Killerwelle
mit Hilfe der darin versteckten Pistole zu hijacken. Er wollte Cabrillo lediglich demonstrieren, dass er völlig machtlos war und sein Schicksal von diesem Moment an von der Armee einer der skrupellosesten Diktaturen der Welt kontrolliert wurde.
Cabrillo brachte es nur mit großer Mühe fertig, dass seiner Miene die Enttäuschung über diese Entwicklung nicht anzusehen war. Anstatt dem Mistkerl anzudeuten, wie viel ihm die Prothese bedeutete, zuckte er betont lässig die Achseln und betrachtete die Umgebung, als hätte er nicht die geringsten Probleme. Wäre sein Mund in diesem Moment nicht so trocken gewesen, hätte er wahrscheinlich sogar eine fröhliche Melodie gepfiffen.
Dem Offizier gefiel ganz und gar nicht, dass seine Machtdemonstration nicht die gewünschte angstvolle Reaktion ausgelöst hatte, daher gab er einem der Soldaten, die sie in Schach hielten, einen scharfen Befehl. Fast im gleichen Moment krachte der Kolben einer Kalaschnikow gegen Juans Hinterkopf, und seine Welt wurde schwarz.
Cabrillo kam nur sporadisch wieder zu Bewusstsein. Er erinnerte sich an den gottserbärmlichen Lärm eines Hubschrauberflugs und daran, zweimal ziemlich unsanft behandelt worden zu sein. Aber bei beiden Erinnerungen kam es ihm vor, als wäre es jemand anderem zugestoßen, wie eine Szene aus einem Film, den er vor langer Zeit gesehen hatte. Er kehrte kein einziges Mal lange genug in die Gegenwart zurück, um Schmerzen zu empfinden oder feststellen zu können, wo er sich befand.
Die erste Empfindung, nachdem er aus dem schwarzen Abgrund auftauchte, war ein bohrender Schmerz in seinem Hinterkopf. Mehr als alles andere wollte er den Bereich mit der Hand untersuchen und sich vergewissern, dass sein Schädel nicht eingeschlagen worden war – was nach seinem Gefühl passiert sein musste. Aber er widerstand dem Drang. Ein Lehrer in Camp Peary, der Ausbildungseinrichtung der CIA, die auch unter der Bezeichnung The Farm bekannt war, hatte ihm einmal erklärt, dass er, wenn er jemals gefangen genommen werde und keine Ahnung habe, wo er sich befinde, so lange wie möglich völlig still daliegen solle. Dies gebe ihm die Gelegenheit, sich auszuruhen und, was noch wichtiger sei, Informationen darüber zu sammeln, wohin er gebracht worden sei.
Daher lag er da und stellte sich schlafend, während sein Kopf und andere Teile seines Körpers durch heftige Schmerzen auf sich aufmerksam machten und er gleichzeitig versuchte, über seine Umgebung so viel wie möglich in Erfahrung zu bringen. Er stellte fest, dass er noch immer bekleidet war, und spürte, da er ungehindert atmen konnte, dass sein Kopf unverhüllt war. Mit einiger Sicherheit konnte er feststellen, dass er nicht auf einem Tisch lag. Er strengte die Ohren an, hörte jedoch nichts. Er hatte Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Sein Kopf pochte im gleichen Rhythmus wie sein heftig klopfendes Herz.
Zehn Minuten dehnten sich zu einer Viertelstunde. Er war sich ziemlich sicher, dass er allein war, daher riskierte er es, ein Auge den Bruchteil eines Millimeters weit zu öffnen. Er konnte keine Gestalten erkennen, sah jedoch Licht. Es war nicht so hell wie eine Mittagssonne, eher mochte es der trübe Schein einer Glühbirne sein. Er öffnete das Auge etwas weiter – und konnte eine kahle, aus Zementblöcken gemauerte Wand erkennen, die unter einer Betondecke endete. Beides war mit den Spritzern und Flecken einer rostroten Substanz besudelt, in der Cabrillo getrocknetes Blut erkannte.
Er unterdrückte einen Laut der Abscheu.
Ihm fiel ein, dass MacD Lawless ebenfalls gefangen genommen worden war, daher konnte er nur beten, dass Linda und Smith es heil herausgeschafft hatten. Wenn sie dem Hinterhalt entkommen waren, würden sie sicherlich zur Oregon zurückkehren. Sobald sie mit dem RHIB weit genug den Fluss hinuntergekommen waren, konnte Gomez Adams sie mit dem Hubschrauber abholen.
Der ständig pochende Schmerz in seinem Kopf hielt unvermindert an. Begleitet wurde er von einem Gefühl der Übelkeit, das für Juan das eindeutige Anzeichen für eine Gehirnerschütterung war. Obgleich er sich nahezu sicher war, sich allein in irgendeiner Zelle zu befinden, wagte er nicht, den Kopf zu bewegen. Möglicherweise gab es versteckte Kameras oder einen Einwegspiegel hinter ihm. Er veränderte seine Lage ein wenig, so wie jemand, der im Tiefschlaf liegt und keine bewusste Kontrolle über seinen Körper hat. Seine Füße und Hände waren mit stählernen Handschellen an den Tisch
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