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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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daran, dass Delacroix hier zu Hause war und sich deshalb keine Sorgen machte. Sur war sein Heimathafen, hier standen viele Leute auf seiner Lohnliste. Ohne Zweifel fühlte er sich sicher in der Stadt.
    Delacroix sprach Französisch mit einem weichen Marseiller Dialekt. Er lebte seit dreißig Jahren im Libanon, erklärte er, und hatte den ganzen verdammten Bürgerkrieg mitgemacht, von Anfang bis Ende. „Zuerst habe ich Waffen transportiert, dann Hilfsgüter und Medikamente. Und jede Menge Flüchtlinge.“ Er blickte zu Manuel herüber und hob eine Hand. „Gib mir ein Bier.“ Dann wandte er sich wieder Nikolaj zu. „Hören Sie, ich habe meinen Beitrag zu diesem Krieg geleistet. Keiner kann sagen, ich hätte nur zugeschaut.“
    Mittlerweile war die Nacht hereingebrochen. Die Taverne füllte sich. Die Luft war warm und dick von Zigarettenqualm. Nikolaj fragte sich, ob er dem Franzosen vertrauen konnte. „Und Sie“, fragte Delacroix, „müssen also dringend das Land verlassen?“
    Nikolaj nickte. „Manuel hat gesagt, dass Sie auch Beförderungsrouten ohne Passkontrolle anbieten können.“
    Delacroix lachte. „Hat er das? Seine lose Zunge wird noch mal sein Tod sein.“ Übergangslos wurde er ernst. „Wer garantiert mir, dass Sie echt sind?“
    „Was?“
    „Sehen Sie, ich bin ein ehrlicher Unternehmer. Ich transportiere Fracht für meine Kunden.“ Seine Stimme bekam einen schwer definierbaren Unterton. „Ich würde natürlich nie etwas Illegales tun.“
    „Ach so.“ Nikolaj lehnte sich zurück. „Ich versichere Ihnen, ich arbeite für niemanden, der Leuten wie Ihnen an den Karren fahren will. Ich suche einfach nur eine Passage außer Landes.“
    Delacroix’ Augen verengten sich.
    „Es gibt kein Risiko für Sie. Nehmen Sie mich an Bord, wo Sie wollen. Ich gebe Ihnen das Geld und Sie setzen mich auf der anderen Seite wieder ab. Was kann schief gehen?“
    „Ich nehme an, Sie möchten einer Begegnung mit den Küstenwachen möglichst aus dem Weg gehen?“
    „Ganz genau.“
    „Wann wollen Sie denn abreisen?“
    Nikolaj stellte erleichtert fest, dass Delacroix mit einem Mal einen geschäftsmäßigen Ton anschlug. Der schwierige Teil war geschafft. Jetzt ging es nur noch um die Bedingungen, zu denen sie den Handel abschließen würden.
    „So bald als möglich. Wann machen Sie Ihre nächste Tour?“
    „Morgen Abend“, erwiderte der Franzose. „Nach Zypern.“
    Nikolaj lächelte. „Morgen Abend passt mir.“
    „ Bien. Ausgezeichnet. Ich werde einige Leute bestechen müssen. Damit sie meinen Frachter nicht durchsuchen. Das wird mich ziemlich viel Geld kosten.“
    „Wie viel?“
    „Dreitausend Dollar.“
    „Diese Leute müssen Sie doch sowieso schmieren. Das ist in Ihren Unkosten schon enthalten. Ich zahle Ihnen tausend Dollar und das ist ein guter Preis.“
    „Vergessen Sie’s.“ Delacroix machte Anstalten, sich von seinem Barhocker zu erheben. „Das ist mir das Risiko nicht wert.“
    „Fünfzehnhundert.“
    Der Kapitän ließ sich zurücksinken. „Eigentlich hasse ich diese Feilscherei. Die verdammten Levantiner hier, die feilschen sogar, wenn es um das Begräbnis ihrer Mutter geht. Wo kommen Sie her, mein Freund?“
    Nikolaj hob eine Augenbraue. „Mein Großvater kam aus Paris“, log er.
    „Also fast ein Landsmann.“ Delacroix grinste. „Allerdings wird Ihnen das beim Preis nicht helfen. Zweitausendfünfhundert. Und das ist mein letztes Wort.“
    „Zweitausend“, sagte Nikolaj, „und der Preis gilt für zwei Personen.“
    „Wer ist die zweite Person?“
    „Meine Frau.“
    „Ihre Frau? Bien .“ Der Franzose nahm noch einen Schluck aus der Bierflasche und wischte sich mit dem Handrücken den Schaum von den Lippen. „Abgemacht.“
    „Die Hälfte des Geldes bekommen Sie, wenn wir an Bord gehen. Den Rest bei Ankunft in Zypern.“
    Delacroix zuckte mit den Schultern. „Einverstanden.“
    „Wo treffen wir uns?“
    „Kennen Sie sich in der Gegend aus?“
    „Nein.“
    „Manuel!“, rief der Kapitän über den Tresen. „Gib mir mal Stift und Papier!“
     
    *
     
    Vorsichtig drehte Carmen ihr Handgelenk in der Fessel. Da war mehr Luft als zuvor. Vor, zurück. Halbe Drehung. Vor, zurück. Das Klebeband weitete sich.
    Vor. Zurück.
    Nur sie und die Dunkelheit. Und die leise schabenden Geräusche, mit denen das Klebeband über den Bettpfosten schrammte. Der monotone Rhythmus war wie ein Wiegen, das matt und schwer die Sinne einlullte.
    Aber sie war hellwach. Ihre Nerven vibrierten. Sie

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