Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
fortzusetzen, der sich mit seiner inzwischen stark dezimierten Gruppe in Pakistan versteckt hielt. Als General Petraeus’ Flugzeug Anfang Januar 2010 in der jemenitischen Hauptstadt landete, hatte die Regierung Obama bereits beschlossen, die amerikanischen Angriffe im Jemen zu verstärken.
Präsident Saleh billigte nur widerstrebend, dass der Jemen zum Schauplatz amerikanischer Geheimoperationen wurde, und seine Treffen mit amerikanischen Regierungsvertretern arteten oft in eine Art Kuhhandel aus. Petraeus begann das 90-minütige Gespräch, indem er Saleh erst einmal zu besänftigen suchte: Er lobte die erfolgreichen Operationen der jemenitischen Streitkräfte gegen AQAP und sagte, er habe beantragt, die Zahlungen an den Jemen zur Terrorismusbekämpfung von jährlich 67 auf 105 Millionen Dollar fast zu verdoppeln.
Doch der gerissene Autokrat verlangte mehr. Er kam auf die kürzlich erfolgten Luftschläge der Amerikaner zu sprechen und erklärte, mit der Tötung der Zivilisten in Abyan seien »Fehler gemacht worden«. Tomahawk-Marschflugkörper seien schlecht geeignet für den Kampf gegen Terroristen, und zivile Opfer könnten vermieden werden, wenn ihm die USA ein Dutzend Kampfhubschrauber verschaffen würden, mit denen er die Lager der Terroristen angreifen könne. Dann würde es die Schuldigen treffen, und die Unschuldigen blieben verschont. Wenn Washington seine Bitte für richtig halte, könne General Petraeus vielleicht auf Saudi-Arabien und die Arabischen Emirate einwirken, damit sie ihm je sechs Hubschrauber zur Verfügung stellten. Petraeus reagierte mit einem Gegenvorschlag: Erlauben Sie amerikanischen Spezialkräften und Geheimagenten im Jemen, frontnäher zu operieren. Dann könnten die Amerikaner Daten von Drohnen und Satelliten herunterladen und diese Informationen benutzen, um die Verstecke der Terroristen schneller und genauer zu treffen.
Saleh lehnte den Vorschlag rundweg ab und sagte, die Amerikaner müssten innerhalb des Operationszentrums bleiben, das die CIA und das JSOC kürzlich ganz in der Nähe der Hauptstadt eingerichtet hätten. Der Luftkrieg jedoch könne fortgesetzt werden. Er werde amerikanischen Kampfflugzeugen und Bombern gestatten, vor der Küste zu warten und spezifische Einsätze im jemenitischen Luftraum zu fliegen, wenn Erkenntnisse über den Aufenthaltsort führender AQAP -Kämpfer vorlägen. Außerdem wolle er auch künftig den Schein aufrechterhalten, dass die USA im Jemen keinen Krieg führten.
»Wir sagen weiterhin, dass die Bomben von uns sind und nicht von Ihnen«, meinte er.
Die Vereinigten Staaten verwickelten sich immer stärker in einen Krieg in einem Land, das sie lange ignoriert und nie richtig verstanden hatten. Sie kämpften mit einer Bande von Fanatikern, die sich mit der einzigen Supermacht der Welt anlegten, und die Regierung Obama hatte immer noch kaum eine Ahnung, wie viel Unterstützung die Kämpfer hatten und wo sie sich versteckten. Die Amerikaner konnten kaum zwischen echten Erkenntnissen und Falschinformationen unterscheiden, die sie von jemenitischen Informanten bekamen, die ihre eigenen Interessen verfolgten.
Im Mai 2010 , fünf Monate nach Petraeus’ Besuch, trafen amerikanische Raketen das Auto von Jaber al-Shabwani, dem Vizegouverneur der Provinz Ma’rib. Er hatte von Präsident Saleh den Auftrag erhalten, mit der jemenitischen Qaida-Fraktion zu verhandeln. Nun wurde er mit seinen Leibwächtern auf dem Weg zu einem Treffen getötet, bei dem er mit Qaida-Kämpfern über einen Waffenstillstand beraten wollte. Seine politischen Gegner hatten amerikanischen Spezialeinsatzkräften freilich eine ganz andere Geschichte erzählt, nämlich dass er mit al-Qaida im Bunde sei. Die Amerikaner waren schlicht benutzt worden, um durch einen Hightech-Treffer eine Stammesfehde zu beenden.
Der amerikanische Raketenschlag rief im ganzen Jemen große Empörung hervor. Präsedent Saleh verlangte ein Ende der Luftangriffe, und Bewohner von Ma’rib steckten eine Pipeline in Brand, die tagelang brannte. Der amerikanische Krieg im Jemen war auf unbestimmte Zeit zum Stillstand gekommen.
In Washington wurden den bedeutendsten US -Präsidenten großartige Denkmäler gewidmet, und ihre wichtigsten Äußerungen sind in weißen Marmor gehauen. Nach eher mittelmäßigen Präsidenten dagegen sind Konferenzräume in den Motels der Innenstadt benannt. Am 6. April 2010 stieg Dennis Blair die Treppe in den Keller des Willard-Hotels hinab, wo sich Tagungsräume befanden, für
Weitere Kostenlose Bücher