Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper
Jeremiad, der Chef von NBC Washington, als Kathleen Neal wieder zurück in ihr Büro kam.
»Danke, Clark«, sagte sie und lachte. »Machen Sie meinen Konkurrenten eigentlich auch solche Komplimente?«
»Nur vor einem Interview. Sind Sie jetzt bereit, mir ein paar Fragen zu Hands Across America zu beantworten?«
»Darauf können Sie Gift nehmen.«
Während Jeremiads Team letzte Vorbereitungen traf und darauf wartete, dass der Nachrichtensprecher im Studio die Außenschaltung ansagte, unterhielten sich der Fernsehjournalist und die Senatorin über das schlechte Wetter, die zu erwartende Teilnehmerzahl und Neals politische Vorstellungen.
Es klopfte leise an der Tür, und Michael Weinstein kam herein.
Mit einem entschuldigenden Kopfnicken trat er an die Senatorin heran und flüsterte ihr etwas ins Ohr, wobei Neal vorsichtshalber ihre Hand über das kleine Funkmikrofon legte, das ihr der Tonmann bereits am Revers ihrer Kostümjacke befestigt hatte. »Goss dreht langsam durch«, flüsterte
Weinstein. »Es geht um dieses Flugzeug, das gestern Nacht über dem Labor bei Richmond abgestürzt ist.«
»Was will er denn damit? Ein Hobbypilot, der vom Kurs abgekommen ist, weiter ist da nichts dran.«
»Goss sagt, es sei ein Selbstmordanschlag gewesen. Das Flugzeug ist von einem amerikanischen Staatsbürger mit libanesischem Migrationshintergrund gemietet worden, der vor Jahren mal in islamistischen Kreisen verkehrte.«
»Hat Goss sie noch alle? Ich dachte, seine Heimatschutzbehörde überprüft inzwischen jeden, der auch nur einen Papierflieger in die Luft bekommen will. Und wo kämen wir denn hin, wenn jeder arabischstämmige Amerikaner, der mal in Berührung mit irgendwelchen Fanatikern gekommen ist, gleich ein Terrorist wäre? Da könnten wir ja gleich ein zweites Guantanamo bauen.«
»Das wissen wir, Kathleen, aber Goss sieht eine Gefahr für H.A.T. und überlegt ernsthaft, ob er die Veranstaltung nicht verbieten lässt …«
»Michael, Sie sehen doch, dass ich beschäftigt bin. Sagen Sie Goss, ich melde mich später bei ihm, und wenn er in der Zwischenzeit irgendwas tut, das meine Menschenkette gefährdet, nehme ich ihn und seine Behörde im Senat durch die Mangel, dass ihm Hören und Sehen vergeht. Haben Sie mich verstanden? Ich möchte, dass Sie ihm das wörtlich so ausrichten.«
»Probleme?«, fragte Jeremiad freundlich, nachdem Weinstein mit einem verlegenen Lächeln das Büro verlassen hatte.
»Ach, das übliche Krisenmanagement. Nicht der Rede wert. Machen wir lieber unser Interview. Ich bin bereit. Wie steht’s mit Ihnen?«
Jeremiad räusperte sich, der Kameramann zeigte mit dem Daumen nach oben und fing an herunter zu zählen.
»Bild Okay. Sound Okay. Wir sind drauf, Leute. Und los geht’s drei … zwo … eins …«
Auf dem kleinen Kontrollmonitor, den das Team auf Neals Schreibtisch aufgebaut hatte, war eine Zuspielung zu sehen, zu der Jeremiads Stimme im Off sagte:
»25. Mai 1986. An einem sonnigen Nachmittag vor 25 Jahren gaben sich sechs Millionen Amerikaner die Hand, um eine Menschenkette zu bilden, die vom Big Apple bis nach Kalifornien reichen sollte. ›Hands Across America‹ verband damals das Land von der Ost- zur Westküste, um Geld für die Ärmsten der Armen zu sammeln. Raquel Welch, Brooke Shields, Ronald Reagan und fünf Millionen Amerikaner waren dabei, als es galt, Hand in Hand die Einigkeit Amerikas im Kampf gegen die Armut zu zeigen.
Jetzt möchte Senatorin Kathleen Neal aus Virginia uns wieder dazu bewegen, hinaus auf die Straße zu gehen und uns die Hände zu reichen, aber diesmal geht es nicht um den Kampf gegen die Armut, sondern gegen eine andere Geißel der Menschheit - den internationalen Terrorismus.«
Das rote Aufnahmelicht der Kamera ging an.
»Und hier ist Clark Jeremiad, live aus dem Büro von Senatorin Kathleen Neal in Washington. Vielen Dank, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben, Frau Senatorin.«
»Es ist mir ein Vergnügen Clark«, antwortete Neal mit einem aufblitzenden Lächeln, ihre Augen fest auf die von Jeremiad gerichtet.
»›Hand in Hand gegen den Terror‹, so lautet Ihr Slogan mit dem Sie morgen Abend Millionen von Amerikanern mobilisieren wollen. Ihre Menschenkette soll noch beeindruckender
werden als die von 1986, und manche Zeitungen sprechen schon von der bedeutendsten Zusammenkunft von Amerikanern seit der Boston Tea Party. Frau Senatorin, erzählen Sie uns doch, wie Sie auf diese Idee gekommen sind.«
Senatorin Neal nickte, atmete
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