Killeralgen
Zavala Recht hatte, doch sein Instinkt zog ihn zu dieser Insel.
»Wir haben dafür gesorgt, dass das Wasserflugzeug sich hier bereithält«, erklärte er dem Navyoffizier. »Wir fliegen zurück zu den Azoren und nehmen dort einen Jet. Mit ein wenig Glück können wir schon morgen Ihre geheimnisvolle Insel näher in Augenschein nehmen.«
»Ich hatte gehofft, dass Sie das sagen.« Muller lächelte zufrieden.
Weniger als eine Stunde später hob das Wasserflugzeug ab und stieg in den Himmel. Die Maschine beschrieb einen weiten Kreis über dem Forschungsschiff und dem Kreuzer und nahm dann Kurs auf die Azoren, womit Austin und Zavala sich auf der ersten Etappe ihrer Reise ins Ungewisse befanden.
28
Darnay wohnte in einem umgebauten Bauernhaus mit roten Dachziegeln und Stuckfassade, das auf die Altstadt von Aixen-Provence hinabschaute. Skye hatte den Antiquitätenhändler vom Bahnhof aus angerufen, um ihm mitzuteilen, dass sie angekommen war, und Darnay wartete an der Haustür, als das Taxi sie vor seiner Villa absetzte. Sie umarmten sich, küssten sich auf beide Wangen, dann führte Darnay sie zu einer breiten Terrasse, die bis an einen von Sonnenblumen gesäumten Swimmingpool heranreichte. Er nötigte sie, an einem schmiedeeisernen Tisch mit Marmorplatte Platz zu nehmen, und schenkte zwei Kir-Cocktails aus Weißwein und Cassis ein.
»Du hast keine Ahnung, wie sehr ich mich freue, dich zu sehen, meine Liebe«, sagte Darnay.
Sie stießen mit den Gläsern an und tranken von der kalten süßen Mixtur.
»Es tut richtig gut, hier zu sein, Charles.« Skye schloss die Augen und ließ den Sonnenschein ihr Gesicht wärmen, während sie die Luft einsog, die mit dem Duft von Lavendel getränkt war.
»Du hast nicht viel erzählt, als du angerufen hast«, sagte Darnay. »Ich gehe davon aus, dass dein Besuch bei den Fauchards angenehm war.«
Sie schlug die Augen auf. »So angenehm, wie zu erwarten«, antwortete sie.
»
Bon.
Und hat Mr. Austin es genossen, meinen Rolls zu fahren?«
Skye zögerte. »Ja und nein.«
Darnay runzelte die Stirn.
»Ehe ich dir erzähle, was passiert ist, solltest du uns lieber einen weiteren Drink eingießen.«
Darnay füllte ihre Gläser erneut, und Skye verbrachte die nächsten fünfundvierzig Minuten damit, die Ereignisse im Schloss der Fauchards zu schildern, und zwar von dem Moment an, als Emil sie an der Eingangstür begrüßte, bis zu ihrem Wahnsinnsflug im gestohlenen Flugzeug. Darnays Gesicht wurde mit jeder Enthüllung ernster.
»Dieser Emil und seine Mutter sind Monster!«, sagte er.
»Das mit deinem Wagen tut uns schrecklich Leid. Aber wie du siehst, war es unter den gegebenen Umständen nicht zu vermeiden.«
Ein breites Lächeln wischte Darnays ernsten Gesichtsausdruck weg. »Wirklich wichtig ist alleine, dass dir nichts zugestoßen ist.
Der Verlust des Rolls hat keinerlei Auswirkungen. Der Wagen hat mich einen Bruchteil dessen gekostet, was er wirklich wert ist.
Er war ein ›Schnäppchen‹, wie man so schön sagt.«
»So etwas habe ich mir schon gedacht.«
Darnay hielt nachdenklich inne. »Deine Beschreibung von Jules Fauchards Porträt finde ich hochinteressant. Bist du sicher, dass er denselben Helm trug?«
»Ja. Hast du hinsichtlich der Identifikation irgendwelche Fortschritte gemacht?«
»Sogar sehr große.« Er leerte sein Glas. »Wenn du dich ausreichend erholt hast, werden wir Weebel einen Besuch abstatten.«
»Was ist ein Weebel?«
»Nicht
was
, sondern
wer
. Oskar Weebel ist ein Elsässer, der in der Stadt wohnt. Er hat den Helm.«
»Das verstehe ich nicht.«
Darnay erhob sich und ergriff Skyes Hand. »Das wirst du, wenn du ihn kennen lernst.«
Wenige Minuten später saßen sie in Darnays Jaguar und jagten über eine schmale, gewundene Straße. Darnay lenkte den Wagen lässig um die Haarnadelkurven, als befände er sich auf einer schnurgeraden Autobahn.
»Erzähl mir mehr von deinem Freund«, bat Skye, während sie durch die Gassen der Altstadt rollten. Darnay bog in eine schmale Straße zwischen dem Atelier de Cézanne und der Cathédrale Saint Sauveur ab.
»Weebel ist ein meisterlicher Kunsthandwerker«, erklärte Darnay. »Einer der besten, die mir je untergekommen sind. Er stellt Reproduktionen von antiken Waffen und Rüstungen her.
Den größten Teil seiner Produktion hat er delegiert. Aber seine eigenen Arbeiten sind so gut, dass einige der schönsten Museen und kritischsten Sammler der Welt keine Ahnung haben, dass das, was sie für echte antike
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