KGI: Dunkle Stunde (German Edition)
kalt gewesen war.
»Vertrau mir, mein Liebling«, sagte Ethan leise. »Ich hole dich hier raus, aber du musst jetzt tun, was ich dir sage.«
Sie hatte kaum Zeit zu nicken, da hob er sie schon hoch und legte sie sich über die Schultern, wie es Feuerwehrleute bei der Rettung Verletzter tun. Mit der freien Hand hob er das Gewehr auf und rannte dann Sam hinterher.
Der Boden unter ihr drehte sich, seine Schulter bohrte sich schmerzhaft in ihren Bauch. Galle stieg ihr hoch, sie musste würgen.
Die Welt um sie herum war aus den Fugen geraten. Ein Feuerpfad zog sich durch das Dorf. In den Boden und in die Bäume um sie herum schlugen Schüsse ein. Kein Zweifel, sie würde sterben. Jetzt, wo die Rettung so nah war, würde alles vergeblich sein. Sie würden sie nie gehen lassen. Das hatten sie ihr mehr als deutlich gemacht.
Plötzlich flog sie durch die Luft und schlug mit dem Rücken so hart auf dem Boden auf, dass ihr die Luft wegblieb. Verzweifelt rang sie nach Atem. Ein muskulöser Arm lag um ihre Taille und hielt sie fest. In ihrem Kopf explodierte der Schmerz, vor ihren Augen tanzten nur noch schwarze Punkte.
Übelkeit überkam sie aufs Neue. Sie versuchte sich umzudrehen, konnte sich aber nicht rühren. Von Panik gepackt trat sie um sich, aber der Griff wurde dadurch nur noch fester.
»Schsch, Liebes. Ich bin da. Alles in Ordnung.«
Seine Stimme tat ihr gut, und sie beruhigte sich ein wenig. Ethan zog sie wieder auf die Beine. Blinzelnd gewöhnte sie sich langsam an das helle Licht der Sonne.
So rasch er sie hochgezogen hatte, so schnell drückte er sie nun wieder flach auf den Boden und legte seine starken Arme schützend über ihren Kopf.
»Verdammter Mist! Wo bleibt die Rückendeckung?«
Ethan lag auf Rachel und sah sich um. Sam hatte sich einige Meter weiter verschanzt und lag unter Beschuss. Ethan schaute in die Richtung, in der P. J. sein musste und wo sich Garrett und Donovan treffen sollten.
Er konnte Sam nicht im Stich lassen, aber er musste auch Rachel beschützen. Eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Sein Bruder oder seine Frau.
Er strich Rachel die Haare aus dem Gesicht. In ihren Augen sah er das blanke Entsetzen.
»Hör mir zu, Rachel. Du musst jetzt ganz genau tun, was ich dir sage. Siehst du dort den schmalen Pfad in den Dschungel?«
Er zeigte hinüber, bis sie den Kopf in diese Richtung drehte. Als er sich ganz sicher war, dass sie ihn auch wirklich verstand, sprach er weiter.
»Wenn ich ›jetzt‹ sage, rennst du los, als wäre der Teufel hinter dir her. Immer weiter den Weg entlang, rein in den Dschungel, dann versteckst du dich. Dort sind meine Leute, die werden dich finden.«
Erschrocken starrte sie ihn an. Er zweifelte schon, ob sie überhaupt etwas mitbekommen hatte.
»Komm schon, Rachel, sag was. Sag mir, dass du mich verstanden hast. Ich muss Sam helfen.«
Langsam nickte sie. Er ließ sie los. Sie rappelte sich auf, kam auf die Knie und schaute sich ängstlich um.
Ethan zog das Mikrofon vor den Mund. »Ich brauche Verstärkung. Sam steckt in Schwierigkeiten. Rachel schicke ich zu dir, P. J.«
Als Antwort riss eine Gewehrsalve den Boden hinter Ethan auf. Er schob Rachel vorwärts. »Jetzt! Lauf!«
Sie zögerte keine Sekunde. Wie ein Fohlen, das zum ersten Mal seine Beine unter sich spürt, torkelte sie unbeholfen auf das Dickicht zu. Sie schaute zurück. Er erhob sich so weit, dass sie ihn sehen konnte. Schüsse pfiffen über seinen Kopf hinweg. Ihm stieg der unverwechselbare Geruch von verbranntem Haar und Blut in die Nase. Rachel starrte ihn immer noch an, während er warmes Blut in seinem Nacken spürte.
»Lauf!«, brüllte er.
Er ließ sich wieder fallen und wischte mit der Hand über die Stelle oberhalb seines rechten Ohrs. Sie war blutverschmiert. Aber die meisten Haare waren noch da, und der Kopf selbst auch. Es konnte also nichts Ernstes sein.
Er wartete, bis sie endlich im Dschungel verschwunden war, dann kroch er zu seinem Bruder hinüber. Sam warf ihm einen missbilligenden Blick zu.
»Spar dir die Luft«, sagte Ethan kurz angebunden. »Ich lasse dich nicht allein.«
»Kümmere dich lieber um deine Frau«, schnauzte Sam ihn an. »Ich brauche keinen Babysitter.«
Erneut schlugen Kugeln in die Metallfässer ein, hinter denen sie in Deckung lagen.
»Verdammte Schweinehunde«, knurrte Sam. »Wo bleiben Donovan und Garrett mit den Sprengsätzen?«
Eine Explosion erschütterte das Lager. Beide Männer schützten mit den Armen ihre Köpfe, ringsherum prasselten
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