Killerwelle
Pilot habe den Punkt überflogen.«
Juan fluchte und schwang die Beine aus dem Bett. Wenn es keine Ölbohrinsel war, musste man Linda auf ein Schiff gebracht haben. Ein Schiff, das mehrere Tage Vorsprung hatte, und sie hatten nicht die geringste Ahnung, welche Richtung es eingeschlagen haben mochte. Linda war tatsächlich verschollen. In Cabrillos Kehle stieg bittere Galle hoch.
»Wie sieht es mit der Beschaffung besserer Satellitenfotos von dieser Gegend aus?«, fragte er nach einer kurzen Pause.
»Nun, wir hatten nicht richtig danach gesucht. Der Hubschrauber versprach uns den größeren Erfolg.«
»Du hast recht, ich weiß, aber tut mir den Gefallen. Sucht trotzdem nach aktuelleren Bildern. Sie könnten einen Hinweis enthalten. Vielleicht hat man Linda auf ein Bohrschiff gebracht. Wenn das der Fall sein sollte, wissen wir wenigstens, nach welcher Nadel im Heuhaufen namens Pazifik wir suchen müssen.«
»Okay.« Stone war schon im Begriff, das Gespräch zu unterbrechen, als ihm einfiel, dass sein Bericht noch nicht komplett war. Wie jeder Mensch hatte er Hemmungen, ein Versagen einzugestehen. »Wir ziehen weiter Nieten, was Croissard betrifft, und was Smith angeht, das können wir vergessen: Nur ein kurzer Blick in die Archive der Fremdenlegion zeigt, dass während der letzten fünfzig Jahre etwa vierzehntausend John Smiths bei diesem Verein gedient haben. Es ist ein beliebter Kampfname.«
»Das hatte ich mir fast gedacht«, gab Juan zu, »aber wir müssen alles versuchen und jeder Möglichkeit nachgehen. Halte mich auf dem Laufenden.«
Nach einer kurzen Dusche und Rasur schlüpfte Cabrillo in eine Leinenhose und ein seidenes Polohemd in der gleichen Blauschattierung, wie sie seine Augen hatten. Seine Schulter schmerzte so heftig, dass er drei Ibuprofen-Tabletten schluckte und dabei auf Wasser zum Nachspülen verzichtete. Dann holte er sich im Hauptspeisesaal eine Tasse Kaffee aus einer silbernen Warmhaltekanne, die ständig gefüllt gehalten wurde. Im Operations-Zentrum stand eine zweite Kanne für das diensthabende Personal. Einige Mannschaftsmitglieder äußerten sich mitfühlend über seine Behandlung im Insein-Gefängnis und drückten ihre Sorge für Linda Ross aus. In vielerlei Hinsicht betrachtete jeder an Bord der Oregon die zierliche Navy-Veteranin als kleine Schwester.
Sein nächster Stopp war die Sanitätsstation. MacD Lawless lag in einem standardmäßigen Krankenhausbett, das mit den modernsten lebenserhaltenden Geräten umgeben war, die auf dem Markt angeboten wurden. Ein Herzmonitor piepte in gleichmäßiger Folge. MacD konnte zwar aus eigener Kraft atmen, aber ein transparenter dünner Plastikschlauch, durch den reiner Sauerstoff geleitet wurde, war in seine Nase geschoben und an den Ohren fixiert worden. Dr. Huxleys Personal hatte sein Gesicht rasiert und gesäubert. Juan bemerkte, dass Lawless’ Blutergüsse schnell verblassten und die meisten Schwellungen deutlich geschrumpft waren.
Hux kam hinter dem Vorhang hervor, der MacD vor der restlichen Station abschirmte. Wie immer trug sie ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengerafft sowie einen Laborkittel über einem Rock mit Madrasmuster und eine roséfarbene Bluse. Auf ihrem Gesicht lag die professionelle Ausdruckslosigkeit eines erfahrenen Arztes.
»Wie geht es ihm?«, fragte Juan und gab sich Mühe, nicht zu betroffen zu klingen. Er fühlte sich für Lawless genauso verantwortlich wie für alle anderen, vor allem, da dies seine erste Mission gewesen war. Und die Behandlung, die ihm in der Gewalt der Taliban zuteilgeworden war, vertiefte dieses Gefühl der Schuld noch.
Julia lächelte plötzlich. Es war ein breites Grinsen, das in dem hellen Raum im wahrsten Sinne des Wortes die Sonne aufgehen ließ. »Er schläft.«
»Ich weiß. Er liegt im Koma, seit …«
»Nein«, unterbrach sie ihn schnell. »Er ist vor etwa drei Stunden aus dem Koma aufgewacht. Dann ist er gleich wieder eingeschlafen.«
Aus irgendeinem Grund gab es keinen Arzt auf der ganzen Welt, dem es etwas ausmachte, einen Patienten aufzuwecken, ganz gleich wie dringend sein Körper Schlaf brauchte. Julia Huxley war in diesem Punkt keinen Deut anders. Sie schüttelte sanft MacDs Schulter, bis sich seine Augenlider flatternd öffneten. Er starrte ins Leere, bis seine jadegrünen Augen die Umgebung erkannten.
»Wie geht es Ihnen?«, fragte Julia besorgt.
»Prima«, antwortete MacD mit rasselnder Stimme. »Aber, Mann, Sie sollten sich mal den anderen Kerl
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