Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)
mich noch mit ihm und seinen Kollegen kurz über Roland Bold, die über ihren hochgefährlichen Häftling nicht viel Gutes sagen können. Wir sind uns einig darin, dass dieser Mann keinesfalls wieder freikommen darf.
Roland Bold ist von allen Personen, mit denen ich vor und nach dem Interview über ihn gesprochen habe, als »böse« bezeichnet worden. Oberflächlich betrachtet scheint damit allein durch diesen Fall die Existenz des Bösen in der Person bewiesen zu sein. Doch wenn man genauer hinsieht, manifestiert sich das Böse hier eben nicht in Roland Bold selber – auch nicht in seinem diabolischen Lächeln, das mich schaudern ließ und bösartig anmutete, letztlich aber nur seine Hilfsbedürftigkeit symbolisierte –, sondern vornehmlich und nachweisbar in seinen Handlungen, insbesondere den Morden und Mordversuchen. Und diese Taten beruhten eben nicht auf einer generellen Boshaftigkeit des Handelnden, sondern resultierten aus spezifischen Frustrationen und Mangelsituationen, denen Roland Bold irgendwann nicht mehr gewachsen war.
Das Böse als Grundelement unserer Welt ist deshalb nicht existent, weil es letztlich ausnahmslos – klammert man böse Taten geisteskranker Personen aus – bloße Folge eines Mangels ist, der allein durch die böse Tat kompensiert oder beseitigt werden soll. Das Böse ist demnach nicht naturgegeben, sondern entsteht erst am Ende einer Entwicklung. Auch das Böse durch bestimmte Hirnanomalien erklären zu wollen, greift zu kurz, denn die meisten Mörder haben solche Defekte nicht.
Und: Es gelingt zwar – aber auch nur von Fall zu Fall –, bestimmte Erlebens- und Denkstrukturen oder Handlungsimpulse zu identifizieren, herzuleiten oder zu erklären, doch die Kausalität zwischen einem emotionalen Zustand oder einer Persönlichkeitsstörung und einer kriminellen Handlung ist nicht beweisbar, sondern letztlich immer Produkt einer bloßen Schlussfolgerung, die nicht überprüft werden kann. Es fällt schwer festzustellen, wo die Bruchstelle ist, ab wann das Böse überhandnimmt und zum handlungsauslösenden bzw. -bestimmenden Faktor wird. Und niemand kann mit der notwendigen Sicherheit sagen, inwieweit Zufälle oder äußere Einflüsse die böse Tat initiieren oder beinträchtigen.
Und doch erfüllt der Begriff »das Böse« eine überaus wichtige Funktion: Er steht als Menetekel für die unbestreitbare Gewaltbereitschaft, Gewaltfähigkeit und Gewalttätigkeit des Menschen, vor der wir uns alle fürchten und vor der wir geschützt werden möchten.
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