Ketten der Liebe
ansteckende Krankheit. Sie war wie seine Mutter. Er hatte eine Frau geheiratet, die wie seine Mutter war. »Selbst wenn du dein Versprechen hältst, ein Jahr bei mir zu bleiben, frage ich mich, ob du sofort gehen wirst, wenn die Zeit um ist.«
»Nein. Ja. Ich weiß es nicht.« Sie rang die Hände. »Was willst du?«
»Jedenfalls nicht das!«
»Ich werde mein Versprechen halten!«, rief sie.
Er senkte die Stimme. »Ich will dich nicht. Ich will keine Frau mit einem flatterhaften Wesen.«
»Mit einem flatterhaften Wesen?« Sie besaß die Dreistigkeit, sich erstaunt zu geben. »Willst du mir damit sagen, dass ich gehen soll?«
»Genau.« Es wäre in der Tat besser, sie ginge jetzt, denn er wollte sich die Ernüchterung ersparen, eines schönen Morgens aufzuwachen und festzustellen, dass sie fort war.
»Und was wird aus unserem Plan für heute Abend? Da ... brauchst du mich doch.«
»Jeder kann deinen Part übernehmen. Ich werde Biggers zu Onkel Harrison schicken - er wird seine Rolle gut spielen.«
»Aber ich möchte wissen, wie das Ganze ausgeht.« Sie kam auf ihn zu, mit flehentlichem Blick; sie war schön ... berauschend schön. »Du verurteilst mich für eine Sünde, die ich noch gar nicht begangen habe! Und ich ... ich ...«
»Was willst du mir sagen?«, fuhr er sie barsch an.
»Ich liebe dich.«
Tief unten brandeten die Wellen gegen die Klippen. Die Seemöwen zogen kreischend ihre Bahnen am Himmel. Die Brise wehte ihr die einzelnen Strähnen um das liebliche Gesicht.
Und da musste er lachen. Er lachte über die Worte, die er sich insgeheim gewünscht hatte. Er lachte, obwohl sein Herz einen Stich verspürte. »Was für ein passender Augenblick für ein solches Geständnis.«
»Aber ich wusste ja selbst nicht, wie es in mir aussieht«, entgegnete sie und packte ihn beim Arm. »Ich bin mir erst vorhin im Garten über meine wahren Gefühle bewusst geworden. Kenley und Howard sagten es mir auf den Kopf zu, aber ich glaubte ihnen zunächst nicht. Und als ich dann sah, wie du dich mit dieser alten Dame unterhalten hast, da spürte ich eine Woge der ...«
»Nichts als leere Worte!«
Der harte Tonfall verschlug ihr die Sprache. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Jermyn ...« Ihre Stimme wurde brüchig.
Er konnte es nicht ertragen, sie weinen zu sehen. Am liebsten hätte er sie in die Arme genommen, um sie zu beruhigen und ihr zu sagen, dass er es nicht so gemeint hatte. Er wollte ihr seine Liebe gestehen. Aber er beherrschte sich. Vor vielen, vielen Jahren hatte er seine Lektion gelernt und seitdem nie vergessen. »Pack deine Sachen zusammen«, befahl er ihr. »Nimm mit, was du für deine Reise brauchst.
Geh nach Beaumontagne oder wo auch immer es dich hinzieht. Wenn du hierbleibst, brichst du mir noch das Herz. Du hast mich töricht genannt, weil ich allen Frauen wegen des Verhaltens meiner Mutter misstraue, und ich hörte auf dich.« Er entfernte sich von ihr. »Aber wie es den Anschein hat, bin ich wohl doch nicht so töricht.«
24 . Kapitel
V or Wut kochend, beobachtete Amy, wie Jermyn davonschritt - stur, stolz und mit erhobenem Haupt. Für-wahr, der Marquess von Northcliff war wieder zu Hause.
Schließlich wandte sie sich ab, wischte sich die Tränen mit dem Ärmel fort und ging in entgegengesetzter Richtung davon.
Plötzlich hörte sie eine tiefe Stimme. »Wohin des Weges?«
Sie blickte den Mann an, der sich ihr wie selbstverständlich anschloss. Es handelte sich um den Fremden, bei dessen Anblick Kenley beinahe in Ohnmacht gefallen wäre. Jener schwarzhaarige, dunkel gewandete Herr mit dem bohrenden Blick. Der Mann, der ihr irgendwie bekannt vorkam - doch das war ihr im Augenblick vollkommen gleich, denn sie nahm die Welt um sich herum durch einen Schleier aus Wut und Empörung wahr.
»Ich gehe zurück zum Haus«, sagte sie.
»Um zu packen, wie ich hoffe.«
»Ja, woher wissen Sie das?« Sie blieb stehen und wandte sich dem Unbekannten wütend zu. »Ich werde diesen Ort verlassen. Ich werde Jermyn und all seinen lächerlichen Vorurteilen den Rücken kehren, denn ich bin seiner dummen Ansichten und seines überheblichen Gehabes überdrüssig.«
»Aber Sie sind eine Prinzessin. Er ist Ihnen nicht überlegen.« Der Fremde sagte genau das, was sie im Augenblick hören wollte.
»Das sollte ihm mal jemand sagen. Ich werde nach Beaumontagne zurückkehren, mich wieder in meine Rolle als Prinzessin finden und meine Macht ausspielen, damit Jermyn enthauptet wird.« Sie fuhr mit einer
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