Killerwelle
Stone und Mark Murphy in den Raum. »Chef, wir haben es«, sagten sie im Chor. Keiner der beiden sah so aus, als hätte er während der vergangenen dreißig Stunden geschlafen. Stoney trug sogar noch immer dasselbe fleckige Oberhemd, nur war es jetzt völlig zerknautscht. Und der Kragen glich eher einem Putzlappen.
»Was habt ihr gefunden?«
»Gute Nacht zusammen«, sagte MacD, während ihn Hux aus dem Raum schob.
»Es gab da draußen tatsächlich eine Ölbohrplattform«, sagte Eric.
Er hatte einen offenen Laptop auf dem Arm, den er auf eine freie Arbeitsstation stellte. Sekunden später erschien das Luftbild einer Bohrinsel auf dem Hauptschirm. Die Details waren auf Grund der geringen Auflösung zwar ein wenig verschwommen, aber Juan konnte einen Hubschrauberlandeteller erkennen, der seitlich aus dem Gerüst herausragte. Und er sah deutlich den Schatten eines hohen Derrick-Krans, der sich auf dem Deck abzeichnete. Die Grundfläche der Plattform schätzte er auf gut viertausend Quadratmeter.
»Sie trägt die Bezeichnung J-61 und ist seit zwei Jahren nicht mehr benutzt worden.«
»Wem gehört sie?«
»Irgendwelchen Scheinfirmen. Mark und ich arbeiten noch daran, das Firmengewirr zu entzerren.«
»Besitzt sie einen eigenen Antrieb?«
»Nein. Sie ist ein Halbtaucher ohne irgendein Antriebssystem. Wenn sie sie bewegt haben, dann konnten sie sie jedenfalls nicht schleppen.«
»Wir wissen verdammt genau, dass sie sie bewegt haben«, sagte Juan und starrte auf den Bildschirm, als könnte ihm das Satellitenbild irgendwelche Antworten liefern. »Die einzige Frage ist nur, wann?«
Mark schenkte sich von dem Kaffee in der Kanne ein. »Eine Plattform von dieser Größe braucht mindestens zwei Schlepper. Wir gehen sämtliche Firmen durch und erkundigen uns, wo sich ihre stärksten Schiffe zurzeit aufhalten. Bislang haben wir in dieser Gegend keines gefunden.«
»Unterhält Croissard irgendwelche Verbindungen zu Hochsee-Schleppfirmen?«
»Ich glaube nicht«, erwiderte Mark. »Ich weiß, dass er keine Geschäfte im Bereich der Gas- und Ölförderung macht.«
»Überprüft das zur Sicherheit ein zweites Mal«, bat Juan. Er ließ sich durch den Kopf gehen, was alles nötig war, um ein Bauwerk von diesen Dimensionen zu bewegen. Wenn Linda noch vor zwei Tagen dort gewesen war und der Bohrturm jetzt verschwunden war, hatte ihn Croissard sehr schnell von seinem Standort entfernt. Wie lange würde es dauern, mehrere Schiffe auf engem Raum zu dirigieren und aus dem Stand genügend Geschwindigkeit zu erreichen, fragte er sich. Vier Tage? Fünf? Das allerdings nur, wenn alles reibungslos ablief. Und wie oft geschah so etwas?
Wenn er die Operation hätte leiten müssen, hätte er nach etwas Leistungsfähigerem gesucht. Wie würde er es anfangen? Wie würde er zwanzigtausend Tonnen Stahl schnell und ohne großes Aufsehen von einem Ankerplatz entfernen, den sie jahrelang innegehabt haben?
»Moment mal«, sagte er, als ihm die Antwort blitzartig durch den Kopf schoss. »Kein Schleppboot. Ein FLO-FLO.«
»Ein was?«
»Ein FLO-FLO. Float-on/Float-off. Ein Schwerlastschiff.«
»Ein Schwerlast…? Verdammt, du hast recht«, sagte Mark. Er drehte Erics Laptop zu sich herum und klinkte sich in eine Suchmaschine ein.
Das Bild, das auf dem Bildschirm auftauchte, zeigte ein Schiff, das sich grundlegend von jedem anderen Schiff auf der Welt unterschied. Seine Aufbauten mit zwei kastenförmigen Schornsteinen und Brückennocks, die weit über die Reling hinausragten, befanden sich weit vorn auf dem Bug. Der Rest des etwa zweihundertfünfundzwanzig Meter langen Schiffes bestand aus einem offenen Deck, das kaum über die Wasseroberfläche hinausragte. Auf diesem speziellen Bild war die MS Blue Marlin zu sehen, während sie die angeschlagene USS Cole zu umfangreichen Reparaturen in die Vereinigten Staaten zurückbrachte.
Diese außergewöhnliche Schiffsklasse verfügte über Ballasttanks, die das Schiff auf eine vorherbestimmte Tiefe absenken konnten. Es manövrierte sich dann unter die zu transportierende Last, seien es nun ein von einer Bombe beschädigter Lenkraketenzerstörer oder eine Ölbohrplattform. Hatte sich das Schiff in die richtige Position gebracht, wurden die Ballasttanks leer gepumpt, und das gesamte Schiff stieg wieder auf – und mit ihm seine Last, die auf elftausend Quadratmetern Deckfläche ruhte. Sobald die Ladung mit Ketten gesichert oder sogar am Deck festgeschweißt war, konnte das FLO-FLO mit angenehmen fünfzehn
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