Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
in diesem Fall kein Kriegsgefangenenproblem.«
Tenet war ebenfalls skeptisch, als er mehrere Tage darauf von der Predator erfuhr. Und er hatte keine große Lust, bei Islom Karimow, dem starken Mann von Usbekistan, die Genehmigung für die Stationierung von Drohnen in einem alten Sowjetstützpunkt nahe der afghanischen Grenze einzuholen. Die Idee, dass die CIA irgendwo auf der Welt militärartige Stützpunkte einrichten könnte, wirkte damals verrückt – und wie eine schwere Belastung für das schmale Budget, das dem Dienst für verdeckte Operationen zur Verfügung stand.
Bis zum Juni jedoch hatte Clarke den Streit für sich entschieden, und das Weiße Haus hatte der Verlegung von Predator-Drohnen in die Luftwaffenbasis Karschi-Khanabad in Usbekistan zugestimmt. Doch die CIA hatte noch ein anderes Problem: Wo war eine Satellitenverbindung mit ausreichender Bandbreite für die Drohnenflüge zu bekommen? Ingenieure der Air Force hatten inzwischen eine Methode entwickelt, wie man die Drohne aus Tausenden Kilometern Entfernung fliegen konnte, indem man das Funksignal über einen Satelliten reflektierte und es durch eine Bodenstation in Deutschland übertrug. Mit dieser Methode konnte die CIA ihre Predator-Piloten sehr heimatnah stationieren: auf einem Parkplatz in Langley in einem umgebauten Anhänger für den Transport von Rennwagen. Doch der Geheimdienst musste dafür bei einem kommerziellen Satellitenbetreiber noch eine Breitbandverbindung mieten. Da die Nachrichtenagenturen alle Breitbandverbindungen für die Berichterstattung über die Olympischen Spiele in Sydney aufkauften, wäre das Drohnenprojekt fast abgestürzt, wenn die CIA nicht doch noch ein Satellitenunternehmen mit ausreichend freier Transponderkapazität gefunden hätte.
Die Spionageflüge begannen im September 2000 , und die CIA flog im Herbst mehr als ein Dutzend Drohneneinsätze über Afghanistan, bis die Winterstürme in den Bergen das empfindliche Flugwerk der Predator zu sehr durchschüttelten und die Flüge zu riskant wurden. Clarke fuhr mehrmals nach Langley und sah sich in dem Anhänger auf dem Parkplatz eine Videoübertragung an. »Es war die reinste Science Fiction, einfach unglaublich«, sagte er. Bei einem Flug über Bin Ladens Ausbildungslager Tarnak Farm bei Kandahar entdeckte die Predator einen Fahrzeugkonvoi, der gerade in das Lager einfuhr. Aus einem der Wagen stieg ein Mann in einem langen weißen Gewand. Das Video war grobkörnig, aber alle, die bei der CIA vor dem Bildschirm standen, waren überzeugt, dass die Kamera der Drohne auf Bin Laden gerichtet war.
Die CIA -Analysten alarmierten hastig das Pentagon und das Weiße Haus, um grünes Licht für den Abschuss der Tomahawks auf den U-B ooten zu bekommen. Doch die Regierungsbeamten im Nationalen Sicherheitsrat wollten wissen, ob Bin Laden mindestens sechs Stunden in dem Lager bleiben würde. So lange würde es dauern, bis die Marschflugkörper startbereit gemacht und von ihrem U-B oot im Arabischen Meer nach Südafghanistan geflogen waren. Die CIA hatte keine Antwort auf diese Frage, und so weigerten sich Sandy Berger und sein Stab, den Angriff zu genehmigen. Die CIA hatte nur zwei Möglichkeiten: Sie musste Bin Ladens Aufenthaltsort sechs Stunden im Voraus kennen oder eine Waffe auftreiben, die den Qaida-Führer aufspüren und sofort töten konnte.
Indian Springs Air Force Auxiliary Field war damals ein kleiner verfallender Stützpunkt etwa 56 Kilometer nordwestlich von Las Vegas. Er gehörte zu der Myriade nutzloser Vorposten, die das Pentagon während des Zweiten Weltkriegs bauen ließ und dann vergaß. In den 1950er- und 1960er-Jahren war der Stützpunkt ein Nachschubzentrum für die in der Nähe durchgeführten unterirdischen Atomtests gewesen, und in Indian Springs stationierte Hubschrauber hatten gelegentlich die Testgelände bei Mercury und Yucca Flats überflogen und die dort freigesetzte Radioaktivität gemessen. Außer gelegentlichen Übungen der Thunderbirds, der Kunstflugstaffel der US -Luftwaffe, war Indian Springs trostlose Provinz.
Der Stützpunkt hatte außerdem ein Vogelproblem. Der Himmel über Indian Springs war voller Vögel, und die Air Force hatte die Zahl der Flugzeugstarts auf der Basis beschränkt, weil die Tiere in die Triebwerke der Kampfflugzeuge gesaugt werden und tödliche Abstürze verursachen konnten. Als Testgelände für Drohnen jedoch war Indian Springs ideal, denn der Flugapparat flog kaum schneller als ein Vogel. So kam es, dass eine
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