Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
Ausland gegen eine Führungsposition in Langley eintauschte und Verbindungsmann der CIA zum Pentagon wurde, hatte Bin Laden schon mehrfach bewiesen, dass er jederzeit überall zuschlagen konnte, etwa durch die Bombenanschläge auf die amerikanischen Botschaften in Kenia und Tansania 1998 oder den Angriff auf die Cole im Jemen zwei Jahre später. Die Regierung Clinton hatte kaum einen Plan, wenn es darum ging, herauszufinden, wo sich der al-Qaida-Führer befand und ihn zu töten, bevor er den Ort wechselte.
Im Situation Room des Weißen Hauses wurden Diskussionen über Bin Laden zu abstrakten Debatten darüber, mit welcher Tötungsmethode das Weiße Haus das Tötungsverbot von 1976 missachten oder nicht missachten würde. Clarke erinnerte sich an eine Besprechung, bei der Sicherheitsberater Sandy Berger so wütend über die Debatte wurde, dass er alle Anwesenden anschrie. »Er sagte: ›Für Leute wie Sie ist es also absolut in Ordnung, wenn Bill Clinton Bin Laden mit einem Tomahawk-Marschflugkörper tötet, aber wenn er ihm eine 7,62-Millimeter-Kugel zwischen die Augen schießt, ist es schlimm? Können Sie mir mal erklären, welchen Unterschied es macht, ob er mit einem Tomahawk oder einem M16 getötet wird?‹«
»Berger war einem Herzinfarkt nahe«, sagte Clarke. »Er war schweißgebadet und ganz rot im Gesicht, und er schrie die Leute an.«
Präsident Clinton war alles andere als begeistert über den Mangel an Optionen. »Wissen Sie«, sagte er einmal zum General Hugh Shelton, dem damaligen Chef des Vereinigten Generalstabs, »al-Qaida würde sich in die Hose machen vor Angst, wenn sich mitten in ihrem Lager plötzlich ein Haufen schwarzer Ninjas aus einem Hubschrauber abseilen würde.«
Da das Pentagon keine Ninjas zur Verfügung hatte, erklärte es sich bereit, zwei U-B oote im Arabischen Meer zu stationieren, die mit minimaler Vorbereitungszeit Tomahawk-Marschflugkörper nach Afghanistan hineinschießen konnten. Ohne frische Erkenntnisse über Bin Ladens Aufenthaltsort waren die Boote jedoch nutzlos, und hohe Admiräle drängten schon bald auf ihre Verlegung.
Die CIA hatte eine Taliban-Quelle, die den Amerikanern Informationen lieferte, aber diese waren in der Regel vierundzwanzig Stunden alt, und deshalb nicht so zuverlässig, dass das Weiße Haus einen Raketenangriff auf Ziele in Afghanistan genehmigt hätte. Auf ihrer verzweifelten Suche nach Ideen trafen sich Geheimdienstbeamte mit Vertretern der amerikanischen Rüstungsindustrie und überlegten, ob man vielleicht Prallluftschiffe oder Heißluftballone bauen könnte, um aus 10000 Metern Höhe afghanisches Territorium zu fotografieren. Sie verwarfen die Idee jedoch wieder, als sie an die diplomatischen Verwicklungen dachten, wenn Windböen aus dem Hindukusch eines der Luftschiffe vom Kurs gebracht und ein paar Hundert Kilometer nach China hineingeblasen hätten – womöglich über ein Atomkraftwerk.
Clarkes Verhältnis zu CIA -Direktor George Tenet und zu James Pavitt, dem Chef des Directorate of Operations, war äußerst kühl, also beschloss er, anderswo nach Ideen zu suchen. So rief er den führenden CIA -Analysten Charles E. Allen an, der schon seit vier Jahrzehnten für den Dienst arbeitete und damals Mitte sechzig war. Der kluge und eigensinnige Mann war von früheren Schlachten des Geheimdiensts gezeichnet; seine Karriere hatte durch die Iran-Contra-Affäre schwer gelitten. Zugleich genoss er jedoch einen legendären Ruf unter CIA -Analysten, weil er 1990 allein auf weiter Flur vorausgesagt hatte, dass Saddam Hussein in Kuwait einmarschieren würde. Clarke bat Allen, ein unabhängiges Gutachten über verschiedene Spionagemöglichkeiten in Afghanistan zu erstellen.
Allen suchte im Verteidigungsministerium nach neuen Einfällen und sprach mit Offizieren, die für den Vereinigten Generalstab arbeiteten. Sie diskutierten ausgefallene Ideen, wie zum Beispiel auf einem Berggipfel ein riesiges Fernrohr zu installieren und es auf Bin Ladens Trainingslager in Derunta bei Jalalabad zu richten, wo al-Qaida mit chemischen Waffen experimentiert hatte. Doch es gab noch eine weitere, realistischere Option. Allen wurde über eine Serie geheimer Tests informiert, welche die Luftwaffe in der Wüste durchgeführt hatte. Es bestehe die Chance, erklärten Allens Gesprächspartner im Pentagon, dass die CIA Bin Laden mit einer Drohne finden könne.
Im Jahr 2000 war die MQ -1 Predator nur einem kleinen exklusiven Kreis von Militäringenieuren und
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