Fluges durch den Menschenraum, verzichtete merkwürdigerweise aber darauf, das geringste Anzeichen von der Gegenwart der bewaffneten Geleitschutzschiffe zu vermitteln, die die Quelle von so viel Streit gewesen waren. Das Bild war genausowenig aktuell wie das vom Morgen. Mit jedem Pulsschlag wechselte es zu anderen Szenerien: durch ihren fremdartigen Charakter faszinierende Landschaften (sorgfältig zensiert, da war er sicher, damit sie nicht zuviel von den Regul lernten; die Bilder zeigten nichts Lebendiges, keine Städte und keine Strukturen), Sternenfelder und dann wieder die Kursattrappe. Sie beherrschte den ganzen Raum. Er hatte die Veränderungen einen langen Tag nach dem anderen beobachtet, während sie sich dem Sprung genähert hatten. Er hatte aufgehört, diese Reise als eine mit einem bestimmten Ziel anzusehen. Ihre seltsame Isolation war zu einer eigenständigen Umwelt geworden, die geistig nicht mit dem Leben verbunden werden konnte, das er zuvor gelebt hatte, und die es unmöglich machte, sich das Leben vorzustellen, das er nachher leben würde. Sie hatten nur das Wort der Regul dafür, wohin sie unterwegs waren.
    Er sah sich drei solcher Bilderzyklen an und wandte sich dann wieder der Maschine zu, die mitten im Drucken aufgehört hatte, während das Prioritätssignal aufblitzte. Jemand mit der entsprechenden Autorität hatte sie unterbrochen, um etwas Wichtigeres zu erhalten. Duncans Materialien waren im Griff der Maschine festgefroren. Er drückte den Löschknopf, um die Patrone zurückzuführen, aber nichts geschah. Die Priorität blitzte nach wie vor, während die Bibliothek tat, was jemand anders ihr zu tun befohlen hatte.
    Duncan fluchte und sah wieder auf die Uhr. Der Ausdruck lag zur Hälfte im Ausgabekasten, der Schwanz steckte noch in der Maschine. Er konnte jetzt gehen und sich gewissenhaft an den Zeitplan halten, oder er konnte bleiben und das bißchen Zeit abwarten, das die Maschine zur Klärung benötigte. Er entschied sich dafür, zu warten. Wahrscheinlich lag der Stillstand am Ausdruck, eine unbeholfene und ungeschickte Funktion des Bibliotheksapparates. Das Gerücht besagte, daß die Regul selbst überhaupt nicht schrieben, was aber, wie Stavros und er entdeckt hatten, nicht richtig war. Sie verfügten über eine fein strukturierte und komplizierte Schriftsprache. Aber die Bibliothek war für die Audioreplikation entworfen, und die Mehrzahl der Regul-Materialien war oral-auraler Natur. Man sagte, und nach seinen eigenen Beobachtungen schien das auch wahr zu sein, daß ein Regul ein Band nicht mehr als einmal anhö- ren mußte.
    Sofortige und totale Erinnerung. Eidetisches Gedächtnis. Das Wort Lüge war, wie Stavros ihm erklärt hatte, mit Assoziationen von

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