Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
Verbrechen nicht vor Gericht gestellt und schlussendlich am Galgen aufgeknüpft werden. Angehörige des amerikanischen Konsulats in Lahore besuchten Davis zwar regelmäßig, doch die Regierung Obama weigerte sich weiterhin, den pakistanischen Machthabern nähere Auskunft über die eigentlichen Tätigkeiten Davis’ in ihrem Land zu geben. Und dann forderte der Vorfall zu allem Überfluss auch noch ein weiteres Opfer.
Am 6. Februar 2011 schluckte die trauernde Witwe eines von Davis’ Opfern eine tödliche Dosis Rattengift und wurde ins Krankenhaus von Faisalbad gebracht, wo Ärzte ihr den Magen auspumpten. Die Frau, Shumalia Faheem, war überzeugt, dass die Vereinigten Staaten und Pakistan insgeheim einen Deal aushandeln würden und der Mörder ihres Manns ungestraft aus dem Gefängnis freikäme, wie sie vom Krankenbett aus gegenüber den Ärzten erklärte. »Im Gefängnis behandeln sie den Mörder meines Gatten doch jetzt schon wie einen VIP , und bei dem ganzen Druck aus dem Ausland werden sie ihn ganz bestimmt laufen lassen«, sagte sie. »Dieser Mann hat meinen Ehemann umgebracht, und ich verlange Gerechtigkeit. Es ist mir egal, ob er Amerikaner ist. Damit darf er einfach nicht davonkommen.« Kurz darauf starb sie und wurde von den pakistanischen Gruppen, die die Davis-Affäre zu ihrer Cause célèbre machten, postwendend zur Märtyrerin erhoben.
Der Volkszorn, der sich an den von Davis begangenen Morden entzündet hatte, eskalierte zusehends und drohte, den Großteil der CIA -Operationen in Pakistan lahmzulegen und möglicherweise sogar den Abbruch der Aufklärungsmission in Abbottabad zu erzwingen. Aber die CIA blieb unnachgiebig und schickte Topbeamte nach Islamabad, die US -Botschafter Munter auf die Strategie der Agency einschwören sollten: die Pakistaner massiv drängen, Davis freizulassen und ihnen für den Fall, dass sie nicht kooperieren, schwerwiegende Konsequenzen androhen. Mit anderen Worten, wenn wir die Daumenschrauben nur weiter anziehen, werden sie irgendwann schon parieren.
Munter jedoch war inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass die Strategie der CIA zum Scheitern verurteilt war, und hatte sich bereits mit mehreren anderen amerikanischen Beamten daran gemacht, einen neuen Plan auszuarbeiten. Nach Unterredungen mit Mitarbeitern des Weißen Hauses, des State Departments und der CIA in Washington kontaktierte Munter ISI -Direktor Pasha und sprach ganz offen mit ihm. Ja, Davis gehöre zur CIA , sagte er, und die Vereinigten Staaten legten den größten Wert darauf, ihn so schnell als möglich außer Landes zu bringen.
Aber General Pasha hatte nicht vor, die Amerikaner so billig davonkommen zu lassen. Er war immer noch fuchsteufelswild, weil Panetta ihm ins Gesicht gelogen hatte, und fest entschlossen, die Amerikaner erst noch eine Weile zappeln – und Davis im Gefängnis schmoren – zu lassen, während er ganz in Ruhe darüber nachdachte, wie die verfahrene Situation am besten zu lösen sei.
Über eine Woche verging, bis Pasha sich wieder bei Munter meldete und ihm seine Lösung unterbreitete – eine durch und durch pakistanische Lösung, die auf einer uralten Tradition basierte und es möglich machte, die Sache außerhalb des unberechenbaren pakistanischen Gerichtssystems beizulegen. Pasha hatte den Plan mit einer Reihe hochrangiger pakistanischer Beamter ausgetüftelt, darunter auch Pakistans Botschafter in Washington, Haqqani: Die USA sollten zur Wiedergutmachung von Davis’ Taten ein »Blutgeld«, diya, bezahlen, ein in der Scharia festgelegter Brauch, durch den die Familien der Opfer für den Tod ihrer Verwandten entschädigt werden. Die Sache würde hinter den Kulissen arrangiert werden, die CIA den Hinterbliebenen die festgesetzte Summe auszahlen und Davis aus dem Gefängnis freikommen.
Munter stimmte zu, und der ISI machte sich an die Arbeit. Auf Pashas Weisung hin trafen sich ISI -Agenten mit den Familien der drei im Januar in Lahore zu Tode gekommenen Männer, um mit ihnen eine gütliche Vereinbarung auszuhandeln. Ein paar der Verwandten sträubten sich zunächst, aber die Unterhändler des ISI ließen keinen Zweifel an ihrer Entschlossenheit, die Affäre zu einem Abschluss zu bringen. Nach wochenlangen Gesprächen einigten sich die betroffenen Parteien auf die Zahlung eines Blutgelds in Höhe von insgesamt 200 Millionen Rupien, umgerechnet etwa 2,34 Millionen US -Dollar. Im Gegenzug würden sie dem inhaftierten CIA -Agenten ihre »Vergebung« aussprechen.
In der Regierung
Weitere Kostenlose Bücher