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Kid & Co - V3

Titel: Kid & Co - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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aus der Ohnmacht erwachte, wußte er, daß er allein war und selbst sterben wollte. Aber er freute sich auf den Tod.
    Er merkte, daß seine Hand auf dem Säckchen ruhte...
    Innerlich mußte er über die Neugierde lachen, die ihn bewog, die Schnur zu lösen. Aber er öffnete es doch, und ein kleiner Strom von Lebensmitteln rann heraus. Kein Stückchen davon, das er nicht kannte, alles Labiskwee durch Labiskwee gestohlen... da waren kleine Brotstücke aus den Tagen, als McCan das Mehl verlor, da lagen Bissen und Streifen von Rentierfleisch, zum Teil schon gekaut... und Krümel von Talg.
    Da war auch ein Hinterbein des Schneehasen, völlig unberührt, und ein Hinterbein und ein Teil vom Vorderbein des weißen Wiesels... ein Flügel vom Schneehuhn mit Merkmalen ihrer Zähne, die es nur zögernd freigegeben hatten, und auch ein Beinknochen, jämmerliche Reste, tragische Entsagungen, ein Kreuzweg der Lebensfreude und des Lebenswillens... kleine Bissen nur, aber durch ihre unendliche Liebe ihrem furchtbaren Hunger entrissen. Mit dem Lachen eines Wahnsinnigen schleuderte Kid den Inhalt des Säckchens in den Schnee und sank wieder in Ohnmacht.
    Er träumte. Der Klondike war ausgetrocknet. Er wanderte durch sein Bett, zwischen schmutzigen Wasserpfützen und eisbedeckten Felsblöcken hindurch und hob große Goldklumpen auf. Allmählich wurde ihr Gewicht so groß, daß er die Last kaum noch tragen konnte, aber da entdeckte er, daß das Gold eßbar war und gut schmeckte. Und er verschlang es gierig. Welchen Wert hatte schließlich das Gold, das die Menschen so priesen, wenn es nicht einmal zu essen war?
    Er erwachte zu einem neuen Tage. Sein Gehirn war sonderbar frei und klar, und er sah keine Nebelflecken mehr vor seinen Augen. Das bisherige gewohnte Zittern, das ihn so lange gequält, war auch verschwunden. Alle Säfte in seinem Körper schienen zu singen, als ob der Frühling selbst ihn erobert hätte. Er fühlte sich so unerhört wohl! Er wandte sich zu Labiskwee um, sah - und erinnerte sich, was geschehen war. Er spähte nach den weggeworfenen Lebensmitteln... sie waren verschwunden. Da verstand er, daß sie in seinen Fieberträumen die Rolle der Goldklumpen gespielt hatten. Im Fieber und im Traum hatte er neuen Lebensmut gewonnen durch das Todesopfer Labiskwees, die ihr Herz in seine Hand gelegt und seine Augen für die Wunder des Weibes geöffnet hatte.
    Er war ganz überrascht, wie leicht er sich bewegte, und staunte, daß er mühelos ihren pelzgekleideten Leib nach dem Kieshang schleppen konnte, wo er ihn bestattete.
    Drei Tage kämpfte er sich weiter nach Westen, ohne daß er etwas zu essen bekam. Gegen Mittag des dritten Tages sank er unter einer Fichte nieder, die an einem breiten offenen Wasser wuchs, von dem er wußte, daß es der Klondike sein mußte.
    Bevor er in die Finsternis versank, öffnete er sein Bündel, sagte der hellen Welt Lebewohl und hüllte sich in seinen Schlafsack.
    Ein schläfriges Zirpen weckte ihn. Die lange andauernde Dämmerung war schon angebrochen. Über ihm, in den Zweigen der Fichte, saßen mehrere Schneehühner. Der Hunger ließ ihn sofort handeln, wenn er seine Handlungen auch sehr langsam vollbrachte. Fünf Minuten vergingen, ehe er überhaupt imstande war, seinen Stutzen an die Schulter zu bringen, und fünf weitere Minuten, ehe er, auf dem Rücken liegend und gerade nach oben zielend, genügend Kraft gesammelt hatte, um zu schießen. Der Schuß ging indessen glatt vorbei. Kein Vogel fiel, aber es flog auch keiner fort. Sie putzten alle schläfrig und schlaff ihre Flügel und raschelten in den Zweigen. Ein zweiter Schuß ging ebenfalls vorbei, weil Kid beim Schießen zusammenfuhr.
    Die Schneehühner blieben indessen weiter sitzen. Er legte seinen Schlafsack mehrmals zusammen und steckte ihn in den freien Raum zwischen seinem rechten Arm und seiner Seite.
    Dann stützte er den Kolben seines Stutzens gegen das Pelzwerk und feuerte wieder... und diesmal fiel ein Huhn herab. Er ergriff es gierig, mußte aber feststellen, daß das meiste Fleisch fortgerissen war. Die schwere Kugel hatte kaum etwas mehr übriggelassen als einen Klumpen blutiger Federn.
    Die Schneehühner flogen immer noch nicht fort, und er entschloß sich, nur nach den Köpfen zu schießen - sonst lieber gar nicht. Er zielte deshalb jetzt nur nach den Köpfen. Immer wieder füllte er das Magazin, er schoß vorbei, er traf... und die dummen Schneehühner, die nicht fortfliegen wollten, fielen wie ein Regen von frischem

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