Killeralgen
aus einem Roman von F. Scott Fitzgerald.
»Das wird ein einfacher Trip«, sagte Sandy, während die Tanks sich mit Wasser füllten und das Tauchboot mit seinem Abstieg begann. »
Alvin
sinkt mit einer Geschwindigkeit von ungefähr hundert Fuß in der Minute, sodass wir in weniger als einer halben Stunde auf dem Grund aufsetzen. Wenn wir auf die größte Tauchtiefe gingen, wären wir etwa anderthalb Stunden lang unterwegs. Gewöhnlich spielen wir auf der Abwärtstour klassische Musik und beim Aufstieg Soft Rock«, fuhr Sandy fort, »aber das müssen Sie entscheiden.«
»Mozart würde für die passende Stimmung sorgen«, sagte Gamay.
Wenig später war die kleine Kabine von den Klängen eines Klavierkonzerts erfüllt.
»Wir haben etwa die Hälfte hinter uns«, meldete Sandy nach einer Viertelstunde.
Trout quittierte diese Ansage mit einem breiten Grinsen.
»Ich kann es kaum erwarten, diese Unterwassermetropole zu sehen.«
Während die
Alvin
im Sinken begriffen war, kreiste die
Atlantis
langsam über dem Tauchgebiet. Die Hilfsmannschaft hatte sich mit den Wissenschaftlern im oberen Labor, zwischen Brücke und Kartenraum, versammelt, wo der Tauchgang überwacht wurde.
Sandy gab ihre Fortschritte über das akustische Telefon durch, bestätigte die verzerrte Rückmeldung und wandte sich dann an die Trouts.
Das U-Boot setzte den Abstieg fort.
»Was wissen Sie über Lost City?«, fragte sie.
»Nach dem, was ich gelesen habe, wurde dieser Ort per Zufall im Jahr 2000 gefunden. Die Entdeckung war eine große Überraschung«, erzählte Gamay.
Sandy nickte. »Überraschung beschreibt unsere Reaktion nicht einmal andeutungsweise. Schockiert wäre wohl der treffendere Begriff. Wir zogen die
Argo II
hinter dem Schiff her und suchten auf dem Atlantischen Rücken nach vulkanischer Aktivität. Gegen Mitternacht entdeckte der Schichtführer etwas, das auf den Videomonitoren aussah wie gefrorene weiße Christbäume, und begriff, dass wir auf hydrothermale Krater gestoßen waren. Wir sahen aber keine Röhrenwürmer oder Muscheln, wie man sie in anderen Kraterregionen im Ozean finden kann. Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile. Nicht lange, und jeder auf dem Schiff schien sich in die Kontrollkabine drängen zu wollen. Zu diesem Zeitpunkt erblickten wir die ersten Türme.«
»Ein Wissenschaftler meinte, wenn Lost City sich an Land befände, würde man daraus einen Nationalpark machen«, sagte Trout.
»Es war nicht nur das, was wir fanden, sondern auch der Ort selbst. Die meisten Krater und Kamine, die schon früher entdeckt worden waren, wie die ›schwarzen Raucher‹ zum Beispiel, befanden sich in der Nähe des Atlantischen Rückens, der von tektonischen Platten gebildet wurde. Lost City ist neun Meilen vom nächsten vulkanischen Zentrum entfernt. Am nächsten Tag haben wir dann die
Alvin
hinuntergeschickt.«
»Soweit ich weiß, sollen einige Säulen zwanzig Stockwerke hoch sein«, sagte Trout.
Sandy schaltete die Außenscheinwerfer ein und blickte durch ihr Sichtfenster. »Sehen Sie selbst.«
Paul und Gamay blickten durch die kreisrunden Fenster. Sie hatten bereits die Standfotos und Videos von Lost City gesehen, aber nichts hatte sie auf die Szenerie vorbereiten können, die sich vor ihnen entfaltete. Pauls große braune Augen blinzelten aufgeregt, während das Vehikel über einen phantastischen Wald hoch aufragender Säulen hinwegglitt. Gamay, die genauso verzaubert war, sagte, dass die Säulen sie an die »Schneeteufel«
erinnerten, die sich auf Bergen bilden, wo extrem kalter Nebel sich an Baumästen festsetzt und bizarre Gebilde aus Raureif entstehen lässt.
Die Farbe der Kalkstein- und Glimmersäulen reichte von Grellweiß bis Beige. Gamay wusste aus ihren Untersuchungen, dass die helleren Säulen aktiv, die dunkleren jedoch erloschen waren. Die Türme verzweigten sich an ihren Spitzen zu dünnen, federähnlichen Strukturen. Regelmäßig geformte weiße Ausbuchtungen besetzten die Seiten ähnlich Pilzen, die auf altem Holz gedeihen. Neue Kristalle bildeten sich in einem fort und verliehen den Kanten das Aussehen von spanischer Spitze.
Irgendwann bremste Sandy das Absinken der
Alvin
, und das Tauchboot verharrte neben einem Krater, dessen abgeflachte Spitze einen Durchmesser von mindestens zehn Metern hatte.
Der Turm schien zu leben und sich zu bewegen. Der Kamin war mit einem Teppich aus Bewuchs bedeckt, der in der Bodenströmung hin und her wogte, als folge er dem Takt von Mozarts Musik.
Gamay, die die
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