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Kind der Hölle

Kind der Hölle

Titel: Kind der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Gemeinde kann ich es einfach nicht verantworten, diesen Ted Conway zu unterstützen«, schloß er endlich.
    Phil Engstrom lehnte sich zurück und nickte zufrieden. »Ich weiß es sehr zu schätzen, daß Sie extra hergekommen sind, um mir das alles zu erzählen. Das können Sie mir glauben. Und ich werde Ihre Einwände in Betracht ziehen, falls Conway jemals versuchen sollte, sein Anliegen auf einer Stadtratssitzung vorzutragen.« Er warf einen verstohlenen, aber dennoch unübersehbaren Blick auf die Wanduhr – eine Kunst, die er meisterhaft beherrschte. »Es sind Menschen wie Sie, die diese Stadt zu dem machen, was sie ist«, setzte er zu einer »Verabschiedungsrede« an – diesen Ausdruck hatte seine Frau Marge geprägt. Der Priester erhob sich erwartungsgemäß, Engstrom folgte seinem Beispiel, begleitete ihn zur Tür und legte ihm jovial einen Arm um die Schultern. »Ich weiß, wie beschäftigt Sie sind, und ich bin Ihnen zu großem Dank verpflichtet, daß Sie trotzdem hergekommen sind.«
    Nachdem Vater MacNeill gegangen war, nahm Phil wieder in dem luxuriösen Schreibtischsessel aus schwarzem Leder Platz, den der Stadtrat ihm letztes Jahr genehmigt hatte. Er drehte ihn zum Fenster, um die herrliche Aussicht zu genießen, derer er nie überdrüssig wurde. Jenseits der Straße lag der Hauptplatz und dahinter standen anmutig proportionierte alte Häuser inmitten großer Gärten, wo Eichen und Magnolien die grüne Lunge der Stadt bildeten. Nur die Kirchturmspitze von St. Ignatius ragte wie ein Stachel aus dem vielen Grün empor, und sie war Engstrom tatsächlich ein Dorn im Auge, weil sie ihn ständig daran erinnert, daß das Rathaus nicht das einzige Machtzentrum von St. Albans war, daß er sich – wenn er Bürgermeister bleiben wollte – nicht mit bloßen Lippenbekenntnissen gegenüber Vater MacNeill begnügen durfte.
    Natürlich nahm er das, was der Priester behauptete, nicht ernst. Die Vorstellung, daß Ted Conway »böse« sein könnte, war geradezu lächerlich. Doch Phil hing nun einmal an seinem schönen schwarzen Ledersessel und wollte sich nicht der Gefahr aussetzen, ihn zu verlieren, nur weil er sich für einen Wildfremden einsetzte. Natürlich würde er MacNeill, wenn er ihn in dieser Angelegenheit unterstützte, demnächst beim erstbesten Anlaß Paroli bieten, damit der Kleriker sich nicht einbildete, in der Stadt das Sagen zu haben. Seufzend wollte Engstrom zum Telefon greifen: Einige Anrufe bei den richtigen Leuten würden genügen, um Stimmung gegen Conway zu machen und dessen Pläne zu vereiteln, und für ihn selbst sprangen bei dem Handel hoffentlich einige Sonntage auf dem Golfplatz heraus … Doch bevor er den Hörer in die Hand nehmen konnte, klingelte der Apparat, und er hörte die Stimme seiner Sekretärin. »Ein Mr. Conway wünscht Sie zu sprechen«, teilte Myrtle Pettibone ihm mit. »Ted Conway.«
    Phil zögerte nur sekundenlang. Warum sollte er nicht wenigstens einen Blick auf das Hähnchen werfen, das er schlachten wollte? »Gut, schicken Sie ihn gleich rein.«
    Der Bürgermeister setzte sein herzlichstes Begrüßungslächeln auf.
    Eine halbe Stunde später saß Phil Engstrom wieder allein in seinem Büro, doch als er jetzt zum Telefon griff, geschah es nicht in der Absicht, Conways Pläne zu verhindern. Ganz im Gegenteil, während der letzten dreißig Minuten hatte er die Partei gewechselt. Der Mann entsprach so gar nicht dem düsteren Bild, das der Priester von ihm gezeichnet hatte. Er war ein ausgesprochen netter Bursche – Marge würde ihm als »charmant« bezeichnen -, und alles, was er gesagt hatte, leuchtete Phil ein. Nach dem halbstündigen Treffen stand für ihn fest, daß Conway ein patenter Kerl war, mit dem er nicht nur gut zusammenarbeiten, sondern sich sogar anfreunden könnte. Doch wenn er gegen Vater MacNeill Position beziehen wollte – und dazu war er jetzt fest entschlossen -, mußte er sehr vorsichtig und behutsam vorgehen.
    Phil wählte seine Privatnummer und trommelte ungeduldig auf der Schreibtischplatte herum, weil es dauerte, bis Marge sich meldete. Trotzdem war seiner Stimme kein Unmut anzuhören, denn er hatte längst gelernt, daß man mit Diplomatie und Schmeicheleien mehr erreichte als mit Gereiztheit und Vorwürfen. »Ich finde, wir sollten diese neuen Leute zu einer Dinnerparty einladen«, sagte er honigsüß, nachdem er sich notgedrungen angehört hatte, welche weltbewegenden Themen bei Marges allmorgendlichem Telefonat mit ihrer Mutter zur Sprache

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