Kind der Hölle
mich auf eine Weise, die ich niemals hätte zulassen dürfen.
Am nächsten Tag wurde ich krank , und ich bringe es nicht über mich, die Dinge zu beschreiben, die ich getan haben soll. Sie sagen, ich wäre eine Buhlerin gewesen und hätte Todsünden begangen. Deshalb ist der Monsignore aus Philadelphia gekommen.
Bei unserer ersten Begegnung, an die ich mich nicht deutlich erinnern kann, führte ich den Monsignore an den Ort, wo meine Krankheit begonnen hatte. Ich weiß nicht, wie lange wir in jener Nacht im Keller gebetet haben, aber es war nicht lange genug, denn Monsignore Melchior bestand darauf, daß wir auch in der nächsten und übernächsten Nacht im Keller beteten.
Dank seinen Gebeten besserte sich mein Zustand ziemlich schnell, aber man sagt mir, daß meine Gesundheit jetzt von ihm abhängt. Er wird seine religiöse Berufung aufgeben, um mich zu heiraten, und Vater sagt, daß ich es tun müsse, obwohl es mir als schlimmste Gotteslästerung vorkommt, einen Priester zu heiraten.
Loretta Villiers Conway hatte einen Zwischenraum gelassen, bevor sie weiter berichtete:
Es ist geschehen.
Ich bin mit Monsignore Melchior verheiratet. Er selbst hat die Trauung vollzogen, denn weder er noch mein Vater konnten den Ortspriester überreden, uns zu trauen. Nach dem Abendessen kam Schwester Mary Anthony zu uns, und obwohl sie das Haus nicht betreten wollte, schenkte sie mir zwei kleine Kreuze aus purem Gold. Sie sagte, diese Kreuze könnten mich und eines meiner Kinder beschützen. Dann bat sie Gott , mir meine Sünden zu verzeihen.
Aber das wird Er wohl nicht tun.
Und Er wird auch Monsignore Melchior nicht verzeihen, denn ich glaube, daß ich jetzt die Wahrheit über unseren Keller kenne. Tief in jenem Loch residiert das Böse, und ich befürchte, daß der Monsignore sein Diener geworden ist.
Ich habe heute die rechte Hand des Bösen geheiratet! Monsignore Melchior hat sich selbst – und die ältesten Söhne aller kommenden Generationen – dem Bösen verschrieben, das unter diesem Haus wohnt, und ich weiß, daß es uns auf Erden gutgehen wird. Aber ich weiß auch, daß wir verdammt sind – verdammt in alle Ewigkeit.
In der kleinen Zelle herrschte Totenstille, nachdem die beiden Priester die Blätter gelesen hatten, die Cora Conway aus der Bibel geschnitten und in der Spieldose versteckt hatte. Aber warum hatte sie nicht alle Seiten entfernt, auf denen die Sünden der Conways verzeichnet waren? Noch während Vater MacNeill sich diese Frage stellte, fiel ihm die Antwort dazu ein: Cora hatte geglaubt, nur dieses dunkelste Geheimnis müsse gewahrt bleiben. Alle anderen Eintragungen könnten notfalls mit Verrücktheit erklärt werden, aber diese ersten Seiten bewiesen die Verdammnis aller Conways.
Es war schließlich Monsignore Devlin, der das Schweigen brach. Seine Stimme zitterte, so als spürte er die Bürde seines Alters noch mehr als sonst. »Ein Exorzismus«, murmelte er. »So hat es also angefangen, mit einem Exorzismus.«
»Mit einem fehlgeschlagenen Exorzismus«, korrigierte Vater MacNeill. »Er wollte Satan austreiben und hat statt dessen seine eigene Seele verloren.«
Durch das offene Fenster schallten die Glocken von St. Ignatius. Es war Mitternacht. Beide Priester erschauerten. Vor mehr als hundert Jahren war an Halloween das Übel über St. Albans hereingebrochen. Hatte es in dieser Halloweennacht erneut Macht über die Stadt gewonnen?
»Kimmie! Kimmie, komm!«
Es war Jareds Stimme, aber zuerst konnte sie ihn nicht sehen. Dann winkte er ihr zu, gut fünfzig Meter von ihr entfernt. Er rannte durch die Wiese auf einen See zu, und in wenigen Sekunden würden sie beide im kühlen Wasser sein, lachend und planschend. Sie versuchte Jared einzuholen, aber er war schneller und hechtete in den See, noch bevor sie das Ufer erreicht hatte. Kim blieb stehen und ließ ihre Blicke über die Wasseroberfläche gleiten. Sobald er auftauchte, würde sie auf ihn zuschwimmen. Aber er tauchte nicht wieder auf.
»Jared!« rief sie. »Jared?« Aufgeregt lief sie am Ufer entlang, zuerst in die eine, dann in die andere Richtung. »Mommy! Mommy, Hilfe! Jared ist verschwunden!«
Aber als sie sich umdrehte, war auch ihre Mutter verschwunden.
Dann hörte sie wieder Jareds Stimme, so deutlich, als würde er laut schreien:
»Hilf mir, Kimmie! Hilf mir!«
Kim sprang ins Wasser und tauchte, um ihren ertrinkenden Zwillingsbruder zu retten. Im ersten Moment wurde sie von dem Sonnenlicht geblendet, das sich im klaren Wasser
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