KGI: Dunkle Stunde (German Edition)
wegnehmen.
Als ob Marlene genau wüsste, was er dachte, schnaubte sie und trat einen Schritt zurück. »Nimm sie ruhig mit, wenn du sie brauchst. Je eher du das Geschäftliche erledigt hast, desto eher habe ich meine Familie wieder unter einem Dach.«
»Nett, wie ihr so über uns verfügt«, sagte Joe grinsend. »Fühlt sich genauso an wie bei der Armee.«
»Also, wenn euer Hilfsangebot ernst gemeint ist, dann könnten Donovan und ich euch durchaus brauchen. Garrett schickt alle drei Stunden einen Bericht, und Rio ist zurück ins Einsatzgebiet geflogen. Cole und Dolphin sind in Fort Campbell, aber die werden mich bestimmt spätestens in vierundzwanzig Stunden nerven, dass ich sie da schleunigst rausholen soll. Steele, Renshaw und Baker wollen unbedingt wieder eingesetzt werden, und ich neige dazu, sie Rio hinterherzuschicken, weil der völlig allein operiert.«
»Nathan und ich … «
»Vergiss es«, fuhr Donovan ihm dazwischen. »Ihr zwei Wahnsinnigen gehört nicht mal zu KGI . Ihr gehört zu Uncle Sam, und der sieht es gar nicht gern, wenn seine Soldaten in fremden Ländern auf eigene Faust in den Krieg ziehen.«
»Am besten kommt ihr mit rüber und übernehmt eine Zeit lang die Kommunikation, während Donovan und ich uns ein paar Stunden aufs Ohr hauen. Ich kann mich kaum noch erinnern, wann ich das letzte Mal die Augen zugemacht habe.«
»Morgen zum Mittagessen seid ihr alle wieder hier«, sagte Marlene energisch.
»Brathähnchen?«, fragte Donovan hoffnungsvoll.
Marlene tätschelte ihm die Wange und nahm ihn dann genauso fest in die Arme, wie sie es zuvor mit Sam gemacht hatte. »Was immer du willst. Aber jetzt geht ihr erst mal nach Hause und schlaft euch aus.«
15
»Rachel! Rachel, Liebling. Wach auf!«
Mühsam kämpfte sich Rachel aus den Tiefen ihres Schlafs in die Wirklichkeit zurück. Müde rieb sie sich die Augen und blinzelte in den hellen Sonnenschein.
Das Flugzeug kam zum Stehen, das Brummen der Motoren erstarb. Ethan saß neben ihr und strich ihr sanft über die Wange. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie bereits gelandet waren. Sie setzte sich auf, aber weil sie sich zu schnell bewegt hatte, wurde ihr ein wenig schwindlig. Ethan nahm sie in die Arme, um ihr Halt zu geben. Garrett, der ihnen gegenübersaß, löste seinen Sicherheitsgurt, ging zur Ausstiegsluke und öffnete sie.
»Bist du so weit?«, fragte Ethan.
»Wo sind wir?«
»Auf dem Landeplatz von Henry County. In ungefähr vierzig Minuten sind wir zu Hause.«
Er half ihr hoch und führte sie zum Ausstieg. Dort nahm Garrett sie bei der Hand und geleitete sie nach unten. Die Sandalen, die ihr Dr. Scofield geliehen hatte, boten ihr keinen guten Halt. Dauernd rutschte sie aus. Die Kleidung war ebenfalls zu groß, aber sie war sauber, und Rachel fühlte sich gut darin, zum ersten Mal seit langer Zeit.
Sam wartete ein paar Meter weiter. In den ausgewaschenen Jeans und dem weißen T-Shirt hätte sie ihn fast nicht erkannt. Ohne seinen Tarnanzug wirkte er gleich viel umgänglicher. Auch sein Gesichtsausdruck war freundlicher, weniger bedrohlich. Jetzt hatte sie nicht mehr ganz so viel Angst vor ihm.
Mit verschränkten Armen lehnte er an seinem Geländewagen und sah ihnen lächelnd zu, wie sie aus dem Privatjet stiegen und die Treppe herunterkamen.
Fest entschlossen, einen möglichst selbstsicheren Eindruck zu machen, straffte sie die Schultern und löste sich aus Garretts und Ethans Griff. Jeder Schritt kam ihr vor wie ein Tritt ins Leere, dennoch ging sie tapfer weiter, bis sie schließlich direkt vor Sam stand.
»Hallo, Sam«, sagte sie mit leiser, aber fester Stimme.
Er strahlte sie an und breitete die Arme aus, machte aber keine Bewegung auf sie zu. Es lag an ihr, die Geste zu erwidern. Sie holte tief Luft und ließ sich in seine Arme fallen. Er drückte sie fest an sich.
»Hallo, Süße«, sagte er. »Willkommen in der Heimat.«
Ihr stiegen Tränen in die Augen, und sie vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter. Er roch wie Ethan. Stark und zuverlässig.
Er drückte ihr einen Kuss aufs Haar und hielt sie schweigend, bis sie sich schließlich löste. Freundlich strich er ihr eine Strähne hinters Ohr.
»Wie geht’s dir?«, fragte er.
»Ich weiß nicht. Ich … ich fürchte mich ein bisschen.«
Ethan legte ihr die Hände auf die Schultern. Instinktiv suchte sie in seinen Armen Schutz. Sanft küsste er sie auf die Schläfe. »Es gibt keinen Grund, sich zu fürchten, Kleines. Du bist jetzt zu Hause, bei Menschen, die dich
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