Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
direkten Draht zum Präsidenten bei der Genehmigung verdeckter Operationen. Panetta fand, dass die von Blair und Gates verfasste Liste Obamas Freiheit, Geheimaktionen zu bewilligen, unnötig einschränkte.
Blair scheiterte auf der ganzen Linie, und die Obama-Administration billigte alle verdeckten Aktionsprogramme, die sie von der Regierung Bush übernommen hatte. Die CIA hatte einen Sieg errungen, und Blairs Position im Weißen Haus war dauerhaft geschwächt.
Selbst als über die künftige Entwicklung der Geheimprogramme diskutiert wurde, dachte niemand daran, die gezielten Tötungen zu beenden. Ganz im Gegenteil, in den ersten Monaten der neuen Regierung wurde unter Leitung des Nationalen Sicherheitsberaters James Jones eine zentrale »Tötungsliste« für Operationen außerhalb erklärter Kriegsgebiete zusammengestellt. Dieses sogenannte Jones-Memo war ein früher Versuch der Regierung Obama, Verfahrensregeln für die Führung eines geheimen Kriegs festzulegen, von dem die meisten glaubten, dass er Obamas Amtszeit lange überdauern würde. Die Liste wurde vom Nationalen Sicherheitsrat geführt, und obwohl sich manche Regierungsbeamte sehr darum bemühten, dass bei der Aufnahme neuer Todeskandidaten strenge Kriterien galten, wurden die Kriterien in manchen Fällen aufgeweicht.
So war die CIA in der Frühzeit der Regierung Obama nicht autorisiert, Baitullah Mehsud zu töten. Er hatte es zum unbestrittenen Führer der pakistanischen Taliban gebracht, seit Art Keller seinen Namen auf einem Stützpunkt der CIA in den Stammesgebieten zum ersten Mal gehört hatte. Die pakistanischen Taliban, die im Land selbst als Tehrik- i-T aliban Pakistan ( TTP ) bezeichnet wurden, griffen damals in einer grausigen Welle der Gewalt pakistanische Militär- und Regierungseinrichtungen an. Pakistans Zivilregierung, die nach dem Rücktritt Präsident Musharrafs an die Macht kam, begann darauf zu drängen, dass die USA Mehsud genau wie seinen Vorgänger Nek Muhammad mit einer bewaffneten Drohne liqidierten. Doch die Antwort lautete Nein. In einem persönlichen Gespräch Anfang 2009 erklärte der Stellvertretende CIA -Direktor Stephen Kappes dem pakistanischen Botschafter Husain Haqqani in Washington, Mehsud und seine Anhänger hätten die Vereinigten Staaten nicht angegriffen, deshalb könne die CIA keine legale Genehmigung für ihre Tötung bekommen.
Verschwörungstheoretiker in Pakistan hatten eine andere Erklärung: Mehsud war in Wirklichkeit ein indischer Agent, und die USA hatten Neu-Delhi versprochen, ihn zu verschonen. Als jedoch die Pakistaner weiter Druck machten, produzierten Juristen der CIA Rechtsgutachten, die zu dem Schluss kamen, dass auch hohe Führer der TTP mit einiger Berechtigung auf die Tötungsliste gesetzt werden könnten. Schließlich böten die pakistanischen Taliban Qaida-Kämpfern Schutz, und außerdem werde es immer schwieriger, Gruppen, die nur in Pakistan Anschläge verübten, von anderen Gruppen zu unterscheiden, die auch den Westen treffen wollten. Ganz abgesehen von der juristischen Begründung gab es auch Leute, die glaubten, es könne diplomatische Vorteile haben, wenn die CIA den gefährlichsten Feind Pakistans tötete.
An einem warmen Abend Anfang August 2009 schwebte eine Drohne der CIA über dem Dorf Zanghara in Süd-Waziristan und richtete ihre Kamera auf das Flachdach, wo Baitullah Mehsud und mehrere Mitglieder seiner Familie gerade die frische Abendluft genossen. Mehsud, ein Diabetiker, hing an einem Insulintropf, als die Drohne eine Rakete abschoss, die alle Menschen auf dem Dach tötete. Pakistanische Regierungsbeamte begrüßten die Aktion, und in Washington wurde der Drohnenschlag von einigen als goodwill kill bezeichnet – als »Tötung aus Gefallen«.
Leon Panetta hatte seine neue Rolle als Militärkommandeur angenommen, und seine Amtszeit in Langley sollte geprägt sein durch den aggressiven – einige würden sagen, rücksichtslosen – Krieg mittels gezielter Tötungen. Am Ende seiner Regentschaft bei der CIA scherzte der fromme Katholik Panetta, er habe »in den letzten zwei Jahren mehr Ave Marias gesprochen als in meinem ganzen vorherigen Leben«.
Zwei Monate nach der Tötung Baitullah Mehsuds kam Leon Panetta mit einer langen Liste paramilitärischer Operationen ins Weiße Haus, die er für die CIA bewilligt haben wollte. Er beantragte mehr bewaffnete Drohnen, und er wollte, dass man bei der pakistanischen Regierung die Genehmigung einhole, dass die Drohnen in den
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