Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper
ausschließlich darauf zu
schieben, dass Emily den Jungen systematisch gegen ihn aufhetzte, war zu einfach und brachte ihn nicht weiter. Ben drehte sich auf die Seite, griff nach seinem Handy und sah sich das Display an. ZWEI NEUE NACHRICHTEN.
Während er seine Mailbox anrief, ließ Ben den Blick durch das Zimmer schweifen, in dem Jacks achtlos hingeworfene Kleidungsstücke herumlagen. Auf dem Boden sah er ein Paar verschwitzte, weiße Sportsocken, und über der Armlehne des Sessels hing ein knallgrünes T-Shirt, auf dem in aus Blättern und Lianen geformten Buchstaben die Worte »RONDÔNIA, AMAZONAS« standen. Dieses T-Shirt hatte Ben seinem Sohn vor etlichen Jahren geschenkt, als Jack ihn in seinem Labor mitten im Regenwald Amazoniens besucht hatte. Ben war damals für eine Pharmafirma namens ChemGen tätig gewesen, und der Job hätte ihn fast das Leben gekostet. Dass sein Sohn ausgerechnet dieses T-Shirt mit nach Washington genommen hatte, ließ ein warmes Glücksgefühl in ihm hochkommen. Auch wenn Jack ihm ständig widersprach und patzige Antworten gab, schien ihm offenbar doch etwas an seinem Vater zu liegen.
Ben hielt sich das Handy ans Ohr und klickte sich zur ersten Nachricht auf seiner Mailbox durch.
»Ben, wo steckst du?«, hörte er eine Frauenstimme fragen, die er nur mit Mühe als die von Tammy Fader erkannte. »Hier in Pembroke ist irgendwas ganz Seltsames los«, sagte sie aufgeregt ins Telefon, während im Hintergrund laute Sirenen zu hören waren. »In der letzten halben Stunde sind hier zehn alte Leute eingeliefert worden, und es werden immer mehr. Sie sagen, sie hätten schlechte Shrimps gegessen, aber in Wirklichkeit haben sie alle Symptome einer akuten Aortenruptur. Und was mir echt Sorgen macht: Die
Leute waren alle Testpatienten für euer Herzpflaster! Wenn du kannst, ruf mich sofort an. Da stimmt was nicht! Ich muss jetzt auflegen, sie bringen schon wieder einen!«
Während eine mechanische Stimme ungerührt die zweite Nachricht ankündigte, spürte Ben, wie ihm ganz heiß wurde. Tammy Fader arbeitete als Oberärztin in einer kleinen, aber angesehenen Klinik in einer ländlichen Gegend Virginias. Neben der medizinischen Versorgung der örtlichen Bevölkerung hatte sich die Klinik auf Herzchirurgie spezialisiert und wurde von der FDA hin und wieder mit der Durchführung von Studien für neue Medikamente oder medizinische Hilfsmittel beauftragt. Erst vor zwei Monaten hatte Tammy Fader der FDA einen ausführlichen Bericht über ein gutes Dutzend älterer Patienten zukommen lassen, denen sie in ihrer Klinik Versuchsmuster von CardioPatch eingesetzt hatte. Die Eingriffe waren alle bemerkenswert problemlos verlaufen, und der Zustand der Patienten hatte sich durch das Herzpflaster in kürzester Zeit erheblich verbessert. Es waren Studien wie diese, die die Grundlage für die positive Bewertung von CardioPatch seitens der FDA bildeten.
Und jetzt behauptete eine Ärztin, die mit dem Herzpflaster besser vertraut war als viele andere, dass damit etwas nicht stimmte. Was konnte sie damit meinen? Bisher waren alle Studien, nicht nur die von Tammy Fader, sehr vielversprechend gewesen, bei keinem der Patienten hatte es irgendwelche Komplikationen gegeben, und bei den meisten waren die Herzbeschwerden signifikant zurückgegangen. Es schien so, als wäre CardioPatch einer von den ganz großen Durchbrüchen in der Kardiologie, der zudem nur den Bruchteil einer Operation am offenen Herzen mit anschließendem
mehrwöchigem Krankenhausaufenthalt kostete. Angesichts der Tatsache, dass jeder dritte Amerikaner ein Loch oder einen Riss in der Aorta hatte, war ein Heilmittel, das solche Defekte mit minimalem Aufwand dauerhaft beseitigte, ein wahrer Segen - und natürlich auch eine Goldgrube für seinen Hersteller, falls die FDA es genehmigte. Und jetzt sollte CardioPatch auf einmal nicht in Ordnung sein? Ben schüttelte ungläubig den Kopf.
Auch die zweite Nachricht auf Bens Mailbox war von Tammy und so erschreckend, dass Ben am ganzen Körper Gänsehaut bekam »Ben?«, schrie sie atemlos ins Telefon. »Wo bist du bloß? Die Patienten mit dem Herzpflaster sterben mir unter den Händen weg! Und die Shrimps waren nicht verdorben, das habe ich schon herausgefunden! Trotzdem ist es möglich, dass die Todesfälle etwas mit diesen Shrimps zu tun haben. Vielleicht waren sie mit einem Virus verseucht, auf das euer Herzpflaster irgendwie reagiert. Du darfst CardioPatch nicht zulassen, bevor diese Sache aufgeklärt ist,
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