Kill Order
dann kommt vielleicht heraus, dass er zweimal kassiert hat, und das wäre schlecht für sein Geschäft.“
„Was ist mit der Frau?“ Rafiq spürte Erregung in sich aufsteigen. „Hat dein Informant etwas von der Frau gehört?“
„Dir liegt wohl viel an dieser Frau? Am Ende mehr als an deinem Geld?“ Shoufanis Lachen klang voll und dröhnend. „Oh deine Frauen werden eines Tages dein Untergang sein.“ Er wurde schlagartig wieder ernst. „Der Kapitän hat gesagt, dass die Passage für zwei Personen ist. Sie werden übermorgen bei Sonnenaufgang in Zypern landen. Da endet mein Arm. Aber ich bin sicher, dir fällt etwas ein.“
„Das wird es“, sagte Rafiq. „Ich stehe tief in deiner Schuld.“
„Vergiss nicht unsere Verabredung. Dann kannst du berichten, wie alles ausgegangen ist. Und ich kann dir von meiner neuen Geschäftsidee erzählen.“
„Ich freue mich darauf. Mohamed, mein Dank ist grenzenlos.“
„ Masalama . Es ist mir ein Vergnügen.“
Es gab ein Knacken in der Leitung, die Verbindung war unterbrochen. Rafiq sah auf. Triumphgefühl stieg in ihm hoch. „Lev“, sagte er. „Sie haben ihn gefunden.“
*
Carmen musterte die Tür. Das Holz war voller Risse und sah nicht sehr stabil aus. Dann senkte sie den Blick und betrachtete ihre nackten Füße.
Scheiße.
Resignation erfasste sie, doch sie drängte das Gefühl zurück und straffte die Schultern. Sie durfte jetzt nicht schwach sein. Nie zuvor in den vergangenen zwei Tagen hatte sich ihr eine so gute Chance geboten, sich aus ihrer Zwangslage zu befreien. Sie warf sich mit der Schulter voran gegen die Tür. Der Schmerz, den der Aufprall durch ihren Körper schickte, war so heftig, dass ihr ein Keuchen entwich. Ihr wurde bewusst, dass sie noch nie in ihrem Leben eine Tür aufgebrochen hatte. Das war nicht ihr Job gewesen. Sie konnte einen Mann in eine Falle locken, Informationen aus ihm herausziehen, die er freiwillig nie preisgegeben hätte. Grobe Gewalt war nicht ihr Ding.
Trotzdem biss sie die Zähne zusammen und rammte ihre Schulter erneut gegen die Tür. Das Holz federte nach außen, gab aber nicht nach. Erschrocken, beinahe wütend blinzelte sie die Tränen weg. Sie brauchte ein Werkzeug, eine Waffe. Irgendetwas, um das verdammte Schloss aufzubrechen.
Ihr Blick fiel auf die Reisetasche, die Nikolaj von seinem Haus in Hawqa mitgebracht hatte. Sie hob sie hoch und schüttete den Inhalt aufs Bett. Und konnte ihr Glück kaum fassen, als sie zwischen den Kleidungsstücken die Glock mit dem Schalldämpfer entdeckte, die er den Eindringlingen in ihrem Apartment abgenommen hatte.
*
„Was ist los?“, fragte Binyamin Shalev am anderen Ende der Leitung. Seine Stimme klang verschlafen. „Du hast Nerven, mich auf der Nummer anzurufen.“
„Wir haben seine Spur wieder gefunden“, sagte Katzenbaum. „Wir haben ihn, wir müssen nur noch zuschlagen.“
„Was?“ Die Schläfrigkeit verschwand auf einen Schlag.
„Er lässt sich morgen Abend von Schmugglern nach Zypern bringen. Wir wissen, wann und wo sie ihn absetzen.“
„Und wann und wo ist das?“
„Sie erreichen die Küste morgen gegen fünf Uhr früh.“ Katzenbaum verstand nicht, wieso seine Begeisterung nicht auf Shalev übersprang. „Hast du mir zugehört? Zypern! Das ist so gut wie zu Hause. Wir können einen Trupp Kidons schicken und ihn an Ort und Stelle hochnehmen, ohne dass uns irgendjemand ans Bein pinkelt.“
„Wie habt ihr ihn gefunden?“
„Die Syrer haben ihn für uns aufgespürt.“
„Die Syrer“, wiederholte Shalev matt.
„Erzähle ich dir in Ruhe, wenn ich zurück bin.“
„Schreib es in den Bericht. Oder wenn ich’s mir recht überlege, schreib es lieber nicht rein.“ Er schwieg einen Moment. „Cohen macht mir hier die Hölle heiß. Er denkt, dass ihr längst das Land verlassen habt. Du solltest dir besser eine gute Erklärung ausdenken, wo du diese Information her hast.“
„Was heißt das?“
„Dass ihr seit anderthalb Tagen ohne offizielle Genehmigung operiert. Aber das weißt du, das habe ich dir gesagt.“
„Er hat immer noch die Frau in seiner Gewalt.“ Katzenbaum hatte plötzlich einen schalen Geschmack im Mund. „Carmen Arndt.“
„Diese Deutsche, die für uns arbeitet.“
„Er wird sie wahrscheinlich mitnehmen.“
„Das heißt, wir kriegen sie vielleicht doch noch frei.“ Eine lange Pause entstand.
„Binyamin, du kannst das jetzt nicht abblasen. Wir müssen das zu Ende bringen. Das ist eine große Chance,
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