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Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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kommst du unter?«
    »Im verfickten Ritz-Carlton, Alter. Und, was gehden?«, antwortet er, und ich wünsche mir auf der Stelle, nicht gefragt zu haben.
    ***
     
    Die Tür geht auf. »SCHTEEVEN! FAANTASTISCH! FAANTASTISCH! KOMM REIN! KOMM REIN!« Rudi Gertschlinger umarmt mich, während er uns in seine Suite im Martinez geleitet. Sie ist so geschmacklos wie imposant: ein gewaltiger Salon aus kitschigen Möbeln und vom Boden bis zur Decke reichenden Bogenfenstern mit Blick auf die Croisette und, dahinter, das Meer. Inzwischen ist es dunkel. Hier und da funkeln die Lichter einiger Luxusjachten in der Nacht. Die Suite ist beinahe so geschmacklos-imposant wie Rudi selbst. In den späten Vierzigern, das silberne Haar zum Pferdeschwanz zurückgebunden, hat er das Gesicht eines gut genährten SS-Kommandanten.
    Wir nehmen auf dem geblümten Sofa Platz, und einer seiner Günstlinge mixt Drinks, während Rudi mit seiner Litanei fortfährt, die Stimme eine Nuance leiser auf das noch immer unerträgliche Level gesenkt, das ihm für normale Konversation angebracht scheint. »Wie ist es dir so ergangen, mein Freund? Es ist viel zu lange her! Ich muss dir dafür danken, wie du das mit unserer letzten Platte geregelt hast! Und danke, dass du mir die Goldenen Schallplatten aus England geschickt hast! Wir haben versucht, sie aufzuhängen, aber – weißt du – wir haben kaum noch Platz an den Wänden. Äh … Günter?«
    »Ja.«
    Es wird Günters einziger Beitrag zum Meeting bleiben. Er reicht Darren und mir eimergroße Tumbler mit Buck’s Fizz. Verfickte Deutsche. Darren, nervös, kippt sich die Hälfte der widerlichen orangenen Wichse in einem Rutsch hinter die Binde.
    »Wann seid ihr angekommen?«, frage ich und blicke mich derweil ein bisschen um. Rudi scheint sich bereits häuslich eingerichtet zu haben. In einer Ecke türmt sich blinkend schwarzes Hi-Fi-Equipment.
    »Ach, erst heute Morgen. Ich habe Günter und Anna gestern vorausfliegen lassen, um die Dinge vorzubereiten. Du kennst mich, Schteeven! Zeit ist Geld! Ich bin – wie hast du es noch genannt? – hardcore! ICH BIN FUCKING HARDCORE!« Der durchgeknallte Bastard lacht sich einen Ast – und wir gackern mit.
    Rudis Firma ist die DMG – Dance Music Group. Ich vermute, für den Namen dürfte er eine Weile gebraucht haben. Das Unternehmen besitzt ein riesiges Gebäude in einem Vorort von Hamburg. Die Büros im obersten Stock beherbergen seine drei Plattenlabels, seine Management- und Videoproduktionsfirmen (er hat von Pornografie auf Musik umgesattelt). Eine Etage darunter befinden sich einige kleine Aufnahmestudios, und im Erdgeschoss liegt schließlich das »Technotron«, Rudis Nachtclub.
    Die Sache funktioniert folgendermaßen: Er hat Teams mit Songwritern, Tontechnikern und Produzenten, die in allen drei Studios rund um die Uhr arbeiten. Es sind junge Kids, die sich nichts sehnlicher wünschen, als es im Musikgeschäft zu schaffen. Also zahlt Rudi ihnen ein winziges Gehalt und überlässt ihnen kostenlos Studiozeit, damit sie an ihren eigenen Tracks arbeiten können. Sie bekommen so gut wie nichts von den Plattenverkäufen, und Rudis Name erscheint als Co-Songwriter auf sämtlichen Tracks, die dort entstehen.
    Zu Rudis Verteidigung sei erwähnt, dass er gelegentlich in eines der Studios kommt, um die Musiker anzubrüllen, sie sollen es »HÄRTER!«, »SCHNELLER!« oder »ABGEFAHRENER!« machen. Erstaunlicherweise halten die meisten von ihnen das für einen guten Deal. Zumindest eine Zeit lang. Zwangsläufig bekommen sie irgendwann Wind davon, wie kaiserlich Rudi sie fickt, und fragen dann, was sie eigentlich davon haben. An diesem Punkt deutet Rudi a) auf den Wisch, den sie unterschrieben haben, als sie bei ihm anfingen, und b) auf die verfickte Tür.
    Und wie schreibt man einen Song? Mit den Worten eines meiner Helden, des großartigen, leider verstorbenen Morris Levy: »Du sperrst ein paar Kids in einen Raum, bastelst dir einen Beat, du klaubst ein paar Worte zusammen. Boom. Du hast einen Song.« Das war Levys Statement gegenüber dem Richter, als man ihn, bezüglich seiner Rolle im kreativen Prozess hinter all den Hitplatten, auf denen sein Name als Co-Songwriter auftauchte, ins Kreuzverhör nahm. Selbstverständlich hatte er einen feuchten Scheißdreck geschrieben. In Wahrheit hat eine Abteilung unterwürfiger Mohren die Songs verfasst, für einen Hungerlohn zwar, aber dank eines gelegentlichen Brathähnchens und eines noch gelegentlicheren Cadillacs (mit

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