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Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)

Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)

Titel: Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Mazzetti
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Obama war nur ein kleiner Kreis in die Verhandlungen eingeweiht, und je länger sie sich hinzogen, umso näher rückte der Urteilsspruch des Obersten Gerichtshofs in Lahore in der Frage, ob Davis diplomatische Immunität zustand. Und bei der CIA ging man davon aus, dass die Richter gegen die Vereinigten Staaten entscheiden und damit einen Präzedenzfall für künftige vergleichbare Verfahren in Pakistan schaffen würden.
    Von alledem bekam Raymond Davis nichts mit. Als er am 16. März zu seinem Gerichtstermin erschien, ging er fest davon aus, dass eine Fortführung des Verfahrens verkündet und der Richter einen neuen Verhandlungstermin anberaumen würde. In Handschellen wurde er in den Gerichtssaal geführt und in einem vergitterten Käfig neben der Richterbank eingeschlossen. Im hinteren Teil des Gerichtssaals saß ein ISI -Mitarbeiter und schickte von seinem Handy unablässig Textnachrichten an General Pasha, um ihn über den Fortgang der Verhandlung auf dem Laufenden zu halten. Pasha schickte sie weiter an Botschaftler Munter. Obgleich Pasha einer der mächtigsten Männer des Landes war, hatte der ISI kaum Einfluss auf die unberechenbaren Richter in Lahore, und entsprechend unsicher war er sich, ob tatsächlich alles wie geplant laufen würde.
    Der erste Teil der Anhörung verlief ohne größere Überraschungen. Wie erwartet verkündete der Richter, dass die Verhandlung fortgesetzt und er innerhalb der nächsten Tage seine Entscheidung über die diplomatische Immunität des Angeklagten verkünden würde. In aller Eile gaben die pakistanischen Gerichtsreporter schon die ersten Meldungen heraus, dass dies ein schwerer Schlag für die Amerikaner sei und es nicht danach aussähe, als würde Davis in absehbarer Zeit auf freien Fuß kommen. Doch dann verwies der Richter die Reporter aus dem Gerichtssaal, und General Pashas Geheimplan wurde Realität.
    Nachdem durch eine Seitentür achtzehn Verwandte der Opfer den Saal betreten und Platz genommen hatten, verkündete der Richter, dass das Zivilgericht nun als Scharia-Gericht fungiere. Jetzt trat jedes einzelne Familienmitglied vor Davis, manche mit Tränen in den Augen, andere hemmungslos weinend, und erklärte, dass er oder sie ihm vergebe. Als das vorüber war, schickte Pasha eine weitere SMS an Munter: Die Sache ist geregelt und Davis ein freier Mann. In dem Gerichtssaal in Lahore hatten die Gesetze Gottes über die der Menschen triumphiert.
    Das Drama hatte sich vollständig auf Urdu abgespielt, und die ganze Zeit über saß ein völlig konsternierter Raymond Davis in seinem Stahlkäfig und sagte nicht ein einziges Wort. Seine Fassungslosigkeit nahm noch zu, als ISI -Beamte ihn durch einen Hinterausgang aus dem Gerichtsgebäude schafften und in einen bereitstehenden Wagen schoben, der gleich darauf mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Flughafen davonbrauste.
    Die ganze Aktion war mit dem Ziel arrangiert worden, Davis so schnell wie möglich außer Landes zu befördern. Dennoch machten sich die amerikanischen Beamten, unter ihnen auch Botschafter Munter, die am Flughafen von Lahore auf Davis warteten, große Sorgen. Immerhin hatte Davis erst vor Kurzem zwei Männer erschossen, weil er sich von ihnen bedroht gefühlt hatte, und sollte er jetzt glauben, man hätte ihn nur deswegen aus dem Gericht geholt, um ihn um die Ecke zu bringen, könnte er womöglich versuchen, zu fliehen oder gar die ISI -Beamten im Wagen anzugreifen. Und tatsächlich wirkte Davis, als das Auto am Flugplatz ankam und direkt vor dem Flieger stoppte, der ihn außer Landes bringen sollte, völlig desorientiert. Erst jetzt, so kam es den auf ihn wartenden Amerikanern vor, dämmerte ihm, dass er in Sicherheit war.
    Das Flugzeug mit Raymond Davis an Bord flog nach Westen, nach Afghanistan, wo er in Kabul an CIA -Beamte übergeben wurde. Zum ersten Mal seit Ende Januar konnte er seine Version der fatalen Ereignisse in Lahore, von seiner Verhaftung und seiner Zeit im Gefängnis erzählen, ohne befürchten zu müssen, dass pakistanische Spione ihm dabei zuhörten.
    Nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten versuchte Raymond Davis sich wieder in sein altes Leben einzufinden, aber es gelang ihm nicht, dem Gefängnis lange fernzubleiben. Am 1. Oktober 2011 , nur sieben Monate nach seiner plötzlichen Freilassung aus pakistanischer Haft, steuerte Davis einen freien Parkplatz vor einem Bagel-Shop in Highlands Ranch an, einem Vorort von Denver, Colorado. Dasselbe tat Jeff Maes, ein fünfzig Jahre

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