Killeralgen
schwappte. Als sie die Augen wieder aufschlug, war der Mann verschwunden.
Skye schaute sich um und stellte fest, dass sie sich in dem Zimmer befand, in dem sie das Katzenkostüm für den Maskenball der Fauchards angezogen hatte. Sie erinnerte sich, wie sie zur Tür ihres Apartmenthauses gegangen war, und forschte intensiver in ihrem Gedächtnis. Da fiel ihr das amerikanische Ehepaar ein, das sich angeblich verlaufen hatte.
In dessen Wagen war sie von einer Biene gestochen worden und in einem bodenlosen Schacht versunken.
Herrgott im Himmel, sie war gekidnappt worden!
Sie setzte sich im Bett auf und schwang die Beine über die Kante. Sie hatte einen metallenen Geschmack im Mund, wahrscheinlich erzeugt durch die Substanz, die man ihr injiziert hatte, um sie zu betäuben. Sie atmete tief durch und erhob sich.
Sofort begann der Raum sich um sie zu drehen. Sie stolperte ins Badezimmer und erbrach sich ins Waschbecken.
Skye betrachtete ihr Spiegelbild und erkannte dabei kaum ihr eigenes Gesicht. Es war geisterhaft bleich, ihre Haare waren schlaff und strähnig. Doch sie fühlte sich besser, nachdem sie sich den Mund ausgespült und kaltes Wasser ins Gesicht gespritzt hatte. Sie kämmte mit den Fingern ihr Haar zurück und strich so gut es ging die Knitterfalten aus ihrer Kleidung.
Als Marcel ein paar Minuten später die Tür öffnete, ohne anzuklopfen, und ihr mit einer Geste bedeutete, sie solle ihm folgen, war sie bereit. Sie schritten durch die langen, mit Teppichen ausgelegten Korridore und passierten am Ende auch die Ahnengalerie. Sie hielt Ausschau nach dem Porträt von Jules Fauchard, doch es war verschwunden, und an seiner Stelle befand sich ein weißer Fleck an der Wand. Dann blieben sie vor Madame Fauchards Büro stehen.
Marcel lächelte Skye seltsam an, klopfte dann sanft an die Tür, öffnete sie und schob Skye hinein. Sie sah sofort, dass sie nicht alleine war. Eine blonde Frau saß hinter Madame Fauchards Schreibtisch und blickte aus dem Fenster. Als die Tür mit einem Klicken ins Schloss fiel, drehte sie sich mit ihrem Sessel um und musterte Skye.
Die Frau war Mitte bis Ende vierzig und hatte einen glatten, cremefarbenen Teint, der in scharfem Kontrast zu den forschenden grauen Augen stand. Sie verzog die roten, beinahe üppigen Lippen zu einem Lächeln. »Guten Tag, Mademoiselle.
Wir haben Ihre Rückkehr bereits erwartet. Schließlich haben Sie uns auf eine höchst spektakuläre Art und Weise verlassen.«
Skyes Gedanken rasten. Sie fragte sich, ob sie noch immer unter den Nachwirkungen der Droge litt, die man ihr verabreicht hatte.
»Setzen Sie sich«, sagte die Frau und deutete auf einen Stuhl vor ihrem Schreibtisch.
Skye gehorchte und bewegte sich dabei wie eine lebende Tote.
Die Frau musterte Skye sichtlich belustigt.
»Ist etwas nicht in Ordnung? Sie machen einen ziemlich bestürzten Eindruck.«
Skye war eher verwirrt als bestürzt. Die Stimme, die aus dem Mund der Frau drang, gehörte Madame Fauchard. Sie hatte ihren leicht krächzenden Altfrauenklang verloren, doch die harte Artikulation war unverkennbar. Verrückte Gedanken geisterten durch Skyes Gehirn. Hatte Racine vielleicht eine Tochter? Oder war sie eine besonders geschickte Bauchrednerin?
Endlich fand sie ihre eigene Stimme wieder.
»Ist das irgendein Trick?«
»Kein Trick. Was Sie sehen, ist durch und durch echt.«
»Madame Fauchard?« Die Silben kamen stockend über ihre Lippen.
»Die und keine andere, meine Liebe«, sagte die Frau mit einem boshaften Lächeln. »Nur mit dem Unterschied, dass ich jetzt jung bin und Sie alt sind.«
Skye hatte immer noch ihre Zweifel. »Sie müssen mir unbedingt verraten, wer Ihr Schönheitschirurg ist.«
Ein Anflug von Zorn blitzte in den Augen der Frau auf, aber nur für einen kurzen Moment. Sie erhob sich aus ihrem Sessel Und kam mit geschmeidigen Bewegungen um den Schreibtisch herum. Sie beugte sich vor, ergriff Skyes Hand und legte sie auf ihre Wange.
»Jetzt sagen Sie mir, ob Sie immer noch glauben, dass dies das Werk eines Schönheitschirurgen ist.«
Das Fleisch war warm und fest, und die Haut war seidenglatt ohne eine Spur von Falten oder Runzeln.
»Unmöglich.« Skye brachte nur ein Flüstern zustande.
Madame Fauchard ließ die Hand fallen, dann richtete sie sich auf und kehrte zu ihrem Sessel zurück. Sie legte ihre langen, schlanken Finger aneinander, sodass Skye erkennen konnte, dass sie nicht mehr knotig und verkrümmt waren.
»Keine Sorge«, sagte sie. »Sie sind nicht
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