Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
kleine Gruppe von Testpiloten in Indian Springs versuchte, die Predator-Drohne von einem Jäger in einen Killer zu verwandeln.
Die Unterkünfte auf dem Stützpunkt sollten abgerissen werden, weil die Wände der Bungalows mit Asbest verseucht waren. Deshalb kam das Predator-Team jeden morgen aus Mietshäusern in den Vorstädten von Las Vegas zu seinem Kommandoposten, der in einer ehemaligen Kirche von Indian Springs eingerichtet war. Curt Hawes, einer der Predator-Piloten auf dem Stützpunkt in den Jahren 2000 und 2001 , erinnert sich, dass seine Gruppe die vage Vorstellung hatte, die Drohnentests seien intensiviert worden, weil die CIA die Predator unbedingt zur Tötung Bin Ladens einsetzen wolle. Doch die meisten Details der in Washington geführten Debatte blieben den Testpiloten unbekannt.
Finanziert wurde das Projekt von dem sogenannten »Big-Safari-Büro« der Air Force, einer geheimen Abteilung, deren Standort der Luftwaffenstützpunkt Wright-Patterson in Dayton, Ohio, war und die geheime Nachrichtenbeschaffungsprogramme für das Militär entwickelte. Die Funktion von Big Safari bestand darin, die Bürokratie des Pentagons auszumanövrieren, damit bestimmte Waffensysteme schneller als üblich vom Zeichenbrett ins Gefecht gelangten, was manchmal auch bedeuten konnte, dass sie bei ihren ersten Einsätzen noch nicht ganz ausgereift waren. Dies war auch bei den frühen Modellen der Predator der Fall. Ihre Fernsteuerung war so schlecht konstruiert, dass Piloten sie mit einer schlecht zusammengebauten Mr-Potato-Head-Puppe verglichen. Einer ihrer krassesten Mängel bestand darin, dass der Knopf, mit dem man den Antrieb der Drohne abstellte, nur etwa einen halben Zentimeter von dem entfernt war, mit dem man eine Hellfire-Rakete abschoss – eine Fehlerquelle mit potenziell tödlichen Folgen.
Das größere Problem bestand jedoch darin, dass niemand so recht wusste, wie die Drohne auf den Start der Rakete reagieren würde. Würde ihr Abschuss das Flugwerk beschädigen oder der Drohne mitten im Flug die Flügel abreißen? Im Januar 2001 wurde in der Hochwüste von China Lake in Kalifornien ein Test durchgeführt, um genau dies herauszufinden. Drei Tage nach der Amtseinführung von Präsident Bush ketteten Ingenieure der Air Force eine Predator an einen Betonsockel auf dem Gipfel eines kleinen Bergs und starteten eine auf die Drohne montierte Hellfire-Rakete. Die Rakete traf den Panzer, den sie treffen sollte, und die Drohne blieb unversehrt. Die Flugtests konnten beginnen.
Mehrere Stunden vor Tagesanbruch am 16. Februar 2001 verließ Curt Hawes den Kommandoposten in der ehemaligen Kirche in Indian Springs und fuhr 30 Kilometer in die Wüste hinein. Am Abend vorher war er die Checkliste für die Flugvorbereitung in seinem Zimmer in Las Vegas mental noch einmal durchgegangen. Dann hatte er mit geschlossenen Augen die Handbewegungen geübt, die nötig waren, um die Drohne mit dem Joystick zu steuern und eine Rakete abzufeuern.
Vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte der amerikanischen Fliegerei hatte der Stress vor einem bahnbrechenden Test nichts damit zu tun, dass der Pilot sein Leben riskierte. Curt Hawes wachte am Morgen des 16. Februar ganz anders auf als Chuck Yeager, der hoffte, dass er nicht der letzte Testpilot sein würde, als er sich in das Cockpit der Bell X-1 quetschte und versuchte, die Schallmauer zu durchbrechen. Hawes war überhaupt keinem Risiko ausgesetzt, aber genau deshalb war der Test ein solcher Meilenstein: Die Vereinigten Staaten entwickelten eine neue Kriegswaffe, mit der niemand mehr in den Krieg ziehen musste.
Der Test sollte am frühen Morgen stattfinden, wenn in der Wüste am wenigsten Wind weht. Kurz nach Sonnenaufgang übernahm Hawes die Kontrolle von dem Team, das die Drohne auf der Startbahn in Indian Springs gestartet hatte. Er ließ sie langsam auf 600 Meter heruntergehen, die größte Höhe, aus der je eine Hellfire-Rakete gestartet worden war. Dann nahm er mithilfe eines Laserstrahls, den ein Mann am Boden auf einen Panzer in der Wüste richtete, den Panzer ins Visier, und drückte den Knopf, der die Rakete startete.
Was Hawes im Gedächtnis blieb: die Stille, in der sich die ganze Operation abspielte. Er war der Pilot, aber er war viele Kilometer von seinem Flugzeug entfernt. Er konnte weder den Antrieb der Rakete hören, noch den Ruck spüren, der bei ihrem Start durch die Drohne ging. Das Bild auf seinem Schirm flackerte wegen des heißen Schweifs der Rakete, und er
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