Killerwelle
nur eine geringe Strömung hatte. Die Ufer waren etwa dreißig Zentimeter hoch und bestanden aus rötlichem Lehm, der stellenweise abbrach und im Wasser verschwand. Dicht hinter den Uferstreifen explodierte die Vegetation und bildete eine nahezu undurchdringliche Wand. Cabrillo starrte auf einen Punkt und schätzte, dass er etwa anderthalb Meter weit blicken konnte, ehe ihm die Sicht vollkommen versperrt wurde. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn sich eine ganze Division birmanischer Spezialkräfte dort versteckt hätte.
Die Temperatur bewegte sich bei dreißig Grad Celsius, doch der Mangel an Wind und die hohe Luftfeuchtigkeit vermittelten ihnen das Gefühl, sich in einer Sauna aufzuhalten. Schon nach wenigen Minuten zeichneten sich Schweißflecken in Cabrillos Achselhöhlen ab, und Schweißtropfen rannen über sein Gesicht. Der bevorstehende Regen wäre sicherlich eine Erleichterung, die sie kaum erwarten konnten.
»Okay, wir müssen etwa neunzig Kilometer zurücklegen. MacD und John sitzen als Ausguck vorne. Linda, du bleibst bei mir und achtest auf das, was sich hinter uns befindet. Die Techniker auf dem Schiff haben den Auspuff des Motors lärmdämmend überarbeitet, aber flussaufwärts sind wir sicherlich immer noch frühzeitig zu hören, also haltet lieber die Augen offen.«
Damit nahm Juan seinen Platz hinter der Steuerkonsole knapp hinter der Bootsmitte ein. Sie war neben den Gummiwülsten das Einzige, das sich über das Deck des spartanisch ausgerüsteten Sturmboots erhob.
»Ist die Ausrüstung gesichert?«, erkundigte er sich.
»Jawohl«, antwortete Linda und richtete sich auf, nachdem sie die Gepäckstücke mit einem Gummiseil an einer stabilen hochklappbaren Öse befestigt hatte.
Cabrillo drückte auf den Starterknopf, und der Motor sprang erwartungsgemäß sofort an. Er ließ den einzelnen Außenbordmotor für ein paar Sekunden warmlaufen. Dann schob er den Gashebel nach vorn. Das Boot kämpfte gegen die Strömung, bis sie relativ zum Ufer ihre Position hielten. Er steigerte die Motorleistung. Das Wasser hinter dem Spiegelheck schäumte auf, als sich die Schraube mit erhöhter Drehzahl in das schwarze, mit Gerbsäure gesättigte Flusswasser wühlte. Schon nach wenigen Sekunden erreichten sie eine Geschwindigkeit von gut zwanzig Stundenkilometern, was zwar noch weit unter der Höchstleitung des Bootes lag, auch wenn es nur mit einem einzigen Motor ausgestattet war, das aber doch ein Tempo war, das ihnen genügend Reaktionszeit ließ, falls irgendetwas stromab auf sie zukommen sollte.
Der Fahrtwind, der durch ihr zügiges Tempo entstand, verschaffte ihnen ein wenig Kühlung.
Wenn sie sich einer scharfen Flussbiegung näherten, bremste Cabrillo das Boot und tastete sich im Schleichtempo um die Kurve, um sicherzugehen, dass im toten Winkel keine unliebsame Überraschung lauerte.
Nach einer halben Stunde geschahen zwei Dinge gleichzeitig. Zunächst veränderte sich die Flusslandschaft. Die Ufer rückten näher zusammen, wodurch die Strömung stärker wurde. Große Steine tauchten plötzlich aus dem Wasser auf und erzeugten Wirbel und Tümpel, um die Cabrillo ihr Boot herumlenken musste. Noch waren es zwar keine Stromschnellen, aber das konnte sich sehr schnell ändern. Das Zweite war, dass die Regenwolken, die sich mittlerweile über ihnen befanden und jede Farbnuance des Dschungels verschluckten, nach einem brutalen Anstieg der Luftfeuchtigkeit, die ihre Lungen bei jedem Atemzug zu überschwemmen schien, aufrissen. Es war ein stetiger Regen, der wie mit Fäusten auf sie einprügelte. Er überschüttete sie wie aus Eimern und steigerte sich noch, so dass sie sich vorkamen, als würden sie mit Feuerwehrschläuchen malträtiert werden.
Juan angelte sich eine Schutzbrille aus einem der kleinen Ablagefächer unter der Steuerkonsole, zog sie sich über den Kopf und justierte sie vor den Augen. Ohne diese Brille hätte er nicht einmal den Bug des Bootes erkennen können. Viel weiter konnte er zwar auch mit der Brille nicht blicken, aber es reichte immerhin aus, um die Fahrt einigermaßen zügig fortsetzen zu können.
Er war dankbar, dass tropische Wolkenbrüche zum Glück immer nur kurz andauerten. Jedenfalls redete er sich das ein, während sich zehn Minuten zu zwanzig dehnten und sie gegen die ständig zunehmende Strömung kaum vorwärtskamen.
Die drei anderen hockten trübsinnig auf ihren Plätzen und sahen aus wie nasse Katzen. Als er zu Linda blickte, die sich mit dem Rücken gegen den Wulst
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