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Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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einfach bleiben. Geht hin und werdet Buchhalter, IT-Spezialist oder etwas in dieser Art. Besorgt euch einen richtigen, verfickten Job, ihr dummen Wichser.
    ***
     
    »Ich liebe Sport, denn ich bin ein fanatischer Wettkämpfer. Wenn wir Tennis spielen und du gewinnst, werde ich meinen Schwanz rausholen und auf das gottverdammte Netz pissen.«
    Don Simpson
    ***
     
    »Meine Damen ünd ’erren, wir beginnen nun mit unserem Landeanflug auf Nizza. Bitte kehren Sie zu ihrem Sitz zurück, und schnallen Sie …«
    Sie quatscht weiter. Ich schaue aus dem Fenster, als die Maschine sich nach links in die Kurve legt und aus den Wolken heraus in den Sinkflug auf die ins Mittelmeer ragende Landebahn übergeht. Die einsetzende Dämmerung taucht den Himmel zu unserer Rechten, den Himmel über Afrika, in ein atemberaubendes Farbenspiel – violett, gold, orange, rot. Wir gähnen und wenden uns schnell wieder unseren Ausgaben von Loaded, NME und Music Week zu. »Die Ortszeit ischt genau neunzehn Uhr und zwanzig Minuten.«
    »Alles klärchen!«, flötet Trellick im Sitz neben mir. »Das heißt: Cocktailzeit!«
    MIDEM. Irgendwann, mitten in den Swinging Sixties, haben ein paar tuntige Froschfresser beschlossen, dass es doch cool wäre, in Südfrankreich eine nette kleine Messe für die Musikindustrie zu veranstalten. Dreißig Jahre später fallen in der letzten Januarwoche knapp 10000 schmarotzende Irre aus allen Ecken der Welt über Cannes her, um kollektiv durchzudrehen: In einer einwöchigen Orgie, halb Kontaktbörse, halb Schnäppchenmarkt, wird Champagner gesoffen, Hummer geschlungen, Koks geschnupft und das Spesenkonto bis zum Anschlag ausgereizt. Das Palais de Festivals an der Croisette beherbergt Hunderte von Ständen, an denen Plattenlabels, Verlage, Presswerke und Merchandise-Firmen – alles, was direkt oder indirekt mit dem Music Biz zu tun hat – ihren Geschäften nachgehen und ihre Ware verhökern.
    Das Flugzeug ist randvoll mit Businessvolk. Ein Absturz der Maschine hätte verheerende Auswirkungen auf Londons Kokain-, Prostitutions- und Privatclubgewerbe.
    Das Gummi der Räder reibt mit einem comicstriphaften »EEEK!« über den Asphalt der Rollbahn, und wir öffnen bereits die Gurte und greifen nach unseren Reisetaschen. Unsereins reist auf diesen Trips ausschließlich mit Handgepäck. Wenn jemand aus unserer Firma auch nur ein einziges Gepäckstück einchecken würde, könnte er sich genauso gut dabei erwischen lassen, wie er in der Toilette einem der Stewards auf Knien einen bläst. Die Major-Label-Typen bevorzugen Reisegepäck von Mullberry und Prada, während die Indie-Jungs Plattentaschen mit gestickten oder aufgedruckten Logos ihrer Labels umgehängt haben: Soma, Talking Loud, Nova Mute, JDJ, Rising High, Moonshine und viele mehr. Diese Pfeifen haben garantiert auch klobige Riesenkisten voller Platten eingecheckt: die Promos und Weißmuster, mit denen sie in den nächsten Tagen an den Ständen hausieren gehen und verzweifelt versuchen, irgendwelche Drecks-Tracks für ein paar Hundert Pfund zu lizenzieren, um zumindest einen Teil der Kohle für den Trip wieder reinzukriegen. So machen die Indie-Jungs Geschäfte. Jene von uns, die weiter oben in der Nahrungskette stehen, halten Meetings in den kühlen, klimatisierten Suiten der großen Hotels ab.
    Ich schaue mich nach meinen A&R-Kollegen um, die – allesamt mit Champagner und Wodka-Tonic besudelt – anfangen, sich gegenseitig anzublöken. Das ist die Speerspitze der Musikindustrie. Die vorderste Front. Wir sind das SEK. Die verfickte GSG9. Es gehört zu unserem Job, schnelle Entscheidungen mit Hunderttausenden, oft Millionen Pfund Einsatz zu treffen. Selten sind es mehr als Ahnungen oder Gerüchte, die den Ausschlag für diese Entscheidungen geben. Und häufig werden sie unter Einwirkung von Drogen, Alkohol, Zielgruppenparanoia und panischer Angst getroffen.
    Die panische Angst ist ein Dauerzustand, denn – und das gilt es zu verstehen – niemand von uns hat auch nur den blassesten Schimmer, was er da eigentlich tut. Es gibt kein Trainingsprogramm, keine Gebrauchsanweisung. Zu behaupten, der Job (vorherzusagen, dass die Sängerin mit der erotisch-rauchigen Stimme, Nummer 3, mehr Platten als die Nummern 1, 2 und 4 bis 99 verkaufen wird, oder dass die Gitarrenband mit dem Halbstarkenimage C in sechs bis zwölf Monaten die nationale Jugend in größerem Maße verzaubern wird als die Gruppen A, F, P oder Z) sei keine präzise Wissenschaft, kommt der Aussage nahe,

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