Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
ist die Entwicklung in den Vereinigten Staaten in exakt der entgegengesetzten Richtung verlaufen. Inzwischen wachen die CIA und das Pentagon eifersüchtig über ihre jeweiligen Aktivposten in der Architektur des Schattenkriegs – eine Drohnenbasis in Saudi-Arabien, ein ehemaliger Stützpunkt der französischen Fremdenlegion in Dschibuti und diverse andere Außenposten in entlegenen Regionen – und sträuben sich mit Händen und Füßen dagegen, auch nur einen Zollbreit ihrer Kompetenzen abzugeben. Dass die Politiker in Washington die Zukunft der amerikanischen Kriegführung in gezielten Tötungsoperationen sehen, bestärkt sie in dieser Haltung nur noch. Während das Pentagon den Ausbau seiner Kapazitäten zur Informationsbeschaffung durch menschliche Quellen vorantreibt, will die Defense Intelligence Agency einen neuen, mehrere hundert Mann starken Geheimagentenkader für Spionageeinsätze in Afrika, dem Nahen Osten und Asien rekrutieren. »Alles steht auf dem Kopf«, kommentierte W. George Jameson, ein Jurist, der dreiunddreißig Jahre für die CIA tätig war, diese Entwicklung. »Wir haben einen Geheimdienst, der einen Krieg führt, und Streitkräfte, die vor Ort geheimdienstliche Nachrichtenbeschaffung betreiben.«
Den gesamten zermürbenden Präsidentschaftswahlkampf 2012 hindurch spielte Obama immer wieder auf die gezielten Tötungen als Zeichen seiner Härte an und sprach mit einer Aggressivität, die an Präsident Bush in den ersten Wochen und Monaten nach den Anschlägen vom 11. September 2001 erinnerte. Von einem Reporter auf den vom republikanischen Präsidentschaftskandidaten gegen ihn erhobenen Vorwurf angesprochen, außenpolitisch sei er ein »Appeaser«, einer, der die Feinde Amerikas mit Samthandschuhen anfasse, giftete Obama zurück: »Fragen Sie doch Osama Bin Laden und die anderen zweiundzwanzig von dreißig Qaida-Führern, die wir aus dem Spiel genommen haben, ob ich eine Beschwichtigungspolitik betreibe. Oder wen auch immer es da draußen noch gibt. Fragen Sie die.«
Ungeachtet ihrer vielen sonstigen politischen Differenzen waren Obama und sein Herausforderer, der republikanische Gouverneur Mitt Romney, im Präsidentschaftswahlkampf 2012 im Hinblick auf die gezielten Tötungen ein und derselben Meinung. Romney kündigte sogar an, dass er, sollte er die Wahl gewinnen, den von Obama ausgeweiteten Drohnenkrieg fortführen würde. Angetrieben von der Furcht, die Kontrolle über den Drohnenkrieg an die Republikaner zu verlieren, beeilten sich Obamas Mitarbeiter in den letzten Wochen vor der Wahl noch, klare Regeln für die Drohneneinsätze zu verfassen. Ihre hektischen Bemühungen, das Prozedere für gezielte Tötungen zu kodifizieren, zeigten nur, in welchem Ausmaß die Geheimoperationen bislang gewissermaßen nach dem Ad-hoc-Prinzip gehandhabt worden waren. Fundamentale Fragen wie etwa die, welche Personen getötet werden dürfen, wo sie getötet werden dürfen und wann sie getötet werden dürfen, waren noch immer nicht beantwortet.
Und das sollte so bleiben: Denn nach Obamas Wahlsieg am 6. November 2012 bestand keine unmittelbare Notwendigkeit mehr, Antworten auf diese Fragen zu finden – und mit den Bemühungen, die geheimen Kriege eindeutigen Regeln zu unterwerfen, war es erst einmal vorbei.
Die von den langen, blutigen und kostspieligen Kriegen im Irak und in Afghanistan erschöpfte Nation hatte am Ende von Obamas erster Amtszeit offenbar wenig an der von der Regierung betriebenen Ausweitung der verdeckten Kriegführung auszusetzen. Laut einer im Auftrag von Amy Zegart von der Stanford University im August 2012 durchgeführten Online-Umfrage sprachen sich die Amerikaner im Vergleich zu früheren Umfragen deutlich häufiger für ein hartes Vorgehen im Kampf gegen den Terror aus. Eine klare Mehrheit – 69 Prozent der Befragten – erklärte, dass sie das Programm der Regierung zur geheimen Tötung von Terroristen befürworte.
Die gezielten Tötungen haben die CIA zu einer unersetzlichen Stütze der Regierung Obama gemacht und sogar ihr Image in anderen Bereichen verbessert. In derselben Umfrage bekundeten 69 Prozent der Befragten ihr Vertrauen darin, dass amerikanische Geheimdienste über genaue Informationen über die Vorgänge im Iran und in Nordkorea verfügten. Das waren über 20 Prozentpunkte mehr als bei einer vergleichbaren Umfrage 2005, als der CIA ihre falschen Geheimdienstberichte zum irakischen Waffenprogramm um die Ohren gehauen wurden. Und das, obwohl die Umfrage von
Weitere Kostenlose Bücher