Kill Decision
ihm zu. Dann sang er mit einem vollen Bariton. Es war ein bewegendes, leidenschaftliches Lied, dessen Text McKinney nicht verstand. Aber sie fühlte die bittersüße Geschichte in der Emotion der Musik. Es war so, wie Foxy dort in Kansas City gesagt hatte: Musik überwand Barrieren. Sie sah, wie recht er mit seiner Überzeugung hatte, dass Musik die Menschen verband. Rings um sie herum war Fröhlichkeit, bei aller Traurigkeit.
Plötzlich tauchte Mouse aus der Menge auf und nahm Doktor Garzas Hand. «Señorita …»
Garza lachte und blickte sich, während er sie auf die Tanzfläche führte, zu McKinney um. «Sie entschuldigen, Professor.»
McKinney lächelte. «Aber unbedingt.»
Im selben Moment tippte ihr jemand auf die Schulter. Sie drehte sich um. Es war Odin. Er stand einen Moment schweigend da, während andere an ihnen vorbeikamen.
McKinney zeigte auf ihre Krücke. «Die Frau Doktor sagt, ich darf nicht –»
«Kommen Sie mit.» Statt die Tanzfläche anzusteuern, winkte er sie mit sich an den Rand der Menge. «Ich muss Ihnen etwas zeigen.»
«Jetzt?»
«Ja. Unsere Gäste sind nur heute Abend hier.» Er ging bereits voraus, und sie folgte ihm an ihrer Krücke. Bald war klar, dass er sie zu einer Scheune nicht weit vom Haupthaus führte. Auf dem Weg dorthin, gleich jenseits des Lichterscheins und Lärms des Festes, sah sie zu ihrer Überraschung bewaffnete Milizionäre im Dunkeln Wache stehen. Sie nickten Odin zu. Es rief ihr eine weitere Grundtatsache des Krieges in Erinnerung – Auszeiten gab es nicht.
Durch das angelehnte Scheunentor führte Odin sie ins Innere, offenbar eine Art Werkstatt. Zwei Männer standen an einer hell beleuchteten Werkbank, ein junger Asiate und ein distinguiert aussehender Mexikaner in den Fünfzigern. Beide waren offensichtlich für das Fest gekleidet, untersuchten jetzt aber die ramponierte Drohne, die Odins Team aus den Teilen der beiden in das Flugzeug eingedrungenen Biester zusammengebaut hatte.
Beide Männer schauten auf, als sie eintraten.
Odin nickte ihnen zu und deutete auf McKinney. «Gustavo, Tegu, das ist die Frau Professor.»
Sie nickten zurück und streckten ihr die Hand hin. «Professor.»
Odin wandte sich an McKinney. «Tegu hat früher als Kommunikationsspezialist für Schmuggler gearbeitet, und Gustavo war Chemieexperte bei dem Drogenkartell, das diese Region kontrollierte.»
«Sie sind Chemiker?»
Gustavo zuckte die Achseln. «Es war nicht mein Ziel, für die Kartelle zu arbeiten, Professor. Ich war Chemieingenieur, aber manchmal bleibt einem keine Wahl. Ich habe Frau und Kinder …»
«Tut mir leid, ich wollte nicht …»
Odin deutete auf die Werkbank. «Ich habe ihnen Proben von den Substanzen geschickt und Tegu gebeten, ein paar Gerätschaften mitzubringen und sich unsere kleine Freundin mal anzuschauen – festzustellen, ob Ihre Pheromontheorie aufgeht.»
McKinney trat an die Werkbank und sah, dass Tegu mit einer Art Voltmeter Kontakte an der schwarzen Drohne prüfte. «Und was haben Sie herausgefunden?»
Gustavo antwortete an Tegus Stelle, wobei er einen der Aluminiumbehälter ergriff, dabei aber auf die tote Drohne zeigte. «Faszinierende Konstruktion. Es handelt sich offenbar um eine Chemikalien abgebende und Chemikalien lesende elektromechanische Maschine. Der Pfeffergeruch, den Sie riechen, ist eine verdünnte Form von Oleoresin capsicum, dem Wirkstoff von Pfefferspray. Diese Kapsel hier enthält o-Chlorbenzylidenmalodinitril, einen Tränenreizstoff, der in Tränengas zur Anwendung kommt. Beides sehr häufige Chemikalien, die bei jeder Art von Aufstand oder Unruhen anzutreffen sind.» Gustavo hielt jetzt die beiden übrigen Kapseln hoch. «Aber das Interessante sind diese beiden hier. Sie enthalten sogenannte chemische Taggants, Markierungsstoffe. Die verwenden Polizeibehörden wie etwa Ihre DEA und ATF zur unsichtbaren Markierung von Drogen oder Bargeld – oder was auch immer. Mit denen hatten wir schon zu tun.» Er hielt eine der Kapseln für alle sichtbar hoch. «Perfluorocarbone – Kohlenstoffverbindungen, die in der Natur nicht vorkommen. Geruchlos, farblos und mit einer vorhersagbaren, messbaren Verflüchtigung. Man kann verlässlich bestimmen, wie lange es her ist, dass sie ausgebracht wurden.»
McKinney sah Odin an. «Genau wie die Pheromonmatrix von Ameisen. Die Botschaft verflüchtigt sich mit der Zeit. Und sie ist einzigartig.»
Gustavo hielt die Kapseln in der flachen Hand. «Das sind zyklische Perfluorocarbon-Tracer,
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