Kill Order
spekulieren.
„Ich kann das nicht glauben, dass die mich umlegen wollten.“ Carmens Stimme war flach und reflektierte verzögerten Schock.
„Besser, du findest dich damit ab. Hast du einen Plan B?“
„Was?“
„Einen Plan für den Fall, das etwas schief geht. In deinem Job solltest du so etwas haben.“
Carmen schüttelte den Kopf. Sie durchquerten die ersten Ausläufer von Limassol. „Was machen wir jetzt?“
Er bremste vor einer roten Ampel. „Steig aus, wenn du willst.“
„Ist das dein Ernst?“
„Mein voller Ernst“, hörte er sich sagen. „Wenn du gehen willst, halte ich dich nicht auf.“
Und vielleicht war es das Beste, wenn sie einfach den Wagen verließ. Er würde einen Weg finden, seine Spuren zu verwischen. Hier konnte er untertauchen. Sie streckte die Hand aus und öffnete die Tür. Mitten in der Bewegung hielt sie inne. Dann, mit einem Ruck, zog sie die Tür wieder zu. „Nein.“ Um ihre Lippen spielte ein schwaches Lächeln. „Ich habe meine Meinung geändert.“
„Warum?“ Erleichterung flutete über ihn hinweg. Überraschung. Und ein irrationales Glücksgefühl.
„Können wir uns nicht zusammentun? Eine strategische Allianz auf Zeit?“
Er setzte zu einer Antwort an, aber sie sprach weiter, ohne ihn zu Wort kommen zu lassen.
„Ich dachte vorhin, das sind meine Leute.“ Ihre Stimme gewann an Heftigkeit. „Ich dachte wirklich, das war’s, Ende der Geschichte. Ich bin raus, nehme mein Geld und kann nach Hause fahren. Und dann schießen sie auf mich. Kannst du dir vorstellen, wie ich mich fühle? Bei dir weiß ich wenigstens, woran ich bin. Bei denen nicht. Ich komme mir verarscht vor, und das ist nicht komisch, wenn es dabei um mein Leben geht.“
Er holte tief Atem.
„Ich weiß zu schätzen“, sagte sie, „dass du Rafiq verschont hast.“
Seine Kehle verengte sich. „Das ist alles nicht so einfach.“
„Nein, ist es nicht.“ Sie senkte den Kopf und betrachtete ihre Hände.
Er spürte, wie die Zeit sich dehnte. Die Ampel vor ihm schaltete auf Grün. Er gab Gas und ordnete sich in die Spur ein.
Um sie erwachte Limassol zum Leben.
Das Netz
25
A
ls Rafiq zu sich kam, schmeckt er Blut. Kopfschmerzen tobten durch seinen Schädel. Dem Stand der Sonne nach musste es später Vormittag sein. Fluchend richtete er sich auf. Seine Kehle schmerzte noch immer von dem Hieb, den Fedorow ihm versetzt hatte. Nicht weit entfernt entdeckte er die beiden Toten. Von Carmen natürlich keine Spur.
Er musste mehrere Stunden bewusstlos hier gelegen haben. Wieso war noch kein Backup-Team aufgetaucht? Oder Katzenbaum? Was war mit Katzenbaum geschehen? Panik stieg in ihm hoch. Er drehte sich einmal um seine eigene Achse. Ein leiser Wind bewegte die Baumkronen. Grillen zirpten.
Er starrte auf die Leichen hinunter. Sein Blick fiel auf den Dolch, der im Boden steckte. Er bückte sich und zog die Waffe aus der Erde. Mit dem Daumen reinigte er die Klinge vom Sand. Es war ein Uzi LT Automatic, ein Kampfmesser, das bei den israelischen Spezialeinheiten verbreitet war. Steifbeinig stand er auf und ging hinüber zu dem zweiten Toten. Sofort fiel ihm die Tätowierung auf dem entblößten Unterarm ins Auge. Ein geflügeltes Schwert, das Signet der Sayeret Mat’Kal, der Einheit , wie die Elitekämpfer innerhalb der israelischen Armee genannt wurden. Irritiert starrte er das Emblem an. Das war seltsam. Die Sayeret Mat’kal waren eine Antiterroreinheit, die zudem dem Aman unterstellt war, nicht dem Mossad. Katzenbaum hätte doch etwas gesagt, wenn Tel Aviv Leute vom Sayeret Mat’kal geschickt hätte.
Er rekapitulierte die Minuten vor dem Kampf mit Fedorow. Die beiden Männer hätten Carmen getötet, wenn Nikolaj sie nicht erschossen hätte. Aber das ergab keinen Sinn. Sie mussten gewusst haben, dass Carmen nur eine Geisel war und zu ihnen gehörte.
Er suchte sich seinen Weg zurück zum Bachbett. Jeder Schritt jagte eine schmerzhafte Erschütterung durch seinen Schädel. Die Panik war immer noch da, aber jetzt mischte sich Wut hinein. Wut und Frustration, die sich gegen ihn selbst richteten. Er hatte Fedorow unterschätzt. Irgendwo in seinem Unterbewusstsein war noch immer das Bild des Nikolaj, den er vor fünfzehn Jahren gekannt hatte. Dieser Nikolaj war ein durchschnittlicher Kämpfer gewesen, der viel lieber zeichnete, als an den Waffen zu trainieren.
Andererseits war er selbst auch nicht viel besser gewesen. Sie hatten es eben alle für ein Spiel gehalten.
Ein Stück den
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