Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper
Amtszeit als Senatorin von Virginia politische Freunde wie Gegner gleichermaßen entwaffnen, und wenn sie vor einer Menschenmenge oder vor einer Kamera stand, dann kam es vielen so vor, als könne dieses Lächeln sie als erste Frau in der Geschichte der Vereinigten Staaten bis ins Weiße Haus tragen.
Trotz ihrer einundfünfzig Jahre war sie nicht nur die bisher jüngste stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Republikaner, sondern, einer jüngst veröffentlichten Umfrage des US Magazine zu Folge, auch die bestaussehende Politikerin auf dem Kapitol Hill.
»Vielen Dank, dass Sie meine Menschenkette unterstützen«, rief sie dem klatschnassen Jogger zu, der sie verwundert anstarrte.
»Ich bin Kathleen Neal, die Senatorin. Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe, aber ich habe Sie vor lauter Regen nicht gesehen.«
»Ich hab’ Sie gewählt«, rief der Jogger begeistert und reckte den Daumen nach oben. »Und ich komme bestimmt zu Ihrer Menschenkette. Ehrensache!«
Neal machte mit ihrem rechten Daumen ebenfalls das Okay-Zeichen und fuhr weiter.
Hands Against Terrorism war ihr Lieblingsprojekt, das ihr in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit verschaffte. Die Idee, auf die ein Freund sie gebracht hatte, war so gut, dass sie eigentlich von ihr hätte stammen müssen.
Nicht nur die Zeitungen und das Fernsehen berichteten ständig darüber, auch in unzähligen Blogs und sozialen Netzwerken von Facebook bis Twitter wurde eifrig über die längste Menschenkette aller Zeiten diskutiert, und Neals Videoclips auf YouTube wurden täglich über eine Million Mal angesehen. Nach konservativen Schätzungen planten mehr als zwölf Millionen Menschen, sich an der Aktion zu beteiligen, während andere mutmaßten, dass es sogar fünfzehn Millionen werden könnten und damit mehr als bei Farm Aid und Hands Across America zusammengenommen.
Das Blackberry, das sie jetzt offen auf dem Beifahrersitz liegen hatte, fing an zu klingeln. Neal nahm es in die Hand und schaute auf das Display. Es war die Nummer von Michael Weinstein, ihrem Stabschef, der schon zum dritten Mal an diesem Morgen anrief.
»Ich habe gerade den Cook-Bericht bekommen«, sagte Weinstein. »Sieht nicht allzu gut aus.«
»Was steht drin?«
Neal hörte das Rascheln von Papier, dann las Weinstein vor: »Es ist immer noch nicht sicher, wer als Präsidentschaftskandidat der Republikaner in die nächste Wahl gehen wird. Der jüngsten Zogby-Umfrage zu Folge gilt Senatorin Neal trotz ihres martialischen Auftretens gegen den Terrorismus noch immer als zu nachgiebig und zu liberal … Schließlich hat sie gegen die Diskriminierung von Homosexuellen bei den Pfadfindern gestimmt, ebenso wie gegen die Verschärfung des Abtreibungsrechts …«
Neal schnaubte genervt, und Weinstein hielt inne.
»Steht denn in dem Bericht überhaupt nichts Positives über mich?«
»Doch. Dass Sie aus einer der ältesten Familien Virginias kommen, dass Sie die einzige Politikerin sind, die von der Nationalen Frauenvereinigung und der Parteispitze der Republikaner gleichermaßen geschätzt wird.«
»So ein Schwachsinn, sich ausgerechnet an den Pfadfindern und der Abtreibung festzubeißen«, fauchte Neal. »Dabei habe ich an über hundert Landes- und Bundesgesetzen mitgewirkt. Hat man dafür Worte? Ich will sofort mit Zogby sprechen!«
»Es gibt aber auch gute Nachrichten. Die New York Times hat auf der Titelseite wieder eine Geschichte über H.A.T.
gebracht. Ich lese Ihnen mal die Überschrift vor: ›Breite Unterstützung für Hands Against Terrorism. Menschenkette bringt Senatorin Neal als Präsidentschaftskandidatin ins Gespräch‹.«
»Legen Sie mir die Zeitung auf den Schreibtisch«, sagte Neal. »Und halten Sie die Journalisten noch eine Weile bei Laune. Ich bin gleich da.« Sie drückte auf einen Knopf und beendete das Gespräch.
Zu nachgiebig und liberal? Was für ein Unsinn! Als Kongressabgeordnete war sie die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses und des Außenausschusses gewesen, und davor hatte sie als Staatssekretärin an wichtigen Reformen im Gesundheitswesen und der Wirtschaftspolitik Virginias mitgewirkt. Darüber hinaus hatte sie viele Jahre lang als Stellvertretende Direktorin von American Express fungiert und sich einen Ruf als weitsichtige und durchsetzungsfähige Managerin mit vielen innovativen Ideen erarbeitet. Wie kam es, dass während ihrer zweiten Amtszeit als Kongressabgeordnete innerhalb ihrer eigenen Partei immer wieder Stimmen laut wurden, die ihr
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