Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
-Hauptquartier. Er wollte ein paar Geschenke für Freunde kaufen und ging die Regale entlang, die mit Bechern, Fleecejacken und T-S hirts gefüllt waren, auf denen das CIA -Logo prangte. Dann machte er eine unerwartete Entdeckung: ein Golfhemd mit einer kleinen aufgestickten Drohne auf der linken Seite. Die Predator war immer noch eines der geheimsten Programme der CIA , und doch verscherbelte diese bereits Souvenirs mit ihrem Abbild.
Noch im selben Jahr bewies die Tötung von al-Harethi im Jemen, dass die CIA in Zusammenarbeit mit einem nachgiebigen Verbündeten weit jenseits aller Kriegszonen Krieg führen konnte. Mitglieder der Regierung Bush waren so erfreut über den Schlag, dass Details über den Angriff schnell durchsickerten und die vom Jemen gestreute Tarngeschichte ad absurdum führten. Der stellvertretende Verteidigungsminister Paul Wolfowitz pries den Schlag sogar auf CNN .
Präsident Saleh war außer sich vor Wut, als er von Wolfowitz’ Äußerungen erfuhr. Er und seine Regierung waren öffentlich zu Narren und Lügnern gemacht worden. Er bestellte die amerikanischen Spione und Diplomaten sofort zu sich. Da Washington kein Geheimnis bewahren könne, werde der geheime Krieg im Jemen heruntergefahren, sagte er und befahl die sofortige Einstellung der Predator-Einsätze.
Und sie wurden tatsächlich eingestellt, fast neun Jahre lang. Erst 2011 , als im Jemen das Chaos ausbrach und Saleh Schritt für Schritt die Macht verlor, befahl ein anderer Präsident, die bewaffneten Drohnen wieder in den Himmel über dem Jemen aufsteigen zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt konnte Saleh der Maßnahme praktisch keinen Widerstand mehr entgegensetzen.
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E IN WAHRER P ASCHTUNE
»In Pakistan fallen laufend Dinge vom Himmel runter.«
Pervez Musharraf
»Warum folgt mir dieser Vogel?«
Umgeben von seinen Gefolgsleuten, saß Nek Muhammad Wazir in einem Lehmhaus irgendwo in Süd-Waziristan und unterhielt sich per Satellitentelefon mit einem BBC -Reporter. Gerade eben hatte der junge Kommandeur mit dem langen, pechschwarzen Haar draußen vor dem Fenster etwas in der Luft schweben sehen, etwas, das in der Sonne glitzerte, und nun wollte er von einem seiner Leutnants wissen, was es mit diesem glänzenden Metallding da am Himmel über ihnen auf sich hatte.
Nek Muhammad hatte kurz zuvor die pakistanische Armee vorgeführt – und seitdem die CIA auf den Fersen. Seit er im Frühjahr 2004 eine Armee zum Kampf gegen die Regierungstruppen aufgestellt und Islamabad an den Verhandlungstisch gezwungen hatte, war er der unumstrittene Rockstar der pakistanischen Stammesgebiete. Und die pakistanischen Führer, die sein rasanter Aufstieg unvorbereitet getroffen hatte, wollten ihn jetzt tot sehen.
Mit seinen neunundzwanzig Jahren gehörte Nek Muhammad zur zweiten Generation der pakistanischen Mudschahedin, einer Generation Gotteskrieger, die keinen Grund für irgendeine Loyalität gegenüber dem ISI sahen, der ihren Vätern im Kampf gegen die Sowjets beigestanden hatte. Viele Pakistaner in den Stammesgebieten verachteten Präsident Musharraf für die Allianz, die er nach den Anschlägen vom 11. September 2001 mit Washington eingegangen war, und sahen keinen großen Unterschied zwischen dem pakistanischen Militär und dem der Amerikaner, die in ihren Augen nicht anders als die Sowjets viele Jahre zuvor einen Angriffskrieg gegen Afghanistan führten. Nek Muhammad gab der pakistanischen Regierung den ersten Vorgeschmack darauf, was sich in den folgenden Jahren zu einem immer größeren Problem auswachsen sollte: auf eine militante Opposition, die ihre Reichweite über das westliche Bergland hinaus auf die dicht besiedelten Regionen des Landes ausweiten sollte, in die unmittelbare Nachbarschaft der größten und wichtigsten Städte Pakistans. Eine militante Bewegung, die zu kontrollieren Islamabad irgendwann nicht mehr in der Lage sein sollte.
In Wana, dem Geschäfts- und Verwaltungszentrum von Süd-Waziristan, geboren, wurde Nek Muhammad schon in jungen Jahren auf eine der Religionsschulen geschickt, die hier in 1980er-Jahren aufgebaut worden waren, um der analphabetischen Jugend in den unter Bundesverwaltung stehenden Stammesgebieten ( FATA ) etwas Bildung angedeihen zu lassen. Nach fünf Jahren hatte er die Schule geschmissen und sich in den frühen 1990er-Jahren als Schmalspur-Autodieb und später als Ladenbetreiber auf dem Basar von Wana durchgeschlagen. Seine wahre Berufung entdeckte er 1993 , als er rekrutiert wurde, um im damals in
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