Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper
Wert von sechs Millionen Dollar zur Verfügung gestellt. Dabei hatten die Spenden von Großunternehmen - in Summe über sechzig Millionen Dollar - H.A.T. erst möglich gemacht, denn mit den achtzehn Millionen, die Pfadfinder, Rotes Kreuz und Amnesty International gesammelt hatten, wäre die Senatorin nicht sehr weit gekommen.
Kathleen Neal sah sich im Spiegel an und ließ probeweise ihr berühmtes Lächeln aufblitzen, diesmal ganz für sich allein. »Ich hab’s geschafft«, sagte sie leise zu ihrem Spiegelbild. »Sollen die Kritiker doch sagen, was sie wollen, ich hab’s geschafft!«
Jetzt konnte sie nur noch beten, dass alles so eintraf, wie sie es sich erhoffte: Dass genügend Leute bei der Menschenkette mitmachten, dass das Fernsehen gut über sie berichtete, dass der Dauerregen endlich aufhörte und vor allem, dass kurz vor dem Feiertag nicht noch etwas Unvorhergesehenes geschah - vom Ausbruch eines unbekannten Virus bis hin zu einem gemeinen Terroranschlag.
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8:04 UHR
WASHINGTON HOSPITAL CENTER, WASHINGTON, DC
Der Wechsel von der Nacht- zur Tagschicht war im Washington Center immer die schlimmste Zeit des Tages, und zwar nicht für das Personal, sondern für die Patienten. Die Schwestern, die die Nachtschicht beendeten, waren nach zwölf Stunden müde und gereizt, während die sie ablösenden Kolleginnen es nicht gerade eilig mit der Arbeit hatten, die die Nachtschicht ihnen hinterlassen hatte. Volle Bettpfannen und Nierenschalen voller Auswurf mussten geleert werden, Patienten verlangten nach Schmerzmitteln oder etwas zu trinken, mussten auf die Toilette gebracht oder gewaschen werden.
Als Mindy Sanchez zum Dienst erschien, hatte sie bereits extrem schlechte Laune. Wenn Mindy etwas aufs Gemüt schlug, dann war es tagelanger Dauerregen.
Wenn Tina Klingel mir heute noch einmal blöd kommt, dann drehe ich durch, dachte sie, während sie im Umkleideraum der Notaufnahme ihre Privatkleidung aus- und ihre Dienstuniform anzog: dunkelblaue Cordhose, weiße Bluse und einen ebenfalls weißen Schwesternkittel mit dem Emblem des Krankenhauses. Bevor sie sich das Häubchen auf ihr krauses, schwarzes Haar setzte, massierte sie mit beiden Händen ihren Nacken direkt unter dem Schmetterlings-Tattoo
und stöhnte dabei leise vor sich hin. Das künstliche Licht und der Geruch nach Desinfektionsmitteln verursachten ihr Kopfschmerzen, und jetzt kam auch noch diese Wuchtbrumme Janice Robinson herein, die ihr mit ihrem saccharinsüßen Dauergrinsen an Tagen wie diesem gleich doppelt auf die Nerven ging. Wie jemand sich an einem so fürchterlichen Ort ein so sonniges Gemüt bewahren konnte, ging über Mindy Sanchez’ Verstand.
»Sag mal, solltest du nicht nach Hause gehen?«, fragte Mindy. »Du hast doch schon Schichtende.«
»Barbara muss mit ihrem Sohn zum Zahnarzt, deshalb springe ich bis Mittag für sie ein«, antwortete Janice mit einem strahlenden Lächeln. Wenn Cindy auch nur eine Stunde länger als vorgesehen in diesem Tollhaus hätte bleiben müssen, wäre sie niemals so fröhlich gewesen.
Mindy überflog die Tafel an der Wand, auf der die neu aufgenommenen Patienten standen. »Wer ist denn das, John Doe? Habt ihr mal wieder jemanden hereinbekommen, der seinen Namen vergessen hat?«
»Den haben sie heute Nacht aus dem Potomac gefischt«, antwortete Janice. »Ich nehme ihn aber noch offiziell auf, bevor ich Feierabend mache. Er ist in der Nacht am Herzen operiert worden und liegt im neuen Flügel 4C.«
»Sieh mal einer an! Ganz schön nobel für jemand, den sie aus dem Fluss gezogen haben.«
»Ich habe übrigens eine Überraschung für dich«, sagte Janice.
Mindy blickte ungerührt in das riesige, jamaikanische Grinsen. »Welche denn?«
»Deine Freundin Tina Klingel ist in aller Früh entlassen worden. Sie kommt auf Reha.«
»Gott sei Dank«, zwitscherte Mindy erleichtert.
Tina Klingel, die eigentlich Tina Rinaldi hieß, war eine ältere italienische Dame, die zu Hause die Treppe hinuntergefallen war und sich dabei die Hüfte gebrochen hatte. Nachdem sie fünf Tage und Nächte hindurch das Krankenhauspersonal mit einem Regiment des Schreckens fast in den Wahnsinn getrieben hatte, waren sie einhellig zu dem Schluss gekommen, dass Tinas Mann sie wohl absichtlich die Treppe hinunter gestoßen hatte.
Kein Wunder, dass Mindy so selig lächelt, dachte Janice. Schließlich hatte die Italienerin sie mit ihrem ständigen Klingeln nach der Schwester permanent auf Trab gehalten.
Aber der eigentliche Grund für
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