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Kesrith – die sterbende Sonne

Kesrith – die sterbende Sonne

Titel: Kesrith – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Personal, ohne nennenswerte Verwandtschaft, ein Verlust, der ohne Sorge abgeschrieben werden konnte. Seine niedrige Klassifikationsnummer besagte, daß er alles, was er wußte, an einen Feind weitergeben konnte, ohne daß eine Einrichtung von wesentlicher Bedeutung dadurch Schaden nehmen konnte; und Stavros selbst war lange Zeit in der Universitätsgemeinde von Neu Kiluwa isoliert gewesen.
    Vielleicht – der Gedanke kam ihm – war Stavros selbst fähig dazu, ihn sofort fallenzulassen, wenn er sich als unbequem erwies. Stavros war ein Diplomat von der Sorte, der Duncan instinktiv mißtraute, die über Leute wie Sten Duncan im Krieg zu Hunderten und Tausenden verfügte. Vielleicht war Stavros deswegen nicht mehr dazu bereit, mit ihm zu reden, als sei er mehr als ein Möbelstück. Regul bestraften rebellische Junglinge, ja sogar unbequeme Junglinge, sofort und gnadenlos, als seien sie ein leicht ersetzbares Verbrauchsgut.
    Es war eine nachtgeborene Furcht, von der Art, die in der Dunkelheit wuchs, in den langen Stunden, in denen er auf seinem Bett lag und überlegte, daß jenseits dieser Tür eine fremde Wache stand, deren Lebensprozesse er nicht verstand, und jenseits der anderen Tür ein Mensch war, dessen Geist er nicht begriff, ein alter Mann, der lernte, wie ein Regul zu denken, deren Ältere ein Schrecken für die Jungen waren.
    Aber wenn sie während des Tageszyklus beisammen waren, wenn er Stavros von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, dann konnte er nicht ernsthaft an die Dinge glauben, die er sich nachts überlegte und sich vorstellte. So lange eingepfercht, so lange unter Streß, war es kein Wunder, daß sein Geist sich namenlosen und irrationalen Befürchtungen zuwandte.
    Er hätte nur gerne gewußt, was Stavros von ihm erhoffte, oder was er von ihm erwartete.
    Die Bandschleife drehte sich zum drittenmal. Duncan verstand zumindest die Grußformel – es waren die wenigen Wörter der Regul-Sprache, die er kannte. Stavros hörte zu und prägte sich alles ein. Binnen kurzem würde er in der Lage sein, das ganze Palaver aus dem Gedächtnis zu zitieren.
    »Sir«, unterbrach er vorsichtig Stavros' Gedanken. »Sir, unsere...« Das Band war zu Ende. »Die uns zugeteilte Freiperiode ist fast vorüber. Wenn Sie noch etwas aus der Bibliothek oder dem Labor benötigen...«
    Er hoffte, daß Stavros etwas einfallen würde, was er noch brauchte. Ihn verlangte danach, diese kostbare Zeit außerhalb ihres Quartiers mit Gehen, mit Bewegung auszufüllen. Stavros hatte ihm jedoch verboten, irgendwo im Blickfeld der Regul herumzulungern oder zu versuchen, mit einem Mannschaftsmitglied ein Gespräch zu beginnen. Duncan verstand die Überlegung hinter diesem Verbot, das eine vernünftige Vorsichtsmaßnahme war, eine Aufrechterhaltung der menschlichen Mystik, so weit sie die Regul betraf. Sie sollen sich fragen, was wir denken , pflegte Stavros zu vielen Situationen zu sagen. Aber es war unerträglich, hier zu sitzen, während die Freiheit sich dem Ende zuneigte und das Schiff wieder den Regul-Raum erreicht hatte.
    »Nein«, sagte Stavros und zerschmetterte damit Duncans Hoffnungen. Dann reichte er ihm, vielleicht aufgrund eines Nachgedankens, eines der Bänder. »Hier. Eine Entschuldigung. Machen Sie den Eindruck, als hätten Sie eine wichtige Aufgabe und kä- men ihr konsequent nach. Holen Sie mir das nächste aus dieser Reihe und bringen Sie mir beide zurück. Viel Spaß bei Ihrem Spaziergang.«
    »Ja, Sir.« Er stand auf und war geneigt, dem alten Mann für das Verständnis seines Elends zu danken. Aber Stavros verleidete es ihm, indem er das Band neu einlegte und woanders hin blickte. Duncan zö- gerte und ging dann durch seine eigene Kabine hindurch nach draußen.
    Er tat ein paar tiefe Atemzüge, um sich an das Aroma der Luft zu gewöhnen, und fühlte sich trotz der engen Hallen sofort weniger eingesperrt. Die Wohnräume der Regul waren kleine, öde Orte, die nur Raum für die Bewegung eines Schlittens boten; Die meisten Dinge waren in Griffreichweite einer sitzenden Person angeordnet. Duncan unterdrückte das Bedürfnis, sich zu strecken, und setzte sich gemessenen Schritts in Richtung auf den Hauptraum in Bewegung, durch einen Korridor, in dem nicht die Spur eines Regul zu sehen war.
    Der Hauptraum diente dem gesamten Personal zur Erholung und Bildung und verfügte auch über ein Terminal der Bibliothek. Es wäre einfacher gewesen, dachte Duncan, einen Anschluß an die Bibliothek bis in die Konsolen der Kabinen zu

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