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Kind der Hölle

Kind der Hölle

Titel: Kind der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Abgrunds zu stehen, der ihn magisch anzog, und er wollte sich in die Tiefe stürzen und von dieser Schwärze verschlungen werden.
    Und nur Kims leise Stimme hielt ihn noch zurück.
    »Nicht«, flüsterte sie wieder. »Bitte, Jared, tu’s nicht!«
    Er betrachtete sein Opfer. Scout lag auf dem Rücken, mit weit gespreizten Beinen, so als wollte er sich einem viel stärkeren Wesen unterwerfen. Sein Kopf senkte sich zur Seite, und seine Zunge hing aus dem Maul.
    Mit einem seiner vertrauensvollen braunen Augen schien er Jared anzuschauen, so als wollte er sich Kims leisem Flehen anschließen. Aber es war schon zu spät. Jared stieß ihm das Messer tief ins Herz, und Scouts Leben endete in einem lautlosen Krampf. Jetzt mußte er das Ritual nur noch vollenden und den Hund, den er einst geliebt hatte, seinem neuen Herrn darbieten. Er zog das Messer aus dem Herzen und hielt es dicht über Scouts Bauch.
    Wieder zögerte er und schaute ein letztes Mal in die erloschenen Hundeaugen. Ein Zweifel durchzuckte ihn, so als sagte ihm eine innere Stimme, vom Rande des Abgrunds zurückzutreten.
    Zu spät. Kims flehende Stimme verhallte, und er glitt in die Finsternis hinab. Während Luke zuschaute, weidete er den Hund aus und häutete ihn. Er tauchte seine Hände in das Blut, das aus dem Herzen in die Brusthöhle sickerte und malte mit blutigen Fingern ein Zeichen auf Lukes Stirn. Danach begann er, mit dem Herzblut seines Hundes komplizierte Muster an die verwitterten Holzwände zu malen – Symbole, die aus den verborgenen Tiefen seines Unterbewußtseins emporstiegen. Und dabei murmelte er unverständliche Flüche und verwünschte den Mann, der sein ganzes Leben im Schutz dieser bescheidenen Hütte verbracht hatte.
    Jack Cumberland schlug in der dunklen Zelle die Augen auf. Im ersten Moment war er völlig orientierungslos, doch allmählich lichtete sich der Nebel in seinem Gehirn, und er erinnerte sich, wo er war. Und warum.
    Er würde das Gefängnis nicht mehr verlassen, das wußte er genau. Seine Mama hatte es ihm erklärt, als er ein kleiner Junge war: Tu nie irgendwas, was ihnen ’nen Vorwand gibt, dich ins Gefängnis zu stecken; denn sobald du erst mal drin bist, lassen sie dich nicht mehr raus, jedenfalls nicht hier in dieser Gegend. Wenn du rauskommst, dann nur mit ’nem Strick um den Hals! Das haben sie mit meinem Daddy gemacht, Jake, wie ich so klein war wie du. Sie haben ihn nachts geholt und ihm ’nen Strick um den Hals gebunden, und dann hab’ ich keinen Daddy mehr gehabt. Paß also gut auf dich auf, hörst du?
    Jetzt, in der Schwärze der Mitternacht von Halloween, hörte Jake eine andere Stimme. Eine bösartige Stimme, die in seinem Kopf flüsterte.
    Tu’s selbst, Jake! Warte nicht, Jake! Warte nicht bis zum Morgen! Tu’s jetzt!
    Anfangs versuchte Jake die Stimme zu ignorieren, aber sie ließ sich nicht abstellen, sondern wurde immer lauter, immer eindringlicher, als die Sekunden vergingen und zu Minuten wurden.
    Tu’s, Jake! Du weißt, daß du es tun willst! Los, Jake! Jetzt, Jake! Jetzt!
    Die Stimme wirkte hypnotisierend. Ohne zu überlegen, stand er von seiner Pritsche auf und zog seine Hose aus. Dann begann er, die Hosenbeine in Streifen zu reißen
    Du weißt, was zu tun ist, Jake! flüsterte die Stimme. Tu ’s! Tu’s jetzt!
    Jake knotete die Streifen zusammen. Seine Finger kamen mit dem Stoff genauso mühelos zurecht wie mit den Stricken, die er benötigte, um Tiere in der Schlinge zu fangen. Bald war er fertig. Das Seil war fast zwei Meter lang – durchaus lang genug für seinen Zweck.
    Jetzt, Jake! Tu’s jetzt!
    Jake knüpfte ein Ende der Schnur um seinen Hals. Dann stieg er auf die Pritsche und schlang das andere Ende um das Wasserrohr, das unterhalb der Decke quer durch die Zelle verlief.
    Er überprüfte beide Knoten. Sie waren stabil. Sie würden halten.
    Stirb! befahl die Stimme. Stirb auf der Stelle!
    Ohne noch einmal nachzudenken, sprang Jake von der Pritsche. Er fiel nur etwa 30 cm, dann zog sich die Schlinge um seinen Hals zu.
    Sein Genick wurde nicht gebrochen, aber das Seil grub sich tief ins Fleisch und schnürte seine Luftröhre ab.
    Sein Körper zuckte. Er strampelte mit den Beinen.
    Dann sah er in der Dunkelheit seine Mama. Sie stand am Ende eines Tunnels und streckte ihm ihre Hand entgegen. Als Jake ihr durch die Finsternis entgegeneilte, verstummte die Stimme endlich.
    Jake Cumberland war tot.
    Jared Conway hatte Beschwörungsformeln gesprochen und alle Symbole an die Wände gemalt. Er

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