Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
Vom Netzwerk:
Schießerei hineinstürmen, ohne zu wissen, was vor sich ging? Unschlüssig folgte er dem trockenen Bachbett, das zwischen den Terrassen nach unten führte, dann blieb er abermals stehen. Dunst hing über der Küste; es war noch immer zu dunkel, um mehr zu erkennen als die Umrisse der Bäume und den hellen Sandstreifen, der die Uferlinie markierte.
     
    *
     
    Carmen hatte Mühe zu atmen. Der Schmerz in ihrem verletzten Knie trieb ihr die Tränen in die Augen. Sie achtete nicht länger darauf, sich geräuschlos zu bewegen. Ihre Verfolger hatten sie längst entdeckt und waren dicht hinter ihr. Sie rannte parallel zum Bachbett, mit stechenden Lungen und in Todesangst, immer weiter bergan.
    Ein Stück über ihr löste sich eine Gestalt aus dem Dunst. Carmen stolperte, stürzte und richtete sich schwerfällig wieder auf. Als sie den Kopf drehte, sah sie, dass ihre Verfolger nur noch wenige Meter entfernt waren. Die Männer waren zu zweit. Sie trugen dunkle Nylonkleidung und Masken, die nur die Augen freiließen. Einer von ihnen hob seine Waffe. Sie erstarrte. Die Zeit schien sich zu dehnen. Der Wind verwirbelte ihr Haar und brachte den Geruch von Thymian und frischer Erde mit. Ein Detail, das sie in diesem Moment mit unnatürlicher Schärfe erfasste, ebenso wie die Kühle auf ihrer Haut und das Rauschen der Brandung. Der Mann schwenkte das Sturmgewehr ein wenig nach oben, so dass sie direkt in die Mündung starrte.
    Sein Finger schmiegte sich um den Abzug. Eine Salve löste sich, ein ohrenbetäubendes Stakkato. Nahezu paralysiert verfolgte sie, wie der Mann in den Knien einknickte. Er verriss das Gewehr, die Schüsse gingen ins Leere, er sackte zusammen. Der zweite Mann fuhr herum, zwei einzelne Schüsse krachten in die plötzliche Stille. Die Wucht der Einschläge schleuderte ihn zurück. Er schlug auf dem Boden auf und rutschte noch ein Stück weiter den Hang hinunter.
    Carmen stieß keuchend die Luft aus. Der Schock traf sie mit Verzögerung. Ein Zittern überlief ihren Körper. „Oh Gott“, murmelte sie, ohne zu verstehen, was eigentlich geschehen war. „Oh Gott.“
    Wie in Trance schüttelte sie den Kopf, eine gleichförmige Bewegung, mit der sie einfach nicht aufhören konnte. Auch nicht, als eine Hand sie an der Schulter packte. Jemand wiederholte ihren Namen. Eine Hand traf sie im Gesicht. Ein leichter Schlag, der nicht schmerzte, sie aber in die Realität zurückholte. Lethargisch drehte sie den Kopf. Nikolaj. Sie war so erleichtert, ihn zu sehen, dass ihr Tränen in die Augen stiegen.
    Seine Stimme war rau vor Sorge. „Ist alles okay?“
    „Oh Gott, sie haben auf mich geschossen.“ Sie starrte ihn an, während er an seiner Pistole hantierte. „Sie haben auf mich geschossen.“ Ihr Verstand weigerte sich immer noch, das zur Kenntnis zu nehmen. Mit einem Klicken glitt das leere Magazin aus dem Kolben seiner Beretta.
    „Kannst du gehen?“
    „Ja“, murmelte sie. „Ja klar.“
    „Gut.“ Mit dem Handballen rammte er das frische Magazin in den Griff und zog den Schlitten zurück.
     
    *
     
    Rafiq fuhr herum, als ganz nah eine automatische Schusssalve explodierte. Er sah Carmens schmale Gestalt, kaum dreißig Meter entfernt. Dicht vor ihr zwei Männer. Einer stürzte, das Mündungsfeuer seiner Maschinenpistole richtete sich in den Nachthimmel. In die plötzliche Stille danach explodierten zwei einzelne Schüsse. Der zweite Mann brach zusammen. Einen Lidschlag später tauchte der Schütze zwischen den Bäumen auf.
    Fedorow.
    Er musste es sein. Der Russe blieb vor Carmen stehen und beugte sich zu ihr hinab. Mit einem Ruck setzte Rafiq sich in Bewegung. Seine Gedanken fühlten sich plötzlich sehr klar an, wie mit einer Kristallschicht überzogen. Er streifte die Jacke beiseite und zog das Messer aus der Nylonscheide an seinem Gürtel. Obwohl er schnell lief, achtete er darauf, keinen Lärm zu machen. Fedorow wandte ihm den Rücken zu, damit beschäftigt, seine Pistole nachzuladen. Carmen richtete sich schwerfällig auf.
    Noch fünf Meter.
    Rafiq drehte das Messer in seiner Hand, so dass die Klinge abwärts gerichtet war. Der Kunststoff fühlte sich glatt und fest unter seinen Fingern an.
    Vier Meter.
    Carmen drehte den Kopf.
    Drei.
    Ihre Augen weiteten sich. Gleich würde Fedorow ihn entdecken, schoss es Rafiq durch den Kopf.
    Zwei.
    Er musste ihn entwaffnen, bevor es dem Russen gelang, die Pistole abzufeuern. Aus dem Lauf heraus setzte er zum Sprung an.
     
    Der Aufprall riss Nikolaj von den Füßen und

Weitere Kostenlose Bücher