Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper
haben. Haben wir uns verstanden?«
»Und wenn ich die Zulassung nicht unterschreiben kann ?«
»Das ist Ihre Entscheidung, Ben. Sie haben bis heute Abend Zeit, sie mir mitzuteilen. So, und jetzt müssen Sie mich entschuldigen, ich habe wichtigere Dinge zu tun.«
Ben hörte ein Klicken und dann einen durchgehenden Ton. DeLuca hatte einfach aufgelegt. Ben fuhr sich mit der Hand durch seine grau melierten Haare und kontrollierte reflexhaft die Schultern seines dunkelblauen Hemds auf Schuppen. Da waren keine.
Er versuchte, seine Wut auf Nancy hinunterzuschlucken. Sie machte auch nur ihren Job, und wahrscheinlich saß ihr wieder einmal irgendein Politiker im Nacken, dem die Pharmalobby seinen Wahlkampf sponserte. Ben wusste, dass der Markt für künstliche Herzpflaster ein gigantisches Geschäft war und dass die Firma, die als erste ein serienreifes, von der FDA zugelassenes Exemplar verkaufen konnte, einen entscheidenden Vorsprung vor ihren Wettbewerbern haben würde. Kein Wunder also, dass auf die zuständige Abteilungsleiterin bei der Arzneimittelbehörde von Seiten der Industrie und der Politik enormer Druck ausgeübt wurde. Im Haifischbecken der Pharmaindustrie kämpfte jeder ums Überleben.
Hinzu kam, dass sich in der Öffentlichkeit zunehmend der Eindruck breitmachte, die FDA würde ihr Medikamente und medizinische Hilfsmittel, auf die viele Menschen große Hoffnungen setzten, länger als unbedingt nötig vorenthalten. Wer jeden Tag damit rechnen musste, dass ihn ein Riss in einer mürbe gewordenen Aorta das Leben kostete, hatte kein Verständnis dafür, wenn eine übervorsichtige Gesundheitsbürokratie das für ihn lebenswichtige Implantat nicht genehmigte.
Trotzdem konnte Ben erst dann seine Unterschrift unter eine Genehmigung setzen, wenn auch die letzten Zweifel an der Unbedenklichkeit eines Produkts ausgeräumt waren. Er schaute aus dem Fenster und sah, wie die ersten Angestellten mit Aktentaschen und Coffee to go in den Händen auf das Bürogebäude zu gingen. Bald würde es hier laut und geschäftig zugehen, und Ben würde seinen Platz am Computer für irgendeine morgendliche Besprechung räumen müssen.
Er griff nach seinem Handy und probierte es noch einmal ohne Erfolg auf beiden Telefonnummern von Tammy. Dann zog er kurz entschlossen die Tastatur heran und tippte eine längere E-Mail, die gut und gerne seine letzte Mail als Mitarbeiter der FDA sein konnte. E-Mails waren doch die perfekte Rache, denn wenn sie erst einmal abgeschickt waren, führten sie auf irgendwelchen Servern quasi ein ewiges Leben. Als Ben mit der Mail fertig war, las er sie noch einmal durch, tippte als Empfänger »Dr. Martin Larrick« ein und drückte auf »SENDEN«.
11
8:41 UHR
HAUPTSITZ DER FDA, ROCKVILLE, MARYLAND
Im dreizehnten Stock der FDA-Zentrale in Rockville beugte sich Commissioner Dr. Martin Larrick über seinen Schreibtisch und nahm sich aus einer Porzellanschale eine Handvoll Erdnüsse. Er musste nachdenken, und die Erdnüsse halfen ihm dabei. Sie kamen von der Farm seines Vaters in Texas, und wenn er sie langsam zerbiss und die salzigen Bröckchen in seinem Mund hin und her bewegte, kamen ihm schemenhafte Bilder einer glücklichen Kindheit in den Sinn. Nichts ließ ihn besser die Probleme der Gegenwart lösen als diese sanfte Erinnerung an eine Vergangenheit, in der alles noch sehr viel einfacher gewesen war.
Der Chef der Arzneimittelbehörde lehnte sich in seinem ledernen Drehsessel zurück, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und dachte noch einmal über die E-Mail nach, die vor einer halben Stunde hereingekommen war.
Eigentlich mochte Larrick es nicht, wenn Mitarbeiter, die irgendwelchen Ärger mit ihren Vorgesetzten hatten, sich direkt an ihn wandten. Sicher, diese Mitteilungen waren - wenn man sie richtig zu lesen verstand - ein ziemlich gutes Barometer für die Stimmung in den Teilbereichen der weit verzweigten Behörde, aber dennoch war Larrick der Auffassung, dass die einzelnen Abteilungen ihre Probleme tunlichst
selbst lösen sollten. Diese Mitteilung aber war etwas anderes als die üblichen »Mein-Chef-war-so-ungerecht-zu-mir«-Mails. Sie hatte Hand und Fuß und enthielt zudem konkrete Fakten, die Larrick zutiefst beunruhigten.
Von: Ben Maxwell
Betreff: Biometrix CardioPatch
Datum: 02.07.2011 07:38:41 EST
Dr. Larrick, wie Sie vielleicht inzwischen schon erfahren haben, hatte ich heute früh eine fachliche Auseinandersetzung mit meiner direkten Vorgesetzten,
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